24.04.2003

Keine vorgekauten Antworten...

George Clooney hinter der Kamera
Clooney hinter der Kamera

George Clooney über Confessions of a Dangerous Mind

Er gilt als der schönste Mann im Film­busi­ness der Gegenwart: George Clooney, einst gefei­erter TV-Star aus „Emergency Room“, seit einigen Jahren auch auf der großen Leinwand ein Topstar, nicht zuletzt durch die Zusam­men­ar­beit mit Steven Soder­bergh.

Jetzt hat Clooney zum ersten Mal Regie geführt: Confes­sions of a Dangerous Mind ist ein auf wahren Ereig­nissen basie­rendes Bio-Pic mit doppeltem Boden, um den legen­dären TV-Show-Erfinder Chuck Barris, der behauptet, neben­be­ruf­liche AUftrags­killer gewesen zu sein. Mit George Clooney sprach Rüdiger Suchsland.

artechock: Was reizt Sie an der Filmregie und am Produzentendasein? Sind sie als Schauspieler nicht glücklich?

George Clooney: Ich spiele gern, habe ja auch in Confes­sions of a Dangerous Mind eine Neben­rolle. Tatsäch­lich fühle ich mich aber manchmal etwas unaus­ge­lastet. Die Angebote sind manchmal einfach blöd. Und ich habe bestimmte Vorstel­lungen von Filmäs­thetik, Filme wie Three Kings, eine Anti-Kriegs­sa­tire, die einfach poli­ti­sche Wider­s­tände hervor­rief. Oder Solaris. Der ist stilis­tisch radikal. Da müssen die Zuschauer eben etwas nach­denken. Leider ist es in Amerika unüblich geworden, Filme zu machen, in denen es viele Fragen und wenig Antworten gibt, und die etwas Poli­ti­sches oder Philo­so­phi­sches erzählen möchten. Aber genau das macht Kino inter­es­sant: Keine vorge­kauten Antworten, sondern Bilder, die mehrere Inter­pre­ta­ti­ons­mög­lich­keiten erschließen.

artechock: In Confes­sions of a Dangerous Mind gibt es mindes­tens zwei Möglich­keiten die Story zu verstehen: Ist ihre Haupt­figur Chuck Barris, der ja noch lebt, nun ein Killer gewesen, oder nicht?

Clooney: Ich habe ihn nie gefragt. Das hätte den Film beein­flusst, außerdem hat er so viel Verschie­denes über sein Leben erzählt, dass ich selbst nicht durch­blicke, was wahr, was erfunden ist. Zwei­fellos ist er ein Aufschneider und Täuscher – aber muss man nicht genau das, um ein Geheim­agent zu sein? Am liebsten hätte ich auf’s Film­plakat geschrieben: »CIA – there’s one business like show­busi­ness!«

artechock: Confes­sions of a Dangerous Mind ist auch ein Film über Fernseh-Unkultur...

Clooney: Ja. Mein Vater hatte selber eine Gameshow, und ich bin quasi auf einem TV-Set aufge­wachsen. Man denkt, die Jahre 1950-1970 waren die große Zeit des Fern­se­hens. Das ist Quatsch. Wir alle wissen, wie gut Fernsehen sein kann, wir kennen Beispiele dafür. Aber das Problem ist, wie tief es sinken kann! Hier liegt die Gefahr. Enter­tain­ment ist das Unglück. Bei uns glaubt man sogar, dass Nach­richten Unter­hal­tung sind. Dieses Reality-TV, bei dem man Poli­zisten bei der Arbeit begleitet und so ein Mist, haben schlechte Folgen für die ganze Gesell­schaft. Chuck Barris ist ein Vorreiter dieser Entwick­lung. Ich finde Fernsehen heute sehr sehr schlecht – man muss sich das gar nicht mehr angucken.

artechock: Wie ging es Ihnen bei Ihrer ersten Regie­ar­beit?

Clooney: Inter­es­sant. Ich habe mich nicht darum gerissen, es kam dazu, weil ich wollte, dass der Stoff verfilmt, und mit meinem Namen war das möglich. Es war anstren­gend mit so vielen Kollegen zu arbeiten, die ich respek­tiere. Ich bin da trotzdem schüch­tern, möchte nicht gerade derjenige sein, der »den Ball fallen« lässt.

artechock: Was macht gute Schau­spieler aus?

Clooney: Der Erfolg bei der Schau­spie­lerei liegt daran, dass sich der Schau­spieler nicht ändert. Sehen Sie sich Jack Nicholson oder Michael Caine an: Sie bleiben sich selbst. Da möchte ich selber hinkommen.

artechock: Sind Sie und Steven Soder­bergh die letzten Rebellen Holly­woods?

Clooney: Es stimmt, die Branche ist erbar­mungslos. Sogar die Warner Brothers wurden in ihrer eigenen Firma gefeuert. Steven und ich haben einen ähnlichen Geschmack, und können zu zweit mehr bewirken, als allein. Wenn wir Flops produ­zieren, müssen wir eben Ocean’s Twelve machen – dann können wir weiter auch schwie­ri­gere Filme drehen.