Dokumentation (35mm)
»Am 18. Februar 1976 öffnete die psychotherapeutische Institution ›La Devinière‹ ihre Pforten für 19 angeblich unheilbare Kinder, die von allen anderen Einrichtungen zurückgewiesen worden waren. Es schien jenseits der Grenzen des Menschenverstandes, von Psychiatrie und Pädagogik zu sein, diese heimatlosen Individuen aufzunehmen.
›La Devinière‹ akzeptierte diese praktisch im Exil befindlichen Kinder für immer, basierend auf dem
Grundprinzip der Institution, niemanden – aus welchem Grund auch immer – zurückzuweisen. Das Wort ›Asyl‹ bekommt hier seine ursprüngliche Bedeutung zurück: Es ist ein Zufluchtsort, ein Ort ohne Gitterstäbe und Psychopharmaka, wo man das Recht hat, ›seine Verrücktheit zu leben‹.
›Im Laufe der Zeit habe ich diesen Ort aus nächster Nähe gefilmt, einen Ort, der blühendes Leben ermöglicht, während alles hoffnungslos zu sein
schien.‹ Benoît Dervaux
›Man will, dass diese Leute für die Gesellschaft ‚nützlich' sind. Die Frage ‚Was tun die eigentlich den ganzen Tag?' ist blödsinnig, denn eigentlich sind sie den ganzen Tag beschäftigt. La Devinière versucht, das Leiden in Grenzen zu halten und den Menschen ihre Verantwortlichkeit und ihre Würde zurückzugeben. Wir sind ein Kollektiv und machen alles zusammen, vor allem Parties. Zu Beginn gab es gewaltsame Ausbrüche und fürchterliche Zerstörung. ‚Die Kinder' haben zehn Jahre lang gebraucht, ehe sie miteinander essen konnten. Darum müssen wir, wenn jemand neu dazukommt, auf diese Person besonders achten. Das Problem der Psychiatrie ist es, die Angst zu beseitigen, die unsichtbare Gitterstäbe erzeugt. In einem Kollektiv ist es die Angst, die Dramen hervorruft. Auf gewisse Weise mussten wir versuchen, dem Leiden gegenüber unempfindlich zu werden. Das Auftauchen der Kamera hat kein Drama verursacht, weil sie uns nicht brutal aufgezwungen wurde. Auf Film gebannt zu werden, ist nichts, was die Bewohner hier aufregt.‹ Michel Hock, Gründer von ›La Devinière‹
On February 18, 1976, the psychotherapeutic institution La Devinière opened its doors to 19 reputedly incurable children, rejected by all. It was seemingly beyond the limits of common sense, psychiatry and pedagogy to acknowledge them, or recognize them.
La Devinière accepted these vitually exiled children unconditionally, in keeping its founding principle not to reject them for any reasons. The word ›asylum‹ recovers its original meaning here: a space without
bars and without drugs, where one has the right to ›live one’s madness‹. Over more than twenty years, bonds of solidarity have been forgotten between these individuals without attachments.
›With the passing seasons, I have filmed at close range this place that has enabled life to flourish, there were everything seemed foredoomed.‹ (Benoît Dervaux)
Produktion: Les films du fleuve, Jean-Pierre Dardenne, 13 quai de Gaulle, B-4020 Liège, Belgien, Tel. +32-4-349 56 90, Fax +32-4-349 56 96, e-mail: filmsfleuve@swing.be
Co-Produktion: Lapsus, Esther Hoffenberg, 5 rue Arthur Groussier, F-75010 Paris, Frankreich, e-mail: Lapsus@wanadoo.fr; La Sept ARTE – Unité de Programme Documentaires, Wallonie Image Production; Dérives
Gefördert von: Centre du Cinéma et de l’Audiovisuel de la Communauté Française de Belgique,
Télédistributeurs Wallons, Région Wallonne, Centre National de la Cinématographie, PROCIREP
Uraufführung: Brüssel 2000
Weltrechte: DOC & Co, 13, rue Portefoin, F-75003 Paris, Frankreich, Tel. +33-1-42 77 56 87, Fax +33-1-42 72 64 82
Preise: Prix des Bibliothèques (Paris, März 2000), Prix des Cinéclubs (Lissabon)
BIO-Filmographie
Benoît Dervaux
Geboren 1966 in Belgien. Er studierte Kamera am Institut des Arts et Diffusions in Louvain-la-Neuve. Heute arbeitet er als Kameramann, hauptsächlich für das belgische Fernsehen, und ist in der Kameracrew der Brüder Dardenne. La Devinière ist sein dritter eigener Dokumentarfilm.
Filme:
1994 gigi et monica
1996 gigi, monica & bianca
2000 La Devinière«
(16. Internationales Dokumentarfilmfestival München)