»Ok Dad, Du kannst jetzt gehen!« |
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Sofia Coppola |
Sofia Coppolas neuer Film Lost in Translation erzählt eine intime, wunderschön erzählte Geschichte, mit der sich Coppola endgültig aus dem Schatten Ihres Vaters Francis Ford Coppola löst und sich als eigenständige, herausragende Filmemacherin präsentiert.
Mit Sofia Coppola sprach Rüdiger Suchsland.
artechock: Was inspirierte Sie zu Lost in Translation?
Sofia Coppola: Der wichtigste Auslöser war die Zeit, die ich selbst in Tokio verbracht habe. Ich war da nach dem College in meinen frühen 20ern mehrmals. Nicht immer habe ich so luxuriös gewohnt, aber zweimal war ich auch im Park Hyatt. Die Art wie die Stadt funktioniert, sich anfühlt, hat mich sehr beeindruckt, das sonderbare Gefühl, dort ein Fremder zu sein. Es ist anders, als irgendwo sonst. Einzigartig. Und auch wenn man mehrmals dort war, ändert sich das nicht. Darum wollte ich über diese Stadt eine romantische Geschichte erzählen.
artechock: Eine Liebesgeschichte, in gewissem Sinn...
Coppola: Ja, eine altmodische Liebesgeschichte. Keine »Affäre«.
artechock: Erfahrungen und Atmosphären, Gefühle sind wichtiger als Ereignisse?
Coppola: Absolut. Es passiert ja nicht viel in dem Film. Das Wichtige sind die Details, die Szenen der Darsteller. Und diese Art Beziehung zwischen völlig platonischer Freundschaft und Liebesaffäre, die da gezeigt wird, ist ja nicht selten. Man sieht sich kurz, verbringt sehr viel Zeit miteinander, alles ist ganz intensiv, und dann trifft man sich nie wieder im Leben. Aber die Erinnerung an diese Zeit begleitet einen lange. Das geschieht doch oft im Leben, oder?
artechock: Es gibt Menschen, die behaupten, das Mädchen Charlotte, sei Ihnen recht ähnlich...
Coppola: Oh ja, ich weiß: Das wollen manche Leute sagen. Aber ich identifiziere mich eigentlich mehr mit der Bill Murray-Figur. Ich schreibe über das, was ich denke, daher sind mir alle Figuren nahe. Natürlich gibt es ein paar Züge von Charlotte, die mir ähnlich sind. Vor allem diese Idee, Anfang 20 zu sein, und nicht zu wissen, was man mit seinem Leben anfangen will. Aber ich habe auch andere Seiten.
artechock: Was ist Ihre Bill Murray-Seite?
Coppola: Er ist meine männliche Seite. [Lacht] Ich verehre ihn total. Als ich das Script schrieb, hatte ich Murray im Kopf. Ich habe ihm Teile vom Script geschickt. Es war trotzdem nicht ganz einfach, ihn für den Film zu gewinnen. Es hat ein halbes Jahr gedauert, persönlichen Kontakt zu bekommen. Über einen Freund kam es schließlich zu einer Verabredung zum Abendessen.
artechock: Jet Lag, Müdigkeit und Nacht beherrschen die Stimmung des Films. Ihre Figuren erinnern an Schlafwandler, die sich durch Tokio und die japanische Popkultur bewegen. Wie arbeiten Sie, um diese Atmosphäre zu schaffen?
Coppola: Es gibt dieses Element tatsächlich. Wenn man in Tokio ist, hat man viel Jet Lag. Man fühlt sich immer müde und desorientiert. Und wir haben den Film in chronologischer Abfolge gedreht, das war sehr hilfreich. Die Darsteller lernten sich erst während des Drehs besser kennen gelernt. Wir haben gemeinsam viel improvisiert. Diese Nacht in dem Karaoke-Lokal war echt. Die Japaner im Film sind Freunde von mir. Das war alles ziemlich genau wie im Film. Es hilft, eine Situation zu erzeugen, die so nahe wie möglich an der des Films dran ist. Unsere Erfahrung war ähnlich zu der der Geschichte. Es gibt so viele fremde Farben, Licht, Dinge, Musik – die Dinge sind so anders dort. Die Musik des Films später dann auf die Bilder zu schneiden, war eine meiner Lieblingstätigkeiten. Die Musik kreiert diese Atmosphäre gemeinsam mit dem Look des Films, der Kamera.
artechock: Manchmal erinnern auch die Bilder von Lost in Translation an japanische Filme. Manche Einstellungen, und Ihre Art, Farben einzusetzen, der pastellige Look des Films wirken in gewisser Weise japanisch. Haben sie ein besonderes Verhältnis zum japanischen Kino?
Coppola: Eigentlich nicht. Ich bin kein Kenner. Natürlich kenne ich ein paar Filme. Vor allem an Ozu’s Tokyo Story erinnere ich mich. Den habe ich mir angesehen, als ich an meinem ersten Spielfilm The Virgin Suicides gearbeitet habe. Aber ich bin eher ein Fan des französischen und italienischen Kinos. Damit bin ich ganz gut vertraut. Und das war auch für Lost in Translation wichtig. Darum gibt es auch diesen kurzen Moment aus Fellinis La dolce vita der im Film auftaucht. Das ist mir allerdings wirklich passiert: Als ich in Tokio war, hab ich einmal Marcello Mastroianni mit japanischen Untertiteln gesehen...
artechock: Wie gehen Sie damit um, Tochter eines so weltberühmten Vaters zu sein?
Coppola: Es ist nicht so schlimm, wie manche offenbar glauben. Natürlich bringt mein Name auch Vorteile, öffnet viele Türen. Zugleich bin ich es dadurch immer gewohnt gewesen, unterschätzt zu werden, gerade als Filmregisseurin. Das ist für den Anfang keine unangenehme Position, denn die Leute sind dann immer positiv überrascht. Ich denke, ich mache dann – gegenüber Produzenten, Schauspielern, Technikern am Set – schon klar, wer ich bin und was ich will, und ich bekomme es dann meistens auch.
artechock: Sie arbeiten mit Ihrem Vater auch direkt zusammen; er ist einer der Produzenten von Lost in Translation. Ist er nicht sehr dominant?
Coppola: Nein. Er hat Vertrauen und lässt mich machen. Es war eine sehr gute Zusammenarbeit. Allerdings möchte ich ihn nicht gerne am Set haben, denn tatsächlich neigt er dann dazu, zu allem und jedem seinen Kommentar abzugeben. Bei The Virgin Suicides hat er mich einmal am Set besucht, und dann gemeint: Du solltest 'Action' lauter sagen. Und ich dachte: »O.K., Du kannst jetzt wieder gehen.« Wir sind in unserer Art, mit Problemen umzugehen, sehr verschieden.
artechock: Wie kam es überhaupt, dass Sie Regisseurin wurden?
Coppola: Ich lasse mich nicht gern herumkommandieren. Darum wollte ich schon vor Der Pate III nie Schauspielerin werden. Regisseurin zu sein, das ist eine der wenigen Möglichkeiten, einfach einmal tun zu können, was man will, zu bestimmen, wie die Welt um einen herum sein soll. Und es funktioniert. Ich liebe das. Und außerdem verbindet es so viele andere Dinge, die ich liebe: Photographie, Design und Musik.
artechock: Für die Endfassung haben Sie den Schluss ihres eigenen Drehbuches geändert: Die Worte, die Bill Murray zu Scarlett Johannson sagt, können wir Zuschauer nicht verstehen...
Coppola: Ja. Ich habe das am Drehtag selbst geändert. Im Script standen seine Abschiedsworte drin. Aber warum diese Eindeutigkeit?