12.11.2009

Die Sprache der Revo­lu­tion und die Revo­lu­tion der Sprache

Material
Aufstand der Trabis: Die Frankfurter Allee Anno 1989
(Foto: Thomas Heise)

»Man sollte sehen: Da war doch noch was.« – der ostdeutsche Dokumentarfilmer Thomas Heise über sein Material, über die Sprache des Übergangs und schlaflose Nächte im Herbst ‘89

Thomas Heise, geboren 1955, ist einer der profi­lier­testen Post-DDR-Doku­men­tar­filmer. In seinem neuen Film Material, der derzeit in verschie­denen Programm­kinos läuft, präsen­tiert übrig­ge­blie­benes, bislang unver­öf­fent­li­ches, nicht bereits zu einer Erzählung aufbe­rei­tetes Bild­ma­te­rial in Form freier Asso­zia­tionen und eines Bewusst­seins­stroms, dessen klarer Schwer­punkt auf der Zeit der ostdeut­schen Revolte vor 20 Jahren liegt: Der Zuschauer sieht Heiner Müller bei Thea­ter­proben, steht mitten zwischen DDR-Demons­tranten, beob­achtet eine Arbei­ter­ver­samm­lung kurz vor dem Mauerfall, etc. Das verbin­dende Element ist das Portrait eines histo­ri­schen Moments, in dem sich die Gescheh­nisse noch im Fluss befinden, vieles möglich erscheint. Diese Bewegung des sonst Starren, und für alle Zeiten fixierten, diese grund­sätz­liche Offenheit, gibt auch Material eine enorme Sogwir­kung, die diesen Film faszi­nie­rend macht: Eine Darstel­lung von Geschichte, die nichts als gegeben hinnimmt, und das Poli­ti­sche selbst einfängt, in statu nascendi, die zeigt, wie jeder Mensch Material ist, aber immer auch Gestalter sein könnte.
Mit Thomas Heise sprach Rüdiger Suchsland.

artechock: Ihr Film Material über die Ereig­nisse in der DDR im Herbst 1989 zeigt genau das: Material, Bild­ma­te­rial aus dem Jahr 1989. Der Film hat mehrere Erzäh­le­benen. Beginnen wir mal mit dem Plot: Wir kommen in ihrem Film ganz schnell auf den 4. November und dann den 9. November 89. Sie haben da auf der Straße gedreht, sind herum­ge­laufen. Mit welcher Absicht sind Sie damals 'raus gegangen? Wie müssen wir uns Ihre Tage im Herbst ‘89 vorstellen?

Thomas Heise: Nachdem ich in der DDR beim Film nicht mehr arbeiten konnte, bin ich über den Heiner Müller ans Deutsche Theater geholt worden. Das ist so eine Spezia­lität von Dikta­turen, dass immer alles gleich­zeitig geht: Ich bin aus der Film­hoch­schule heraus­ge­flogen, und dann gleich Meis­ter­schüler geworden an der Akademie der Künste. Das würde wahr­schein­lich heute so nicht mehr gehen, da ist man erstmal verbrannt. Müller begann 1987 mit der Insze­nie­rung seines ersten Stückes Der Lohn­drü­cker und ich habe im Auftrag der Akademie dort an einem Arbeits­buch mitge­ar­beitet. Dafür habe ich einfach alles aufge­zeichnet, was stattfand, und habe mich benommen wie eine Ratte oder ein Geheim­dienst, und habe jedes Gespräch, das bei der Insze­nie­rung stattfand, aufge­zeichnet. Daraus ist auch ein Film entstanden, der heißt Der Ausländer und der beschreibt die Insze­nie­rungs­ar­beit von Heiner Müller am Deutschen Theater.
Dann war es so, dass relativ bald Bewegung begann in der DDR. Diese später berühmte Demons­tra­tion am 4. November auf dem Alex­an­der­platz ist von den Berliner Theatern orga­ni­siert worden. Ich war im Vorbe­rei­tungs­ko­mitee und habe mich von daher auch abge­si­chert. Wenn jemand fragte: »Was machen Sie denn hier mit der Kamera?«, dann konnte ich immer sagen: »Wir sind das Vorbe­rei­tungs­ko­mitee 4.11.« Ich hatte auch einen Zettel dabei, der das belegte. Vorher hatte ich mich mit der Kamera gar nicht auf die Straße getraut.

artechock: Wie war das mit dem sich-trauen? Sie haben ja auch die Kamera geführt. Manchmal ist die Distanz zum Geschehen groß. Es wirkt, als sei da noch eine gewisse Angst im Spiel gewesen…

Heise: Was heißt Angst? Ich war natürlich unsicher. Da kommen mehrere Sachen zusammen: Ich hatte noch nie eine Kamera bedient. Ich war zwar an der Film­hoch­schule, aber da war ich eben Regisseur und das war alles sehr getrennt. Es war ja nicht wie heute, dass man Kameras hatte, die jeder sofort bedienen kann – diese ganze Konsu­mer­technik. Sondern ich konnte damit gar nicht umgehen. Ich habe die gekriegt, und musste damit arbeiten. Ich habe die Kamera eine Woche nicht angefasst, sondern nur angeguckt. Also diese Unsi­cher­heit ist nicht nur eine poli­ti­sche, sondern auch die tech­ni­sche.

artechock: Auf was für Material haben Sie eigent­lich diese Filme gedreht?

Heise: Dazu muss ich etwas ausholen: 1987 habe ich eine Video­ka­mera bekommen. Nachdem ich bei der Film­hoch­schule Babels­berg raus­ge­flogen bin, habe ich alles Mögliche gemacht, um irgendwie zu überleben und bin 1983 bei der Film­pro­duk­tion Wundkanal von Thomas Harlan gelandet. Der Produzent Bernhard Stampfer wollte von mir 1987 einen Film fürs West­fern­sehen über Heiner Müller haben. Ich konnte da nicht Nein sagen, weil ich die Kamera haben wollte. Aber ich muss zugeben: Ich wusste, dass ich nicht mit Heiner Müller fürs West­fern­sehen drehen würde – dann ist man einmal ganz berühmt, und dann war’s das. Ich habe also den Produ­zenten enteignet, die Kamera behalten, wir hatten die Mauer – was wollte er machen?

artechock: So kann man sich täuschen…

Heise: Ja. Aber so ist es gelaufen, muss ich sagen. Das ist mir heute natürlich unan­ge­nehm. Aber wir haben inzwi­schen wieder gegessen. Und es ist alles gut und die Verhält­nisse geklärt. So war es halt. Also ich hatte mich da wirklich richtig schlecht benommen. Die Kassetten kamen auch aus der Bundes­re­pu­blik. Der Heiner Müller konnte die impor­tieren – auf meine Bitte.

artechock: Im Film heißt es: »Man kann sich die Geschichte länglich vorstellen, sie ist aber ein Haufen.« Das heißt: Die Ordnung muss ich selber herstellen. Das Verstehen muss ich auch selber vornehmen. Der Film wirft uns einen Haufen vor die Füsse… Ist das so ein »Nachlass zu Lebzeiten«? Die übrig­ge­blie­benen Teile hinter­ein­ander, und Bedeutung stellt sich irgendwie her? Oder wie genau haben Sie daran gear­beitet?

Heise: Wir haben, glaube ich, sehr genau daran gear­beitet. Der Hinter­grund ist der, dass mir die Frage schon sehr lange durch den Kopf geht, wie man das alles, was man so treibt, in eins bekommt. Das geht natürlich nie völlig auf, aber man muss es versuchen. Es ergaben sich dann Zusam­men­hänge innerhalb dieser Filmteile. Ein Zusam­men­hang war der der Sprache: Man konnte sehen, dass es an den verschie­denen Stelen immer wieder darum geht, dass Menschen sich zum ersten Mal in ihrem Leben überhaupt öffent­lich äußern. Vor einer größeren Menge. Das fand ich spannend. Genau, wie dass dieses öffent­liche Reden fällt dann auch wieder ins Schweigen zurück­fällt. Das war das Leitmotiv des Umgangs mit dem ganzen Zeug.

artechock: Es gibt ja schon sehr früh in dem Film auch Momente, wo Sprache entgleitet. Wo manchmal viel­leicht nur ein Schweigen da ist, an anderen Stellen wird geschrien. Und später dann, im letzten Drittel des Films, beob­achtet man eine Rückkehr zur formalen, auch flos­kel­haften Sprache. Etwa den Szenen mit dem neuen CDU-Minister Krause, der ganz anders redet, wie vorher die Leute in den Momenten der Revolte geredet hat…

Heise: Mich hat inter­es­siert, wie man Sprache zum verschweigen benutzen kann. Genauso wie Schweigen als solches ja eine Sprache ist. Ich würde übrigens nicht von »Revolte« sprechen – so aktiv war der Prozess nicht. Eine »Revo­lu­tion« war es schon gar nicht. Auch hier ist Sprache wichtig – in diesem Fall die unsere: Heute heißt es »fried­liche Revo­lu­tion« – aber nur, um nicht »Revo­lu­tion« sagen zu müssen. Denn das hätte ja Spreng­kraft bis heute.

artechock: Das Adjektiv »friedlich« schränkt ein…

Heise: Genau. Wir feiern den Mauerfall. Nicht den Herbst 1989, in dem ein Volk sich von seiner Regierung gelöst und zum Souverän erklärt hat. Das hat natürlich seinen Grund: Es ist so gewollt, dass man auch in der Bundes­re­pu­blik nicht öffent­lich allzu grund­sätz­lich über die Grund­lagen der Gesell­schaft nachdenkt. Volker Braun hat für alles den Begriff »Über­gangs­ge­sell­schaft« gefunden, der auch der Titel der jetzigen Ausstel­lung in der Berliner Akademie der Künste ist. Den finde ich tref­fender.

artechock: Es gibt eine irrwit­zige Passage in einem Gefängnis: Die Gefan­genen kriti­sieren die Wärter, die Wärter üben dann so eine Art Selbst­kritik… Es ist klar, dass die Zeit der Sprache vorbei ist, aber man hat noch keine neue.

Heise: Ja, die versuchen dort alle ein Schrift­deutsch zu sprechen. Das ist etwas ganz Merk­wür­diges. Ich bin nachts angerufen worden von einem Kollegen. In der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 1989 waren da Unruhen, die Gefan­genen hatten es irgendwie geschafft aus den Zellen heraus­zu­kommen und aufs Dach zu klettern. Die Situation ist dadurch beruhigt worden, dass der Gefäng­nis­di­rektor sagte: »Ich kümmere mich darum, dass das Fernsehen kommt.« Und wir waren »das Fernsehen«. Wir wurden da auch benutzt. Eine völlig irre, absurde Situation. Nachher durften wir auch mit den Gefan­genen reden. Was auffällig war: Dass die Gefan­genen eine bessere Sprache hatten, als die Wärter. Was natürlich damit zu tun hatte, dass die da zehn Jahre oder mehr eige­sessen hatten, und viel Zeit zum Lesen und zum mitein­ander-reden hatten, und daher auch die Sätze besser bauen konnten. Während die Wärter mit anderen Menschen nur in Befehls­form gespro­chen hatten. Es war ein merk­wür­diges Gemisch aus dieser DDR-Beam­ten­sprache und dem, was sie wirklich bewegte.

Heise: Es ist völlig irrwitzig: Ein für mich absolut utopi­scher Moment: Wo Gefangene und ihre Wärter gemeinsam darüber reden: Was ist der bessere Knast?

artechock: Es gibt in ihrem Film ein Verbin­dungs­glied: Sie zeigen Momente des Aufstands. Was ich mich frage: Mir schien es, dass die Sprache des Aufstands einander ähnelt. Dass man da sehen kann: Es gibt Momente, wo Menschen die Floskeln durch­bre­chen und zu einer direkten »Basis­sprache« zurück­finden. Zu relativ klaren, kurzen, sich wieder­ho­lenden Kommu­ni­ka­tionen…

Heise: Das Tolle ist, das ist uns auch erst im Schnitt aufge­fallen – dass die alle »Ich« sagen: »Ich möchte jetzt hier etwas sagen.« Aber es geht nicht nur über Sprache, sondern auch um Bilder. Was in manchen Passagen wie der Gefäng­nis­szene wieder deutlich sichtbar wird: Die utopi­schen Elemente der Ereig­nisse. Man hat sie vergessen. Aber man sollte sehen: Da war doch noch was. Da ist eine Sehnsucht, und man merkt: Die ist heute verloren.

artechock: Wenn Sie jetzt 2009 die Bilder aus dem Iran und den dortigen Unruhen sehen: Finden Sie da Ihre Vergan­gen­heit und deren Erleb­nisse wieder?

Heise: Eigent­lich nicht. Da würde ich jetzt auch zehn Jahre warten. Und dann das Material angucken.

artechock: Was ist der Vorteil dieses zeit­li­chen Abstands? Schauen wir da anders drauf?

Heise: Ich weiß gar nicht, ob es ein Vorteil ist. Aber ich bin das gewöhnt, weil die Sachen, die ich in der DDR gemacht haben, nie aktuell waren. Meine Erfahrung ist, dass der Abstand gut ist. Ich mache ja als Doku­men­tar­filmer keinen Tages­jour­na­lismus, sondern komme immer zu spät, weil ich ein paar Monate im Schnei­de­raum zubringe. Ich darf mich also um die Gegenwart gar nicht kümmern. Sondern ich muss mich eigent­lich darum kümmern: Wie sieht der Film in 600 Jahren aus? Was passiert dann? Dann sind andere Fragen wichtig, nicht der ganze Quatsch, der so statt­findet. Zum Beispiel: Immer wieder wenn ich irgendwo drehe, sind irgendwo Wahlen. Man meint dann, da muss man die Wahlen irgendwie vorkommen lassen. Und dann hat man das Material am Schnei­de­tisch, und schmeißt es sofort weg. Das Tages­ak­tu­elle ist immer schon am nächsten Tag unin­ter­es­sant.

artechock: Musik spielt in Material auch eine wichtige Rolle. Sie verwenden sie sparsam, aber wenn, dann sehr bedeu­tungs­voll: In der Passage, in der sie den 8. November zeigen, kommen mehrere Leute zu Wort in langen Ausschnitten, dann immer kürzer, fast stak­ka­to­haft, dann erscheint Egon Krenz, der ein paar Wochen zuvor Honecker abgelöst hatte. Der redet wieder länger. Darunter hörte man schon vorher Musik, zuerst ganz sachte, leise, aber sie schwillt langsam an, zuerst kaum bemerkbar, dominiert sie mehr und mehr und am Schluß der Szene macht sie den Krenz fast mundtot… Erklären Sie das bitte mal…

Heise: Das ist ein Stück von Charles Ives. Das hat er geschrieben zum Untergang eines Schiffes. Ives war für mich schon als Jugend­li­cher eine Entde­ckung. Der inter­es­sierte mich schon immer. Was ich an Ives spannend finde, ist, dass die Art und Weise wie der Musik macht, etwas zu tun hat mit der Art und Weise, wie ich glaube, Filme zu machen: Das sind Collagen und Montagen aus verschie­denen Tonfetzen, die er zusam­men­setzt.
In diesem Fall ist es auch ein komplettes Stück, ungekürzt, unbe­ar­beitet, nicht irgendwie leiser oder lauter einge­spielt. Es war nötig, in dieser Szene irgend­etwas zu machen. Die große Oper, die das ja auch ist, dieser große Untergang, wenn Krenz vom Sozia­lismus redet, voller Pathos, brauchte diese Musik. Das ging nicht anders.

artechock: Der Krenz glaubte auch wirklich daran in dem Moment…

Heise: Unbedingt.

artechock: In dieser Passage empfindet man auch mehrfach stark die Absur­dität dieser Situation. Können Sie sich erinnern, wie Sie das erlebt haben, was die Menschen in diesem Moment geglaubt haben?

Heise: Na, was die geglaubt haben, weiß ich nicht. Das waren ja alles Genossen. Ich war ja keiner, ich war ja nur da mit der Kamera. Was ich inter­es­sant fand in dem Moment: Dass da verschie­dene Gruppen waren. Das war ja keine homogene Masse. Wenn die am Schluss Die Inter­na­tio­nale singen, dann ist die ja am Anfang verschoben: Die einen langsamer die anderen schneller. Erst am Ende einigt sich das irgendwie. Mein Eindruck war, und das ist als Erin­ne­rung ganz stark: Wenn es nicht am nächsten Tag diese merk­wür­dige Meldung gegeben hätte von Schab­owski, dann hätte es die nicht mehr gegeben. Die Basis der Partei hätte die Führung verab­schiedet. Deswegen musste die Mauer aufgehen. Das war die einzige Möglich­keit, noch eine Weile an der Macht zu bleiben. Die haben gedacht: Sie gewinnen damit Zeit. Indem sie Dampf aus dem Kessel lassen.

artechock: Zur Maueröff­nung heißt es im Tenor der west­li­chen Seite ist ja immer der: Das ist dem Schab­owski unter­laufen… Was Sie sagen, läuft darauf hinaus, es sei ein Kalkül gewesen.

Heise: Es wurde nie genauer befragt, was das eigent­lich bedeutet, diese merk­wür­dige Veran­stal­tung der SED am 8.November: Die Leute unten rufen »Parteitag«. Schab­owski sagt: »Partei­kon­fe­renz«. Das ist ein juris­ti­scher Unter­schied – die meisten wissen das nicht: Der Parteitag kann die komplette Führung verab­schieden, die Partei­kon­fe­renz nicht. Eigent­lich geht es darum, dafür zu sorgen, dass man diese Basis, die ja so aufgeregt war, die diese Führung nicht mehr will, das man die beruhigt. Und das schaffen sie nicht, das sehen sie in dem Augen­blick. Da hat natürlich keiner mehr geschlafen – wie bei Macbeth. Und man selber auch nicht, man rannte ja auch nur noch so herum.

artechock: Noch einmal zurück ganz zum Anfang: Sie zeigen da ganz zu Beginn ausführ­lich eine Thea­ter­probe am Deutschen Theater in Berlin. Warum? Worum handelt es sich da?

Heise: Diese Person, die man sieht, das ist Fritz Marquardt, ein Thea­ter­re­gis­seur. Ich denke, man sieht: Das ist ein Regisseur und sein Bühnen­bildner. Die sitzen vor einem Modell und streiten sich. Es geht um das Verhältnis von Zuschau­er­raum und Bühne. Die machen sich ungeheure Gedanken um das, was sie da treiben. Das fand ich fantas­tisch. Denn das sieht man sehr selten. Oft geht es auch in der Kunst immer nur darum: Wie machen wir etwas so, dass es möglichst viele Zuschauer toll finden? Aber die beiden meinen das ernst, das betrifft sie! Man sieht das Exis­ten­ti­elle, wenn die sich mit Kunst befassen.

artechock: Das Verhältnis von Zuschau­er­raum und Bühne – das ist natürlich genau das, was in der Revolte 1989 erschüt­tert wurde… Wir sind also damit gleich im Zentrum des Films

Heise: Natürlich geht es darum. Stimmt alles. Trotzdem: Sie überlegen schon: Was bedeutet das? Nehmen Sie doch mal alles 1:1, was Sie da sehen. Dann wird es leichter.
Die Zuschauer müssen nicht wissen, dass das der Regisseur Fritz Marquardt ist. Sie müssen nicht wissen, dass das Stück Germania Tod in Berlin heißt und von Heiner Müller stammt. Sie müssen nicht wissen, dass Fritz Marquardt derjenige war, der Heiner Müller durch­ge­setzt hat in der DDR. Sie müssen noch nicht mal wissen, dass es keinerlei Film­ma­te­rial gibt über Fritz Marquardt. Der ist so vergessen! Das ZDF inter­es­siert sich nicht für den. Ich habe bei dem gear­beitet. Das ist mein Lehrer. Darum leiste ich mir das einfach, Ihnen Marquardts Arbeit vorzu­führen. Und deswegen am Anfang des Films, weil ich weiß: Da geht noch keiner raus. Das müssen sich alle angucken und viel­leicht haben sie ja Freude dran. In ihren Gesprächen über da Müller-Stück geht es um den Anzug der einem nicht passt. Und dieser unpas­sende Anzug ist auch das Problem dieses Films. So versuche ich zu erzählen.