Auf neuen Wegen |
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Giulietta Masina, der Muse und Philosophin, zum 30. Todestag: Julia und die Geister | ||
(Foto: Cinema! Italia! | Federico Fellini) |
Von Elke Eckert
Zum 27. Mal tourt das Filmfestival Cinema! Italia! durch Deutschland, dieses Jahr durch 36 Städte und 40 Kinos. In München machen die italienischen Filmtage bis 30. Oktober Station, wie immer im Theatiner Filmtheater. Die sechs Filme, fünf aktuelle Produktionen und ein Filmklassiker, verbindet ein Grundthema: Frauen, die ihre Komfortzone verlassen müssen, um zu erkennen, wer sie wirklich sind und was sie eigentlich vom Leben wollen.
Stefania ist Polizistin und ermittelt undercover, um einen Überfall zu vereiteln, den eine serbische Bande in der italienischen Hauptstadt plant. Als auch ihr jüngerer Bruder Bruno sich den Kriminellen anschließt, bekommt ihre harte Fassade Risse. Ex-Junkie Bruno hat gerade erst eine Gefängnisstrafe abgesessen und sieht in dem Coup seine Chance, mit seiner kleinen Tochter ein neues Leben anzufangen. Je mehr von der Vergangenheit des Geschwisterpaars ans Licht kommt, umso
deutlicher wird auch Stefanias Zerrissenheit… Schaf unter Wölfen (Come pecore in mezzo ai lupi), der Debütfilm der jungen Regisseurin Lyda Patitucci, ist ein packender Thriller, der vor allem über seine weibliche Hauptfigur und deren Familiengeschichte erzählt wird und dadurch feministischer und
facettenreicher daherkommt als andere Cop-Filme.
Mittwoch, 23.10., 20.15 Uhr, Theatiner Filmkunst
Im Drama Zehn Minuten (Dieci Minuti) spielt eine Frau die Hauptrolle, die den umgekehrten Weg geht: Anfangs zerbrechlich und durch das Ende ihrer Ehe und den Verlust ihrer Arbeit aus der Bahn geworfen, gelingt es Bianca mit Hilfe einer Psychologin, ihre innere Stärke zu finden und Dinge zu tun, die sie nie für möglich gehalten hätte. Dabei lernt sie Jasmine kennen, die für eine weitere Überraschung in ihrem Leben sorgt… Der berührende Film ist eine Romanadaption. Regisseurin und Drehbuchautorin Maria Sole Tognazzi hat der Geschichte allerdings neue, nicht unwesentliche Figuren und Details hinzugefügt, die zu einer komplexeren Handlung und intensiveren Emotionen führen. Sonntag, 20.10., 18.15 Uhr und Freitag, 25.10., 18.15 Uhr, Theatiner Filmkunst
Auch Vittoria muss ausgetretene Pfade verlassen, um an ihr ehrgeiziges Ziel zu kommen. Die junge Schauspielerin möchte unbedingt die Julia in einer Neuinszenierung von Shakespeares Liebesklassiker spielen. Als sie vom arroganten Regisseur abgelehnt wird, geht sie zum zweiten Mal zum Vorsprechen, diesmal für die Rolle des Romeo. Und prompt ist der Maestro hin und weg, und Vittoria bleibt nichts anderes übrig als ihre Maskerade beizubehalten, was natürlich zu jeder Menge
Missverständnissen und Komplikationen führt… Die Idee zu Romeo ist Julia (Romeo è Giulietta) ist nicht neu, aber Regisseur Giovanni Veronesi gelingt es, der Verkleidungskomödie ein modernes Outfit zu verpassen – mit einer überzeugenden Hauptdarstellerin, zeitgemäßen Dialogen und
originellen Nebenfiguren.
Samstag, 26.10., 18.15 Uhr, Theatiner Filmkunst
Eine Schauspielerin steht auch im Mittelpunkt der Komödie Fliegen (Volare). Anna B. ist ein Kinostar, hat aber ein großes Problem, das ihre Karriere immer mehr zu beeinträchtigen droht. Die erfolgreiche Aktrice leidet an Flugangst, weswegen sie Rollen absagen und bei Flugszenen gedoubelt werden muss. Als
ihre Tochter Serena auch noch nach Kalifornien zieht, will Anna ihre Phobie endlich in den Griff bekommen. Was sich nicht nur wegen der Geheimhaltung als schwieriger als erwartet entpuppt… Hauptdarstellerin Margherita Buy, die auch die Psychologin in Dieci Minuti spielt, gehört zur Crème de la Crème des italienischen Kinos. In ihrem Regiedebüt verarbeitet sie eigene Erfahrungen
auf eine sehr selbstironische, ehrliche und witzige Weise. Die Rolle der Serena hat sie mit ihrer echten Tochter Caterina de Angelis besetzt, was den Film noch authentischer macht.
Montag, 21.10., 18.15 Uhr und Dienstag, 29.10., 18.15 Uhr, Theatiner Filmkunst
Primadonna – Das Mädchen von morgen spielt im Sizilien der 1960er Jahre. Lia ist unkonventionell und will ihren eigenen Weg gehen. Sie weist Lorenzo, den Sohn eines Großunternehmers, zurück. Als er sie daraufhin vergewaltigt, weigert sie sich, eine sogenannte Wiedergutmachungsehe einzugehen. Stattdessen zeigt sie Lorenzo an… Die wahre Geschichte, die dem Film zugrunde liegt, erregte damals
großes Aufsehen in Italien. Regisseurin Marta Savina macht daraus jedoch kein dokumentarisches Drama, sondern erzählt weitestgehend klischeefrei vom Kampf einer jungen Frau um Selbstbestimmung und gegen patriarchale Moralvorstellungen. Dadurch wirkt ihr Debütfilm zeitlos und aktuell.
Samstag, 19.10., 20.30 Uhr, Dienstag, 22.10., 18.15 Uhr und Sonntag, 27.10., 18.15 Uhr, Theatiner Filmkunst
Der neurestaurierte Klassiker Julia und die Geister wurde 1965 gedreht und ist eine Hommage an die italienische Schauspielerin Giulietta Masina, die vor 30 Jahren gestorben ist. Die promovierte Philosophin lernte als Studentin Federico Fellini kennen und war ein halbes Jahrhundert mit dem Starregisseur verheiratet. Ihre größten Erfolge feierte sie in seinen Filmen, einer davon ist Giulietta degli spiriti. Der Film führt nicht von ungefähr den Namen seiner Hauptdarstellerin im Titel, Masina hatte ein Faible für Spiritualität. In Fellinis verspielter Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse beeindruckt sie mit einer ausgezeichneten Performance und befreit sich durch die Geister, die sie rief, von den Fesseln der Bourgeoisie. Sonntag, 20.10., 11 Uhr, Theatiner Filmkunst
Alle Filme werden im italienischen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.