Im Endeffekt ist Kino Gefühl |
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Michael Althen, Wim Wenders, Helmut Prinzler vor der Kinoleinwand in Auge in Auge | ||
(Foto: 58. Berlinale 2008) |
Wie zeigt man deutsche Filmgeschichte? was gehört zu ihr, welche Schätze liegen in der Vergangenheit des deutschen Kinos verborgen? Und was ist überhaupt das Deutsche am deutschen Film?
Dieser hierzulande gern ignorierten Frage sind jetzt der Filmkritiker Michael Althen (früher SZ, heute FAZ, auch gelegentlich schon als Filmemacher gemeinsam mit Dominik Graf in Erscheinung getreten) und der Filmhistoriker Hans Helmut Prinzler (früher als Direktor der Stiftung Deutsche
Kinemathek u.a. verantwortlich für das Deutsche Filmmuseum und die Retrospektiven der Berlinale) nachgegangen.
Ihr Film Auge in Auge – Eine deutsche Filmgeschichte hat bewußt einen subjektiven Zugang gewählt: U.a. stellen zehn „Paten“ ihren „Lieblingsfilm“ in einer Schlüsselszene vor. Einer von ihnen ist der
Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase (Solo Sunny, Sommer vorm Balkon).
Beim Festival des Deutschen Films in Ludwigshafen führten der Deutschlandfunk-Kritiker Josef Schnelle und Rüdiger Suchsland (artechock), beide auch für die Programmauswahl des Festivals mitverantwortlich, ein Publikumsgespräch, mit Michael Althen und Wolfgang Kohlhaase, das im Folgenden dokumentiert wird.
Schnelle: Wie ist der Plan zu diesem Film entstanden? Das ist ja wahnsinnig viel Materialrecherche. Das geht ja nicht so leicht: Diese kleinen Schnipsel, die in dem Film sind, die muss man ja erst mal finden. Und irgendwann muss man auch Rechte klären, man muss das Material bekommen – so leicht und spielerisch, wie das jetzt aussieht, ist es bestimmt am Anfang nicht gewesen...
Althen: Nee, ist es erstmal nicht gewesen. Am Anfang stand die Frage an mich, ob ich Lust hätte, eine Fernsehserie über das deutsche Kino zu machen. Die Frage hat mich total gelähmt, weil ich mir dachte: Um Gottes willen: Deutsche Filmgeschichte von Anfang bis zum Ende, das alles so Kapitel um Kapitel abzuarbeiten...
Und dann habe ich mir, oder haben wir uns dann überlegt: Wie müsste sowas denn ausschauen, damit auch uns das Spaß macht,
damit auch wir Entdeckungen machen können, damit das Ganze einen etwas spielerischen Tonfall bekommt.
So kamen wir dann auf die Struktur nach und nach. Zum einen der Wunsch, dass nicht wir beide hergehen und dann sagen: Dies ist die deutsche Filmgeschichte! Punkt. Sondern das wir das gerne teilen würden mit anderen Leuten – wir haben die Paten genannt – die quasi einstehen mit ihrer Leidenschaft und Intelligenz und Artikulationsfähigkeit für bestimmte Filme, die ja
dann auch bestimmte Kapitel der Filmgeschichte sind.
Schnelle: Wolfgang Kohlhaase, Sie sind ja einer dieser Paten. Was haben Sie denn gedacht, als die Autoren mit dem Projekt zu ihnen kamen?
Kohlhaase: Es war ein Vorschlag, dass ich zu diesem Film Menschen am Sonntag, der mir nahe steht, etwas sage – das hab‘ ich gern gemacht. Es ist nicht mein einziger Lieblingsfilm. Ich habe eigentlich überhaupt keine Lieblingsfilme. Sondern ich mag Filme, und das wechselt auch manchmal... Ich mag einfach gut gemachte, genaue,
unverwechselbare Filme und Menschen am Sonntag, den ich hier vorstelle, war mir insofern nahe, weil ich ja auch auf so ‘ner Alltagsstrecke auch immer versucht habe, so etwas zu machen.
Man kann Filme machen über Eisberge oder große Affen, aber es ist auch immer schön, wenn Filme von den Leuten handeln, die im Kino sitzen. Das ist auch eine Säule von Kino – das die Leute, die das
Publikum sind, etwas von sich selbst im Kino finden. Also: Es war mir nahe, über Menschen am Sonntag zu reden, der ja ein früher Versuch in diese Richtung ist.
Aber ich will noch drei Sätze sagen zu dem Film Auge in Auge. Als Zuschauer. Es ist eine wunderbare Arbeit. Was mir so imponiert,
ist dass die Akribie der Recherche, der enorme Fleiß, der da drin steckt, immer verschwindet. Es ist kein Schweißgeruch an diesem Film, sondern er geht leicht, er ist heiter. So soll Kunst ja sein: Die Anstrengung hat man, aber die muss verschwinden. Und die verschwindet in diesem Film.
Obgleich er soviel Bildendes enthält, ist seine Hauptebene eine emotionale. Nicht die Information steht im Vordergrund, sondern der Film folgt einem Gefühl, und das Gefühl hat, wie auch der
Schlußgedanke sagt, damit etwas zu tun, dass die Deutschen in der Filmgeschichte zugleich die Deutschen in der Geschichte sind.
Seit es Kino gibt. Das macht einen sehr nachdenklich.
Die große Nachricht dieses Films ist eine Nachricht des Gefühls. Das ist mir sehr angenehm. Denn letzten Endes ist Kino Gefühl. Man kann reden: Kino ist Bild, Kino ist dies, Kino ist das... Im Endeffekt ist Kino Gefühl. Und es funktioniert oder es funktioniert nicht. Ich habe das Gefühl, es ist ein
Angebot an das Publikum.
Das Letzte, was ich sagen will, ist, dass mir im Überblick die wunderbare Welt der Schauspieler zu Herzen geht. Nicht nur, weil man so viele sieht, die nicht mehr da sind, bis in die jüngere Vergangenheit hinein, sondern, weil Du auch deren ungeheuren Anteil am Film siehst. In den Gesichtern ist eine ganze Epoche drin. Es gibt so einen schönen Gedanken – ich weiß gar nicht von wem -: Was hat der Film zusätzlich zu allen anderen Künsten? Er hat etwas, was
es außerhalb des Films nicht gibt: Das Entstehen eines Gefühls im Gesicht eines Menschen. Das gibt es nicht auf dem Theater, nicht in der Photographie, das ist ungeheuer: Die Landschaft der Gesichter. Das ist eine besondere Schönheit an diesem Film, das er auch ein Archiv von Schauspielergesichtern ist.
Ich rede als Zuschauer, denn meine Teilnahme ist sehr ehrenvoll für mich, aber was habe ich da weiter gemacht? Also: Kompliment!
Althen: Danke!
Schnelle: Es gibt ja auch einen Abschied vom Rauchen im Film. Ist der auch persönlich gemeint?
Althen: Sollte ich es jemals schaffen, aufzuhören, dann ist es wenigstens das Rauchen als Kulturform aufgehoben.
Suchsland: Wolfgang Kohlhaase hat es eben schon gesagt: Dass Film etwas Persönliches, etwas Subjektives ist, das immer mit dem Menschen zu tun hat, der das guckt, und man ist als Kritiker auch erstmal Zuschauer und Person. Deswegen ist meine Frage jetzt an Michael Althen: Wenn Sie jetzt selber gefragt worden wären, hier Pate zu sein: Welche ganz persönlichen Filme hätten Sie sich denn ausgesucht?
Althen: Also bei mir wäre sicher die erste Wahl Unter den Brücken gewesen. Weil ich eigentlich finde, dass der immer noch nicht ausreichend bekannt ist. Der ist eigentlich erst so in den letzten Jahren durch sein Auftauchen in Christian Petzolds Toter Mann ein
bisschen mehr in die Öffentlichkeit gekommen. Und dann weil der auch etwas hat, was deutsche Kino in jenen Jahren nicht hatte, was ihm in danach auch sofort wieder verloren gegangen ist, was auch Käutner selber danach nicht in dem Maße fortsetzen konnte, wie es sich in diesem Film zeigt. Das ist wirklich ein singulärer Moment in der deutschen Filmgeschichte: Wie der während Deutschland in Schutt und Asche fiel auf den Berliner Flüssen diese Geschichte gefunden und erzählt hat. So unter
allem weg. Man hat so den Eindruck: Unter dem Bombenhagel weg findet der dann noch ein letztes Mal etwas, was es mal gegeben hat, und was dann verloren geht und was dann für immer verloren war. Offenbar. Also der Film kam ja 1944 nicht mehr ins Kino. Er hatte seine Uraufführung in Schweden 1946. Und wurde dann in Deutschland 1946 oder 48 ins Kino gebracht. Ohne großen Nachhall. Die Leute hatten dann auch andere Probleme: Wiederaufbau und es gab Trümmerkino.
und so blieb der folgenlos.
Deswegen würde ich den unbedingt als Erstes wählen.
Den anderen, der auch in Auge in Auge vorkommt, am Anfang: Berlin Chamissoplatz, auch so ein unterschätzter deutscher Film...
Suchsland: ...von Rudolf Thomé...
Althen: ...da gibt es am Anfang so eine Kette von Dingen und Ausdrücken und Gesichtern und Momenten. Das endet mit dem Blick auf eine Frau, Sabine Bach ist das nämlich, die da auf dem Sofa sitzt.
Und am liebsten hätte ich den ganzen Ausschnitt gezeigt, weil das nämlich die Szene ist, die ich mir in meinem Leben wohl am häufigsten angeschaut habe, sicher 70 Mal, 80 Mal. Sie guckt nämlich in diesem Moment, wo sie noch nasse Haare hat, weil
sie aus der Dusche kommt, und einen gestreiften Bademantel anhat, auf Hanns Zischler. Der sitzt an einem Flügel und spielt ein – übrigens von ihm selbst komponiertes – Lied, das sehr Bob Dylan-haft ist, und das wirklich wunderbar ist – das hab ich mir auch auf den iPod geladen – da finde ich, kann man genau das sehen, wovon Sie geredet haben, Herr Kohlhaase, nämlich das Entstehen eines Gefühls auf dem Gesicht einer Schauspielerin. Deswegen ist das der Schluß dieser
Kette von Momenten, was das deutsche Kino alles sein könnte.
Suchsland: Sie sind ja hauptberuflich Filmkritiker, und bleiben das vermutlich auch. Trotzdem ist das jetzt der vierte Film zumindest als Co-Autor, Co-Filmemacher, den Sie gemacht haben. Auch wenn diese Arbeit jetzt so ein bisschen – ganz viele Filme gucken, die schönsten Momente heraussuchen, und anderen Leuten irgendwie zeigen – ja ein bisschen was mit Filmkritik zu tun hat: Trotzdem: Was ist anders? Was ist der Unterschied? Und was ist auch das Reizvollste für den Kritiker dabei?
Althen: Also es stimmt schon: Es ist dem Schreiben nicht so unähnlich. Es geht darum: Man hat etwas gesehen und möchte davon erzählen; man ist von etwas bewegt oder überwältigt worden und möchte das weitergeben.
Der größte Unterschied ist wahrscheinlich, dass man sich viel vornehmen kann, was man da alles erzählen möchte, dass es aber einen bestimmten Moment gibt, wo das Material sein eigenes Tempo diktiert, seine eigene Erzählung einem
aufdrängt. Wir haben es am deutlichsten daran gemerkt, das sich natürlich kurz vor der Fertigstellung des Schnitts schlimme Tage und Wochen vor einem auftun: Wo einem nämlich auffällt, was alles nicht vorkommt in diesem Film, wer alles übergangen wurde, vernachlässigt wurde, ignoriert wurde, auch Filme und Schauspieler, die einem selber nahe sind, und wo man denkt: Ups, den muss ich jetzt unbedingt noch unterbringen, diesen Film und jenen Moment, den kann man doch hier noch und dort
noch reinflicken – es funktioniert aber nicht.
Es lässt sich nicht mehr mit Gewalt der Erzählung aufdrängen. Die hat bereits im Material ihren eigenen Weg gefunden, dieser Fluss.
Suchsland: Aber es geht aber ja auch nicht um einen Kanon in diesem Film...
Althen: Nee...
Suchsland: ..es geht nicht um die zehn besten Filme, sondern um zehn Lieblingsfilme. Und diese Eigendynamik des Auswählen-müssens, das passiert einem beim Schreiben doch auch... Dass man etwas anfängt, und plötzlich merkt: Eigentlich müsste man von dem Film über den man schreibt, jetzt noch etwas Bestimmtes erzählen – geht aber nicht. Manchmal aus Platzgründen, aber auch weil es einfach nicht reinpasst...
Althen: Es stimmt auch, es ist dann letzten Endes auch nicht so unähnlich, weil im Grunde ja schon die Sprache selber beim Schreiben auch nicht immer das macht, was man möchte. Manchmal trägt einen ja die Sprache auch irgendwo hin, wo man gar nicht hin wollte, wo es aber trotzdem interessant ist.
Man ist ja selbst nicht in dem Maße Herr der Sprache, das immer am Ende das dort stünde, was man wirklich sagen wollte. Klingt jetzt so ein
bisschen doof – ist aber so. Wer das leugnet... irrt.
Schnelle: Ja, das kennen wir ja auch. Das kennen alle, die über Filme schreiben. Ist das bei Ihnen auch so Herr Kohlhaase? Sie haben so viele Drehbücher geschrieben...
Kohlhaase: Ja, ich hab viele Drehbücher geschrieben. Aber ich habe auch ein bisschen Prosa geschrieben. Es ist ein gewisser Unterschied: Wenn man Prosa schreibt, vertraut man sich der eigenen Erfindung an, auch der sprachlichen. Und auf eine merkwürdige Weise trägt einen eine Tonlage. Aus reiner Neugier hat mich interessiert: Wenn man in guter Prosa die Magie erster Sätze und Magie letzter Sätze untersucht: Wie fängt eine Sache an, und
wie hört sie auf?
Jeder weiß: Wenn Du eine Seite eröffnest, Du weißt wirklich nicht wo es hingeht, weil die Sprache Dich führt. Du schreibst nicht etwas auf, was Du schon genau weißt, sondern Du versuchst das herauszufinden. Und wenn Du Glück hast, führt Dich das auf Schönheiten, von denen man am Anfang noch gar nicht wußte.
Im Drehbuchschreiben ist ein bisschen mehr Kalkulation. Vereinfacht gesagt: Prosa schreibst Du von vorn nach hinten, beim Film musst Du immer auch den Schluß
im Gefühl haben. Einen Film machst Du auch von hinten nach vorne.
Du musst wissen: Wo soll das Ding hin? Dann schreibst Du Szenen für Schauspieler. Denkst also auch: Wie lassen sie sich spielen? Sind sie Angebote für Schauspieler? Haben sie Zwischenräume für Schauspieler? Haben sie Chancen für Schauspieler? Es gibt Dialoge, die kann man nicht spielen, die lassen sich nur aufsagen. Insofern ist dies merkwürdige Kunst die niemand genau und endgültig versteht, Dramaturgie steckt als
Kalkulation im Filmemachen stärker drin, als in der Prosa.
Suchsland: Und wieviel Filmgeschichte steckt im Drehbuchschreiben? Denkt man denn, wenn man schreibt auch daran, wieviel andere schon geschrieben haben, wieviel Filme es gibt? Befindet man sich überhaupt in einem Dialog mit der Filmgeschichte? Regusseure tun das ja, wollen z.B. etwas machen, das so ähnlich ist, wie Hitchcock oder Truffaut. Denkt man das als Drehbuchautor auch?
Kohlhaase: Vielleicht tut man das. An sich ist dieser Gedanke entmutigend. Allein, wenn man daran denkt, wieviele Filme jetzt gerade schon wieder gedreht werden, dann fragst Du Dich wirklich: Muss ich dabei sein und auch noch einen machen? Als wenn man sich vor eine Bücherwand setzt und sagst: Ich schreibe Euch jetzt etwas, das ist da noch nicht dabei.
Aber andererseits: Dieser Größenwahn, das Du dem vielen Bekannten eine Seite
hinzufügen kannst – ohne den geht es ja nicht. Aber ich bin nicht dauernd im Gespräch mit der Filmgeschichte.
Aber aller Anfang ist Nachahmung. Als ich mal angefangen habe, waren für mich die Neorealisten enorm wichtig. Das war eine neue Filmsprache, auch ein Blick auf Wirtklichkeit. Ohne die hätte ich mich das vielleicht gar nicht getraut, das für einen Beruf zu halten, den ich mal haben könnte. Also gibt es Erweckungserlebnisse. Ich denke gern an gute Filme, ich denke
auch an Schauspieler beim Schreiben, und zwar an die, von denen ich weiß: Die kriege ich gar nicht. Die gibt’s auch gar nicht. Weil sie tot sind, oder gar nicht deutsch sprechen. Aber die Vorstellung eines bestimmten Schauspielers hilft Dir bei dem Fixieren einer Gestalt. Du machst ja Filme immer aus der Wirklichkeit, aus Dir selbst und aus anderen Filmen – diese drei Elemente stecken immer in der Arbeit. Insofern ist das, was andere machen, für mich auch wichtig.
Aber für
mich ist dieser Film auch bildend, weil ich eine Unmenge davon nicht weiß, was ich hier so in Kürze erfahre. Also ich bin nicht dauernd mit Filmen zugange. Es gibt zuviel. Vom Schlechten reden wir gar nicht, es gibt zuviel Gutes.
Schnelle: Mag man als Drehbuchautor eigentlich Regisseure?
Kohlhaase: Mir fällt ein ein Satz von Billy Wilder ein, der ja beides war: »Das Problem mit den Regisseuren ist nicht, dass sie nicht schreiben können. Das Problem ist, dass sie nicht lesen können.«
Aber: Ich mag Regisseure, denn es bleibt mir ja gar nichts anderes übrig. Ich mache ja nur die erste Hälfte einer Sache. Das ist ein wichtiges Stück Weg. Ohne die erste Hälfte nicht die zweite.
Aber letztendlich bist Du darauf angewiesen,
dass Du das, was Du möglichst genau erarbeitet hast, dass Du es jemand anvertrauen kannst. Und Du kannst es nur jemand anvertrauen, mit dem Du versuchst, eine im Sinne der Arbeit offene und freundschaftliche Beziehung zu haben. Du kannst ja da nicht jeden Tag rumstehen und aufpassen
Du störst alle anderen, niemand hat‘s gerne und man kommt sich auch dumm dabei vor. Also vertraust Du es den Leuten an, die den Film weitermachen, allen: dem Regisseur in erster Instanz, aber auch
Schauspielern, Kamera... Und wenn es gut geht, dann wird das Drehbuch möglichst ernst genommen, und trotzdem wird im Moment des Drehens alles nochmal... Die sinnliche Erfindung des Augenblicks muss beim Drehen passieren. Denn was in dem Moment nicht passiert, ist am Ende im Film nicht drin.
Wenn man Glück hat und sich versteht, auch in den Untertexten, verliert man während des Filmemachens die Übersicht, und auf wunderbare Weise kommt am Ende etwas heraus, was mit der ursprünglichen
Idee zu tun hat. Wenn‘s gut geht.
Partnerschaft ist alles beim Kino. Ich habe von Anfang an keine misstrauische Beziehung zu Partnern gehabt, sondern die einzig mögliche, eine Vertrauensvolle.
Also: Ich fürchte nicht die Erfindung der Anderen, sondern ich hoffe auf die Erfindung der Anderen. Denn sonst entsteht kein Film.
Schnelle: Michael Althen – es ist ja die normale Situation für einen Filmkritiker: Man trifft sich mit einem Regisseur oder Darsteller und redet mit dem über seinen neuesten Film. Haben die sich ganz frei machen können und mit denen mit einer kleinen Distanz über Kino reden können?
Althen: Ja ja. Wir mussten uns natürlich vorher überlegen: Wem trauen wir das zu, dass er von seinem aktuellen Film und auch von sich selbst absehen kann, und Lust hat, über Filmgeschichte zu reden. Das hat auch etwas unsere Wahl bestimmt. Nicht, dass es nicht noch zehn andere gegeben hätte, die das auch gekonnt hätten. Aber es stand schon bei unserer Wahl im Vordergrund. Die Vorstellung: Der kann es, der hat die Leidenschaft und kann sie auch artikulieren. Und darüber hinaus macht es natürlich immer Spaß, mit Leuten über Filme zu reden. Besonders über Lieblingsfilme, klar.