19.10.2024

Auf neuen Wegen

Julia und die Geister
Giulietta Masina, der Muse und Philosophin, zum 30. Todestag: Julia und die Geister
(Foto: Cinema! Italia! | Federico Fellini)

Das Programm des deutschlandweiten 27. Festivals Cinema! Italia!

Von Elke Eckert

Zum 27. Mal tourt das Film­fes­tival Cinema! Italia! durch Deutsch­land, dieses Jahr durch 36 Städte und 40 Kinos. In München machen die italie­ni­schen Filmtage bis 30. Oktober Station, wie immer im Theatiner Film­theater. Die sechs Filme, fünf aktuelle Produk­tionen und ein Film­klas­siker, verbindet ein Grund­thema: Frauen, die ihre Komfort­zone verlassen müssen, um zu erkennen, wer sie wirklich sind und was sie eigent­lich vom Leben wollen.

Stefania ist Poli­zistin und ermittelt under­cover, um einen Überfall zu vereiteln, den eine serbische Bande in der italie­ni­schen Haupt­stadt plant. Als auch ihr jüngerer Bruder Bruno sich den Krimi­nellen anschließt, bekommt ihre harte Fassade Risse. Ex-Junkie Bruno hat gerade erst eine Gefäng­nis­strafe abge­sessen und sieht in dem Coup seine Chance, mit seiner kleinen Tochter ein neues Leben anzu­fangen. Je mehr von der Vergan­gen­heit des Geschwis­ter­paars ans Licht kommt, umso deut­li­cher wird auch Stefanias Zerris­sen­heit… Schaf unter Wölfen (Come pecore in mezzo ai lupi), der Debütfilm der jungen Regis­seurin Lyda Patitucci, ist ein packender Thriller, der vor allem über seine weibliche Haupt­figur und deren Fami­li­en­ge­schichte erzählt wird und dadurch femi­nis­ti­scher und facet­ten­rei­cher daher­kommt als andere Cop-Filme.
Mittwoch, 23.10., 20.15 Uhr, Theatiner Filmkunst

Im Drama Zehn Minuten (Dieci Minuti) spielt eine Frau die Haupt­rolle, die den umge­kehrten Weg geht: Anfangs zerbrech­lich und durch das Ende ihrer Ehe und den Verlust ihrer Arbeit aus der Bahn geworfen, gelingt es Bianca mit Hilfe einer Psycho­login, ihre innere Stärke zu finden und Dinge zu tun, die sie nie für möglich gehalten hätte. Dabei lernt sie Jasmine kennen, die für eine weitere Über­ra­schung in ihrem Leben sorgt… Der berüh­rende Film ist eine Roman­ad­ap­tion. Regis­seurin und Dreh­buch­au­torin Maria Sole Tognazzi hat der Geschichte aller­dings neue, nicht unwe­sent­liche Figuren und Details hinzu­ge­fügt, die zu einer komple­xeren Handlung und inten­si­veren Emotionen führen. Sonntag, 20.10., 18.15 Uhr und Freitag, 25.10., 18.15 Uhr, Theatiner Filmkunst

Auch Vittoria muss ausge­tre­tene Pfade verlassen, um an ihr ehrgei­ziges Ziel zu kommen. Die junge Schau­spie­lerin möchte unbedingt die Julia in einer Neuin­sze­nie­rung von Shake­speares Liebes­klas­siker spielen. Als sie vom arro­ganten Regisseur abgelehnt wird, geht sie zum zweiten Mal zum Vorspre­chen, diesmal für die Rolle des Romeo. Und prompt ist der Maestro hin und weg, und Vittoria bleibt nichts anderes übrig als ihre Maskerade beizu­be­halten, was natürlich zu jeder Menge Miss­ver­s­tänd­nissen und Kompli­ka­tionen führt… Die Idee zu Romeo ist Julia (Romeo è Giulietta) ist nicht neu, aber Regisseur Giovanni Veronesi gelingt es, der Verklei­dungs­komödie ein modernes Outfit zu verpassen – mit einer über­zeu­genden Haupt­dar­stel­lerin, zeit­ge­mäßen Dialogen und origi­nellen Neben­fi­guren.
Samstag, 26.10., 18.15 Uhr, Theatiner Filmkunst

Eine Schau­spie­lerin steht auch im Mittel­punkt der Komödie Fliegen (Volare). Anna B. ist ein Kinostar, hat aber ein großes Problem, das ihre Karriere immer mehr zu beein­träch­tigen droht. Die erfolg­reiche Aktrice leidet an Flugangst, weswegen sie Rollen absagen und bei Flug­szenen gedoubelt werden muss. Als ihre Tochter Serena auch noch nach Kali­for­nien zieht, will Anna ihre Phobie endlich in den Griff bekommen. Was sich nicht nur wegen der Geheim­hal­tung als schwie­riger als erwartet entpuppt… Haupt­dar­stel­lerin Marg­he­rita Buy, die auch die Psycho­login in Dieci Minuti spielt, gehört zur Crème de la Crème des italie­ni­schen Kinos. In ihrem Regie­debüt verar­beitet sie eigene Erfah­rungen auf eine sehr selbst­iro­ni­sche, ehrliche und witzige Weise. Die Rolle der Serena hat sie mit ihrer echten Tochter Caterina de Angelis besetzt, was den Film noch authen­ti­scher macht.
Montag, 21.10., 18.15 Uhr und Dienstag, 29.10., 18.15 Uhr, Theatiner Filmkunst

Prima­donna – Das Mädchen von morgen spielt im Sizilien der 1960er Jahre. Lia ist unkonventionell und will ihren eigenen Weg gehen. Sie weist Lorenzo, den Sohn eines Großunternehmers, zurück. Als er sie daraufhin vergewaltigt, weigert sie sich, eine sogenannte Wiedergutmachungsehe einzugehen. Stattdessen zeigt sie Lorenzo an… Die wahre Geschichte, die dem Film zugrunde liegt, erregte damals großes Aufsehen in Italien. Regisseurin Marta Savina macht daraus jedoch kein dokumentarisches Drama, sondern erzählt weitestgehend klischeefrei vom Kampf einer jungen Frau um Selbstbestimmung und gegen patriarchale Moralvorstellungen. Dadurch wirkt ihr Debütfilm zeitlos und aktuell.
Samstag, 19.10., 20.30 Uhr, Dienstag, 22.10., 18.15 Uhr und Sonntag, 27.10., 18.15 Uhr, Theatiner Filmkunst

Der neure­stau­rierte Klassiker Julia und die Geister wurde 1965 gedreht und ist eine Hommage an die italie­ni­sche Schau­spie­lerin Giulietta Masina, die vor 30 Jahren gestorben ist. Die promo­vierte Philo­so­phin lernte als Studentin Federico Fellini kennen und war ein halbes Jahr­hun­dert mit dem Star­re­gis­seur verhei­ratet. Ihre größten Erfolge feierte sie in seinen Filmen, einer davon ist Giulietta degli spiriti. Der Film führt nicht von ungefähr den Namen seiner Haupt­dar­stel­lerin im Titel, Masina hatte ein Faible für Spiri­tua­lität. In Fellinis verspielter Ausein­an­der­set­zung mit der Psycho­ana­lyse beein­druckt sie mit einer ausge­zeich­neten Perfor­mance und befreit sich durch die Geister, die sie rief, von den Fesseln der Bour­geoisie. Sonntag, 20.10., 11 Uhr, Theatiner Filmkunst

27. Cinema! Italia!
in München bis 30.10.2024, Theatiner Filmkunst

Alle Filme werden im italie­ni­schen Original mit deutschen Unter­ti­teln gezeigt.