»Das Spießigste beim Krimi ist, wenn man alles kapiert« |
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Am Set des neuen Polzeirufs Smoke on the Water |
Er ist mit Die geliebten Schwestern für den Oscar nominiert, er dreht gerade einen Film über seinen verstorbenen Freund Michael Althen, und zwischendurch mal wieder einen München-Krimi. Drei Fragen an Dominik Graf zu seinem neuen Münchner „Polizeiruf“, der kommende Woche in Hof läuft, und am Sonntag deutlich gekürzt im Fernsehen.
Mit Dominik Graf sprach Rüdiger Suchsland.
artechock: Sie haben mit dem ersten Meuffels-Polizeiruf seinerzeit die Figur des Hanns von Meuffels „gesetzt“. Was ist das für ein Ermittler? Was macht ihn aus? Wie hat er sich entwickelt? Und was ist der Anteil von Matthias Brandt?
Dominik Graf: Meuffels ist ein strenger, angenehm selbstkritischer Typ, Einzelgänger, will nicht angefasst werden, wird es aber innerlich durch die meisten Fälle dann doch. Er ist sarkastisch, vor allem wenn Schütter die Drehbücher schreibt, er ist intellektuell, gebildet, seine Sehnsüchte sind verdeckt aber nicht vergraben. Die meisten Episoden meiner Regiekollegen für die Reihe fand ich faszinierend. Matthias Brandt ist nicht Meuffels, er ist ganz anders, aber ich glaube beim Spielen physisch zu spüren, wie sehr er diesen Kommissar mag und wie er dessen Sprödigkeiten und trockenen Witz mitformt.
artechock: In Ihren Kriminalfilmen erzählen Sie immer auch etwas über den Fall und die Figuren hinaus: Über die Orte. Was für ein Ort ist Ihre Heimatstadt München? Was für Verbrechen ereignen sich hier?
Und inwieweit ist die in den Ort eingeschriebene Reinecker-Tradition „Der Kommisar“ und „Derrick“ Verpflichtung, oder etwas wovon man sich absetzt?
Graf: Ich bin tief in den 50ern und 70ern Münchens verwurzelt. Der Stil und die Form eines Films sind deshalb für mich wichtiger als sein Inhalt und sein Thema. Ein starker Dialog ist mir wichtiger als siebzig korrekte Plotpoints. Als in Cassandras Warnung Doris Kunstmann den aktuellen Zustand der Leopoldstraße beschimpfen durfte, war ich begeistert. Ich liebe verwinkelte Geschichten, von mir aus können die Stories auch ins Leere laufen oder keine Lösung haben, das Spießigste beim Krimi ist, wenn man alles kapiert. Es gibt Reste von München, die den Geist dieser labyrinthischen Melancholie und einstigen Hinterhof-Nörgelei bewahrt haben. Sie werden gerade von tollwütigen Lokalbehörden vernichtet.
artechock: Was macht diesen Polizeiruf besonders? Er spielt in „höchsten Polit- und Wirtschaftskreisen“. Er läuft nächste Woche in Hof in einer erweiterten Fassung, die aus Jugendschutzgründen nicht fürs Fernsehen freigegeben wurde. Was können Sie mir darüber erzählen?
Graf: Allein schon die Tatsache, dass Günter Schütter ihn geschrieben hat, ist für mich immer wieder besonders. Er hat auch den ersten Meuffels Cassandras Warnung (hab ich selbst inzenieren dürfen) und den fantastischen späteren Meuffels Der Tod macht Engel aus uns allen (Regie Jan Bonny) verfasst. Wir arbeiten schon sehr lange zusammen, ich fühle mich wohl in seinem Misch-Ton aus Desillusionierung, Satire, Sehnsucht und Härte. Ich fühl mich wohl in seiner exquisiten Dialog-Sprache. Antagonist von Matthias Brandt ist diesmal ein junger hochadliger EU-Politiker, gespielt von Ken Duken. Günter beschreibt hier eine politische BRD-Gegenwarts-Gesellschaft von gewählten Heuchlern und Dieben, die sich am Ende gegenseitig massakrieren wollen. Dabei geht es nicht zimperlich zu. 20 Uhr 15-Filme müssen jugendfrei ab 12 sein. In Hof gibt’s die zehn Minuten längere Fassung für die Menschen ab 16.