»Ich wollte einfach gutes Entertainment« |
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Auf Bewährung: Ulrich Thomsen als Neonazi Adam |
Anders Thomas Jensen wurde am 6. 4. 1972 in Frederiksværk in Dänemark geboren. Seit 1996 gehört er zu den gefragtesten Drehbuchautoren der kleinen, aber ungemein produktiven Filmnation. Unter anderem schrieb er 1999 die Drehbücher für die »Dogma«-Filme Mifune und The King Is Alive (der Shakespeares »King Lear« in die Wüste verpflanzt).
Neben weiteren ernsten Filmen – z.B. Susanne Biers Open Hearts und Brothers – Zwischen Brüdern – schrieb er auch leichte Komödien wie In China
essen sie Hunde. Dreimal führte er selbst Regie, zuletzt in Adams Äpfel, einer Art zeitgenössischer Hiob-Geschichte um einen Pfarrer, der sich um Ex-Häftlinge kümmert, die resozialisiert werden sollen.
Mit dem Regisseur sprach Rüdiger Suchsland.
artechock: Sie haben mit gerade einmal 34 Jahren bereits eine Unmenge von Drehbüchern geschrieben: 35 – so viel schaffen andere ihr ganzes Leben nicht. Schaut man genau hin, ist ihr Name mit sehr vielen Erfolgen verbunden, die das dänische Kino im vergangenen Jahrzehnt feiern konnte, unter anderem auch zwei der vier ersten Filme der »Dogma«-Bewegung. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Anders Thomas Jensen: Das wüsste ich auch gern. Es freut mich, dass ich offenbar einen Nerv treffe. Dass ich soviel schreibe, finde ich gar nicht. Wenn man sich jeden Tag an den Tisch setzt und ein paar Ideen aufschreibt, kann man schon drei, vier Drehbücher pro Jahr fertig stellen. Ich habe nur das Glück, dass viele meiner Drehbücher auch verfilmt werden, und mir bisher die Ideen nicht ausgehen.
artechock: Pro Jahr gibt es zur Zeit im Schnitt drei Filme, die von Ihnen geschrieben werden. Wird es Ihnen nicht selbst manchmal etwas zu viel?
Jensen: Noch nicht, zumal ich für Abwechslung sorge. Darum habe ich auch in diesem Fall einmal wieder selbst Regie geführt.
artechock: Adams Äpfel handelt von einem Pfarrer, der nur das Gute will, und einem Neonazi, auch von Fundamentalismus. Ist das ein politischer Kommentar auf Ihre Heimat?
Jensen: Eigentlich gar nicht. Ich wollte einfach gutes Entertainment.
artechock: In letzter Zeit hörte man aus Dänemark aber auch von Neonazis und Rechtspopulisten. Außerdem gab es den »Karikaturenstreit«. Und in Ihrem Film geht es um Toleranz und deren Grenzen – da kann es Sie doch nicht überraschen, dass die Leute Parallelen ziehen
Jensen: Nein, das wundert mich gar nicht. Man muss wirklich an den Karikaturenstreit denken. Und die Rechten in meiner Heimat sind ein schlimmes Phänomen. Ich verabscheue sie. Aber ich wollte mit meinem Film nichts direkt Politisches bewirken. Mir geht es auch nicht etwa darum, mich über »Gutmenschen« und 68er lustig zu machen. »Adams Äpfel« hat aus meiner Sicht eine ganz humanistische Botschaft.
artechock: Wo möchten Sie hin als Autor und Filmemacher?
Jensen: Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht.
artechock: Machen Sie etwa nur Filme, um damit Geld zu verdienen?
Jensen: Geld ist eine schöne Sache. Aber ich will schon auch etwas bewirken. Aber ich denke darüber beim Schreiben nicht nach.
artechock: Sie haben insgesamt drei Dogma-Filme geschrieben, gleichzeitig aber auch mehrere Komödien, zum Teil – ohne Ihnen zu nahe zu treten – nicht gerade Tiefsinniges, eher ziemlich alberne Geschichten wie Dänische Delikatessen. Wo sehen Sie Ihre Position im dänischen Kino, etwa im Verhältnis zu Lars von Trier, dem berühmtesten Vertreter des dänischen Kinos?
Jensen: Mich interessieren ernste Stoffe und Humoristisches. Ich will mich nicht festlegen, sondern beides machen. Wir alle in Dänemark haben Lars von Trier viel zu verdanken. Ohne ihn gäbe es die Aufmerksamkeit für unser Kino nicht. Aber ich sehe mich nicht als Angehörigen oder gar Anhänger der Dogma-Bewegung. Ich habe Drehbücher geschrieben – für den Stil sind die Regisseure verantwortlich. Ich denke, was unseren persönlichen Geschmack und die Art der Arbeit als Regisseure, die Inszenierung angeht, sind Lars und ich Antipoden.
artechock: Läge es da nicht nahe für Sie, eine Satire über »Dogma« zu drehen? Man würde das jedenfalls als Liebhaber des dänischen Kinos gerne sehen. Oder hackt eine Krähe der anderen dann doch kein Auge aus?
Jensen: Doch doch, durchaus. Sie werden es nicht glauben, aber genau das, wovon Sie sprechen, haben wir gerade gedreht. Es ist eine Geschichte über einen Mann, der im Kino mit seiner Tochter einen Kunst-Film anguckt und dadurch so aggressiv wird, dass er ein Tier tötet. Und dann kommt er ins Gefängnis. Als er wieder draußen ist, will er sich am Regisseur rächen, und verfolgt ihn. Natürlich heißt dieser Regisseur nicht Lars von Trier, aber die Parallelen sind offenkundig. Jeder, der sich nur ein bisschen auskennt, weiß, worauf wir anspielen.