Die Legende vom Potsdamer Platz

Deutschland 2001 · 355 Minuten
Regie: Manfred Wilhelms
Drehbuch:
Kamera: Manfred Wilhelms

Doku­men­ta­tion (16mm)

»Der Jour­na­list Hardy Worm schrieb in den zwanziger Jahren: ›Hier brüllt am Tage fieberndes Leben. Man hat das Empfinden, als werde auf dem Potsdamer Platz ein Riesen­feu­er­werk abge­brannt, als schössen Brüll­ra­keten empor, zerplatzten an den Dächern der Häuser und über­schüt­teten die ganze Stadt mit einer Flut von Geräu­schen.‹ Damals wurde der Mythos vom Potsdamer Platz geboren.
Der Potsdamer Platz der Zwanziger: Ein Ort des Verg­nü­gens und des Flanie­rens. Ein Ort für gutbe­tuchte Prominenz und Menschen mit Gold­gräber­stim­mung.
Das Areal nach der Zers­tö­rung im Zweiten Weltkrieg: Eine Brach­fläche, Todes­streifen und Niemands­land. Weit und breit kein Stück alter Stadt, an das man anknüpfen könnte. Das Bauwerk Mauer durch­kreuzt diesen Dreh- und Angel­punkt zwischen beiden Teilen Berlins. Die Geschichte des Platzes ist zu einem Stück deutscher Geschichte geworden.
Seit 1990 kommt wieder Bewegung in das jahre­lange Stilleben im Niemands­land. Wie ein Spie­gel­bild der deutschen Befind­lich­keit setzt nach der Wieder­ver­ei­ni­gung ein nicht mehr aufzu­hal­tender Taten­drang ein. Die jahre­lange Enklave in unmit­tel­barer Mauernähe wird aus dem Dorn­rö­schen­schlaf geweckt. Die längst verstummte Flut der Geräusche, von denen Hardy Worm noch so lebhaft zu berichten wusste, erklingt nun umso lauter an gleicher Stelle. Baufahr­zeuge, Kräne, Beto­nier­ma­schinen: Die Bewegung auf der Brach­fläche steht keine Sekunde still. Eine Stadt der Bewegung ist zurück­ge­kehrt an einen Ort der metro­po­li­tanen Geschwin­dig­keiten. Die Dreh­scheibe Potsdamer Platz ist ein ›big point‹ der Geis­ter­stimmen der Geschichte, die in den Geräu­schen der Baustelle zu leben scheinen, umher­ir­rend, flüsternd, auf der Suche nach ihren abhanden gekom­menen Gemäuern in einem neuen Archi­tektur-Panorama. Eine Legende wird wieder­be­lebt.
(Manfred Wilhelms)

In the 1920’s, jounalist Hardy Worm wrote: ›Feverish life screams out during the day here. You get the impres­sion that a huge fireworks display is being held on Potsdamer Platz, as if scree­ching rockets were shooting into the skies, exploding on the roofs of the houses and showering the entire city with a flood of noise.‹ That is when the myth of Potsdamer Platz was born.
The Potsdamer Platz of the 1920’s was a place for amusement and casual strolls, a place for well-heeled cele­bri­ties and people with a gold-digger mentality.
After the destruc­tion wreaked by the Second World War, the area was a barren place, a dead zone, a no man’s land. Far and wide there was nothing left of the old city. The Wall criss-crossed this pivotal, central point between the two parts of Berlin. The history of Potsdamer Platz has become a part of German history.
Since 1990, what had for years been a still life in no man’s land has once again been set in motion. As if reflec­ting German sensi­ti­vi­ties, an unstopp­able thirst for action set in after reuni­fi­ca­tion. The decades-old enclave right by the Wall was awoken from its Sleeping Beauty-like reverie. The long-silenced flood of noise that Hardy Worm described so vividly now bellows all the louder at the same place, issuing this time from building machinery, cranes and cement mixers. The movement on this fallow land does not stop for a second. A city on the move is once again a place of metro­po­litan speed. The hub that is Potsdamer Platz is a ›big point‹ for the ghostly voices of history, which seem to live on in the sounds of the building site, wandering, whis­pe­ring, searching for their lost homes among the new archi­tec­tural panorama. A legend is beeing revived.
(Manfred Wilhelms)

Filme:
1985 LICHT SINGT TAUSENDFACHE LIEDER
1988 DIE LORELEY
1989 MENSCHENRECHTE
1990-92 ROSTIGE BILDER
1983 ROUTE DES CRÊTES
1994 DIE RENNSTRECKE
1995 LAUFEN UM ZU LEBEN
1995-98 IM LICHTBILD DER GROSSSTADT
1999 NIGHTWALK
A TALE OF TWO CITIES
1995-2001 DIE LEGENDE VOM POTSDAMER PLATZ
IN VORBEREITUNG DREI WEITERE TEILE SEINES SIEBENTEILIGEN BERLIN-ZYKLUS BERLIN – DU FREMDE, DU SCHÖNE:
STREET OF CULTURE
PICTURES OF A VEILING
WHERE IS THE FLAIR«

(16. Inter­na­tio­nales Doku­men­tar­film­fes­tival München)