07.11.2024

Girls just wanna have fun

Chuck Chuck Baby
Tanzende Working-Class: Chuck Chuck Baby
(Foto: Artemisia Films)

Das 30. Bimovie – Eine Frauenfilmreihe zeigt Filme mit Protagonistinnen, die mehr wollen als das langweilige Leben

Von Dunja Bialas

Es genügt, ihren Namen zu sagen, und schon geht der Ohrwurm los. Cyndi Lauper war ein eigen­ar­tiges Phänomen der Acht­zi­ger­jahre, nahm punkig vorweg, was Madonna in Eleganz performte, war ungleich wilder und wütender. In »Girls just wanna have fun« rockte sie 1983 von der Selbst­be­stim­mung und vom Carpe Diem junger Frauen, die sich über die Wünsche der Eltern­ge­nera­tion hinweg­setzen: »My mother says when you gonna live your life right (…) my father yells what you gonna do with your life«, sang sie. Für Cyndi Lauper, zumindest im Lied, ist Daddy immer noch »number one«, und alle, Mädels wie Jungs, wollen nach der Arbeit eigent­lich nur das eine haben: Fun.

Ein erstaun­li­cher Text. Unbedingt dazu denken muss man sich den Derwisch­tanz, in dem Cyndi Lauper im punkigen Gothic-Outfit mit einer Crowd durch die Straßen von New York pogte. Diese und andere Wut-Tänze gegen die Ange­passt­heit machten aus ihr eine Ikone der LGBTIQ-Community, ähnlich Madonna, die als Inspi­ra­tion der Queerness gilt. Die Pop-Ikonen zogen jedoch nicht an einem Strang, sondern galten seit jeher als Riva­linnen, von denen die eine ungleich erfolg­rei­cher und berühmter als die andere wurde – die sich deshalb aber auch als Heldin neu entdecken lässt. Genau das macht jetzt Alison Ellwoods Doku­men­tar­film Let the Canary Sing, der in München beim 30. Bimovie für viel gute Laune sorgt. Biogra­phisch wird Laupers Weg nach­ge­zeichnet, die Rivalität zu Madonna proble­ma­ti­siert und etliche Zeit­zeugen befragt. Und natürlich kommt die unfass­bare Cyndi selbst auch zu Wort.
(Do 07.11. 20:30 und Mo 11.11. 18:00, Neues Maxim)

Nach dem Rollback, der in der USA jetzt mit der Wieder­wahl des misogynen und queero­phoben Trump zu erwarten ist, ist zumindest die Freiheit verspre­chende Musik ein befrei­endes Antidot. Wohltuend deshalb, dass es bei Bimovie außerdem noch ein briti­sches Working-Class-Musical im Programm gibt. Das ist Eska­pismus und stellt sich trotzdem der Realität. Janis Pughs Chuck Chuck Baby spielt in Nordwales, zeigt den Alltag in einer Hühner­fa­brik, wo ihre nach allen Regeln des Patri­ar­chats ausge­beu­tete Haupt­figur Helen ihren Jugend­schwarm wieder­trifft. Und singt und tanzt. Pugh wuchs in den Sieb­zi­gern in Nordwales auf, als Kind der Arbei­ter­klasse. Daher auch die Mischung aus doku­men­ta­ri­schen und phan­tas­ti­schen Anteilen, die ihr u.a. den BAFTA Breakth­rough Award einbrachte.
(Fr 08.11. 18:00 und Di 12.11. 20:30, Neues Maxim)

Auch in Deutsch­land ist die Welt derzeit nicht rosig. Deshalb ist es gut, dass auch hier Musik gemacht wird, voller Power, die auch femi­nis­tisch ist. »Sister­queens« sind eine Rap-Formation, die als Berliner Sozi­al­pro­jekt begann und sich als Sprung­brett zur Eigen­s­tän­dig­keit entpuppte. Im gleich­na­migen Doku­men­tar­film rappen und feiern sich drei junge Frauen auf dem Weg zu mehr Selbst­be­wusst­sein – gewis­ser­maßen als kleine Cindy-Schwes­tern. Wie sehr der Film die jungen Gemüts­lagen trifft, lässt sich am Young Jury Award ablesen, den die Regis­seurin Clara Stella anläss­lich der deutschen Premiere beim Filmfest München erhielt.
(Fr 08.11. 20:30 und So 10.11. 18:00, Neues Maxim)

Dazu passt der Doku­men­tar­film Girl Power der tsche­chi­schen Künst­lerin Sany und von Regisseur Jan Zajiicek, in dem weder gesungen noch getanzt, dafür in fünfzehn Städten gesprayt wird. Es geht nach Osteuropa, Südafrika, Südeuropa und zumindest noch nach New York, jeweils in die Hoch­burgen der Graffiti, gefilmt wurde über einen Zeitraum von sieben Jahren. Zum ersten Mal werden die Frauen der Streetart-Domäne und ihr »Second Life«, ihr verbor­genes Leben gezeigt. Sany gehört selbst der Szene an, diesmal nimmt sie statt der Spraydose die Film­ka­mera in die Hand. (Sa 09.11. 20:30 und Di 12.11. 18:00, Neues Maxim)

Die britische Schrift­stel­lerin Radclyffe Hall weist indes den Weg in die Vergan­gen­heit. Anfang des letzten Jahr­hun­derts lebte sie libertin mehrere lesbische Bezie­hungen aus und verfasste zugleich ein beacht­li­ches Romanwerk, das sie in den begehrten Londoner Pen Club aufsteigen ließ. Das ameri­ka­ni­sche Regie-Duo Lisa Marie Evans und Marianne Martin erbringen in ihrem Doku­men­tar­film In Her Words: 20th Century Lesbian Fiction ausgehend von Halls Roman »Quell der Einsam­keit« einen Almanach lesbi­schen Schrei­bens. Entlang von Archiv­ma­te­rial und zahl­rei­chen Inter­views durch­queren sie dabei fast ein ganzes Jahr­hun­dert. Der Streifzug kennt u.a. Ann Bannon, Patricia Highsmith, Alice Walker und Leslie Feinberg. Im Anschluss an den Kino­be­such kommt dann der local bookstore dran! (So 10.11. 15:30 und Mi 13:11. 18:00, Neues Maxim)

30. Bimovie – Eine Frau­en­film­reihe
07.-13.11.2024 Neues Maxim

Einzel­karte 11,50 €
4er Block 44,– €
Ermäßigung (nur München-Pass)10,– €