Ein Spezialist

Un spécialiste, portrait d'un criminel moderne

Israel/F/D/Ö/B 1999 · 128 Minuten
Regie: Eyal Sivan
Drehbuch: ,
Kamera: Leo T. Hurwitz

»In diesem Justiz­drama entfaltet sich das Portrait eines Büro­kraten, der sich beflissen an Gesetz und Hier­ar­chie hielt und als Funk­ti­ons­träger und Nazio­f­fi­zier für die Vernich­tung von Millionen Menschen verant­wort­lich war – ein mons­tröser Verbre­cher im zwan­zigsten Jahr­hun­dert. Der Ange­klagte Adolf Eichmann ist ein Mann mittlerer Größe, um die Fünfzig, kurz­sichtig, fast kahl, mit seltsam nervösen Zuckungen. Während des gesamten Prozesses sitzt er in einer Glas-Box, umgeben von sorg­fältig gesta­pelten Doku­menten, die er mit Anmer­kungen versieht, in denen er nachliest und uner­müd­lich blättert. Experte für Emigra­tion, Spezia­list für die ›jüdische Frage‹, zwischen 1941 und 1945 verant­wort­lich für den Transport der ›aus rassi­schen Gründen‹ Depor­tierten in die Nazilager, beschreibt er seine Arbeit mit beklem­mender büro­kra­ti­scher Präzision. Ange­sichts des Gerichts und der Opfer, die der Hölle entkamen und nun einander in den Zeugen­stand folgen, räumt er ein, den Todes­fa­briken die Kontin­gente zur Vernich­tung geliefert zu haben. Er gibt sich alle Mühe, seinen Konflikt zwischen beruf­li­cher Pflicht und mensch­li­chem Gewissen darzu­legen und besteht dann darauf, daß niemand ihm vorwerfen könne, seine Arbeit schlecht getan zu haben. Berauscht vom Wahn­ge­bilde seiner eigenen Ohnmacht, beschreibt sich der Ange­klagte als einen ›Tropfen im Ozean, Instru­ment in den Händen über­ge­ord­neter Mächte‹. Wenn er es nicht gemacht hätte, so sagt er, dann hätte ein anderer seinen Platz einge­nommen. Der Kontrast zwischen der Monstro­sität des Verbre­chens und der Mittel­mäßig­keit des Ange­klagten frappiert auf den ersten Blick – aber mehr noch in dem Maße, wie die 13 Szenen aufein­an­der­folgen, aus denen dieser Film kompo­niert ist: das Portrait eines entsetz­lich normalen Menschen. Un spécia­liste wurde ausschließ­lich unter Verwen­dung der 350-stündigen Film­auf­zeich­nungen von Leo Hurwitz montiert. Er hatte 1961 in Jerusalem mit der Video­ka­mera den spek­ta­ku­lären Prozeß gegen den Nazi-Verbre­cher Adolf Eichmann doku­men­tiert.« (Dok.fest München 2002)