»In erster Linie eine lustige Idee« |
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Kresten & Liva |
Denen Dänen ist ja alles zuzutrauen: Da setzen sich vier von ihnen, Filmemacher von Beruf und Berufung, eines Tages zusammen und beschließen, dem Kino wieder seine Kraft und Reinheit zurückzugeben. Sie formulieren (nicht ohne Ironie) das Dogma 95, einen strengen Kanon von Regeln, der fast alles untersagt, was die Filmtechnik an Bearbeitungsmöglichkeiten bietet. Und siehe da: Mit wackliger Handkamera und ruppiger Ästhetik gelingen ihnen gleich zu Anfang zwei große Würfe
– Thomas Vinterbergs Festen (Das Fest) und Lars von Triers Idioterne (Idioten).
Der Erfolg bei Publikum und Kritik ist zu Recht groß. Mit Mifunes sidste sang (Mifune) erreicht deshalb nun bereits „Dogma #3“ die deutschen Kinos – und man darf darauf
gespannt sein, welch Aufnahme er finden wird. Denn Søren Kragh-Jacobsen hat den Versuch unternommen, im Rahmen der Dogma-Regeln so nah wie möglich an eine konventionelle Film-Ästhetik heranzukommen.
Unser Mitarbeiter Rüdiger Suchsland hatte Gelgenheit, den Regisseur dazu zu befragen.
artechock: Vom Leben auf dem Land halten Sie wohl nicht viel?
Søren Kragh-Jacobsen: Ich habe dort nie gelebt. Ich bin in Kopenhagen aufgewachsen, und habe mein ganzes Leben in der Stadt verbracht. Und dort habe ich viele getroffen, wie Anders meine Hauptfigur, diese Yuppie-Typen. Die Stadt kreiert solche Typen. Und ich bin sicher selbst ganz lange so gewesen.
artechock: Und heute nicht mehr? Der ist ja nicht durchweg schlecht.
Kragh-Jacobsen: Nein, ich denke nicht. Dinge passieren, wenn man über 40 ist. Und ich bin über 50.
artechock: Was passiert denn? Ich bin noch nicht so alt, und würde es gerne wissen.
Kragh-Jacobsen: Wirklich? Na ja, ich war ziemlich ehrgeizig, früher. Seit ich 25 bin. Vor allem beruflich. Und bis ich Ende 30 war, habe ich mich immer umgeschaut, ans nächste Projekt gedacht, auf andere geachtet, und mich mit denen verglichen. Auf mich selbst habe ich nie geschaut. Das geht erst mit Ende 30 los. Und wenn man einmal damit anfängt, wird man ein anderer Mensch.
artechock: In Mifune geht es ja auch um einen, der sein Leben ändert. Das hat also viel mit Ihnen selber zu tun?
Kragh-Jacobsen: Ja. Meine früheren Filme machte ich oft nur, weil die Produzenten es wollten. Und da haben total viele Leute mitgeredet. Island of Bird Street zum Beispiel habe ich zwar sehr gerne gemacht, aber es war doch rückblickend auch ein Film, dessen Entstehungsprozeß ich gehaßt habe. Die Companys haben mir total reingeredet. Amerikanische Produzenten, die wollten, daß ich eine Art dritte Fortsetzung
von Home Alone (Kevin – Allein zu Haus) drehe. Im Ernst!
Die haben sich nicht darum gekümmert, ob sie irgendetwas mit europäischer Kultur am Hut haben.
artechock: Kamen Sie darum darauf, sich der »Dogma95«-Bewegung anzuschließen?
Kragh-Jacobsen: Ja, ich hatte schon lange darüber nachgedacht: Warum muß ein Film so „schwer“ sein, warum müssen wir uns so von der Technik tyrannisieren lassen? Warum kann man nicht ein filmisches Pendant zur „unplugged music“ realisieren, durch die wir überhaupt wieder mitbekommen, wie gut die Musiker sind? Und dann kam Lars von Trier mit diesen Ideen: Kein künstliches Licht, keine feste Kamera, und so weiter... Ich fand das amüsant. Ich fand es sehr witzig.
artechock: Witzig schon, ja, aber inwiefern ist „Dogma“ denn überhaupt ernst gemeint? Ist das nicht in erster Linie ein großer ironischer Scherz? Allein schon der Name „Dogma“.
Kragh-Jacobsen: Oh nein. Sie müssen wissen, daß „Dogma“ außerhalb von Skandinavien ein viel stärkes Wort ist. Es hat mit Religion zu tun, mit Strafandrohung. Ich kannte das Wort, aber die Bedeutung war mir vorher nicht klar.
artechock: Sie wissen aber, daß es die Päpste sind, die Dogmen verkünden?
Kragh-Jacobsen: Ja, und Lars von Trier ist ja katholisch. Und dann dieses sogenannte „Keuschheitsgelübde“, das wir unterschreiben müssen... Also ich sage ihnen ganz ehrlich, darauf gebe ich einen Scheißdreck.
Aber „Dogma 95“ hat auch einen sozialen Aspekt. Wir sind zu viert. Ich habe noch nie zuvor mit anderen zusammengearbeitet, so wie jetzt, wo wir gemeinsam diskutiert haben: Was ist »Dogma«, was sind die „Regeln“, wie kann man sie interpretieren?
Wir sind uns alle einig, daß es in erster Linie um Spaß geht. Speziell Lars und mir hat das die Freude am Filmemachen zurückgegeben. Er wußte, daß ich es nicht mehr so toll fand. Spätestens nach
Island of Bird Street dachte ich: Jetzt ist Filmen ein normaler Job geworden.
Als ich angefangen habe, war es so voller Freude. Und dieses Gefühl wollte ich nach über 20 Jahren wiederbekommen.
Aber andererseits, das kann ich Ihnen versichern: Als wir da zusammensaßen, war es kein Scherz, keine Zuschauerverarschung. Es ging uns nicht um ein möglichst geschicktes kommerzielles Projekt –wie das jetzt von manchen behauptet wird: »Dogma« sei ein Marketinggag, oder so etwas, blabla...
Wir waren ja auch ziemlich unbekannt, also wer
hätte damit rechnen können, daß wir soviel Wind mit diesen Ideen machen?
Ich fand es in erster Linie eine lustige Idee.
artechock: Wie verhält sich Mifune zu den anderen Dogma-Filmen ?
Kragh-Jacobsen: Ich wollte einen leichten Sommer-Film drehen, eine Art Situationskomödie. Nicht zu platt witzig, aber schon wirklich lustig. Über ein paar Leute, die sich irgendwo treffen. (In gewisser Weise geht es darum immer in Geschichten: Leute, die nichts miteinander zu tun haben, treffen sich.) Jedenfalls ein Kammerspiel. Das wollte ich: Ein Kammerspiel mit vier Personen. Und ich wollte zuallererst mich selbst amüsieren. Den Spaß zurückgewinnen. Einen schönen Sommer verbringen, umgeben von schönen Menschen. Und das ist mir bestimmt gelungen!
Und noch etwas zu diesen „Dogma“-Regeln: Wenn man sich mit denen näher beschäftigt, mit ihnen arbeitet – da gibt es natürlich bei uns allen das Gefühl, als wir anfingen, am Dehbuch zu arbeiten: Mann, das wird ziemlich schwer, wie werde ich das wohl machen, wie kann ich tricksen, diese Regeln umgehen? Wenn ich das gewollte hätte, hätte ich es mir sehr sehr einfach machen können. Ich hätte einfach in einem dänischen Filmstudio drehen können, und behaupten: Ok, meine Story ist eine Liebesgeschichte zwischen einem Scriptgirl und einem Kameramann. Wenn man tricksen will, dann kann man das sehr leicht. Aber ich wollte lieber wissen, was ich mit ihnen erreichen kann. Und ich fand sie ziemlich befreiend. Ich habe mich hingesetzt, und wollte endlich wieder einmal eine Liebesgeschichte erzählen – das hatte ich lange nicht gemacht. Und der Schauplatz Lolland, die totale Pampa in Dänemark, der war mir so fremd, daß er interessant war. Und dann ist der Film wirllich sehr spontan entstanden: Wir hatten nur einen Haupterzählstrang (die Begegnung ungleicher Menschen an einem fremden Ort – und alle lügen über sich selber); kein richtiges Drehbuch, der Schauplatz – das Haus in dem alles spielt – war ein Zufallsfund. Das einzige, was sehr früh feststand, waren die Schauspieler. Und mit denen haben wir dann gemeinsam die Einzelheiten ausgearbeitet. Das war sehr spannend, und witzig: Der Schauspieler, der Anders spielt, hat mich gefragt: Was darf ich jetzt tun? Darf ich auf sie schießen? Nein, Pistolen sind verboten – ok, wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen. Man merkt einfach in der Arbeit, daß »Dogma« wirklich etwas bringt. Diese Regeln zeigen einem neue Wege. Man beginnt, das Spektakuläre in den kleinen Dingen zu entdecken.
Thomas Vinterberg hat es in Festen (Das Fest) geschafft: ein sehr ehrgeiziger, ganz phantastischer Film, wenn Sie mich fragen. Vielleicht ist Mifune mein bester Film. Ich weiß es nicht genau. Aber Festen ist ganz bestimmt Thomas Vinterbergs bester Film. Und Lars von Triers Idioterne (Idioten) ist ganz bestimmt der reinste „Dogma“-Film. Er hat es nicht daraufhin gestylt. Ich weiß nicht, warum das so gut klappt. Vielleicht geht es einfach darum, auf die Ursprünge des Filmemachens zurückzukommen: Gute Geschichten, gute Schauspieler, nichts mehr als das heißt Filmemachen. Wieviel Zeit verbringt man mit Vorbereitungen: hier 20 Minuten Licht, dort 20 Minuten Ton. Und es sind nie 20 Minuten, sondern alles dauert mindestens doppelt so lang. Mir ging es darum, die Atmosphäre zu ändern. Bei „Dogma“ geht es ja nicht um die Wackelkamera. Es geht um Handkamera. Mifune sieht traditioneller aus, aber nur, weil meine Kamera statischer ist, ruhiger. Ich wollte mit Mifune auch zeigen, daß dies möglich ist, ohne die Regeln zu brechen. Die Schauspieler haben sich auf diese andere Art zu arbeiten schnell eingestellt: Kein Licht, egal, laßt uns einfach filmen – das war die Atmosphäre. Es war mir auch wurscht, ob alle Anschlüsse gestimmt haben, ob die Leute immer exakt die gleichen Klamotten anhaben. Wenn Leuten das auffällt, interessiert sie der Film nicht. Wenn man gut ist, sind solche Dinge egal. Den Schauspielern ist nie kalt geworden, die mußten 6 bis 9 Szenen am Tag drehen, das ist unglaublich viel. Aber ihnen hat es Spaß gemacht, sie haben sich ganz eng mit dem Film verbunden gefühlt. Wie bringt man die Schauspieler zum Fliegen? Ich hatte noch nie so glückliche Schauspieler.
artechock: Wie hoch war Ihr Budget?
Kragh-Jacobsen: Eine knappe Million. 900.000 Dollar. Für einen Film ist das fast nichts. Ich habe seit 1982 keinen so billigen Film gemacht. Das ist ja kein Geld für einen Film. Es gibt im Prinzip keine finanzielle Grenze. Wenn Sie 100 Millionen zum ausgeben haben, dann können Sie die auch ausgeben. Aber um noch einmal auf „Dogma 95“ zu kommen: Ich möchte da schon noch etwas am Lack kratzen. »Dogma« ist kein neuer Kinostil. Es ist ein Event, eine Bruderschaft, um andere Filme zu machen mehr nicht. Andererseits hat es natürlich seine Vorteile, das ist schon klar. Ich habe mit Mifune sehr viele Erfahrungen gemacht, die in meine nächsten Projekte einfließen werden. Für einen »mittelalten« Regisseur wie mich ist das natürlich phantastisch. Man kann noch einmal quasi von vorn anfangen. Und für Newcomer ist es eine echte Chance: Es gibt so viele Leute in der ganzen Welt, die »Dogma 95« beitreten wollen Thomas Vinterberg kümmert sich um das Organisatorische – ich glaube es werden zur Zeit ungefähr 20 „Dogma“-Filme gedreht.
artechock: Ja, „Dogma 95“ ist ultrahip, es wird jetzt zur Mode. Und das bedeutet doch auch die Kommerzialisierung, der Sie doch gerade entgehen wollten. Sitzen Sie da nicht wieder in der Falle?
Kragh-Jacobsen: Vielleicht schon. Aber ich glaube, wir können nicht besser sein, als unsere Filme.
Wenn ich mit Mifune gefloppt hätte, wäre es für Kristian Levring sehr hart geworden, überhaupt Geld zu bekommen. Schauen wir mal, was passiert.
artechock: Irgendwo habe ich gelesen, daß Paul Morrissey einen „Dogma“-Film dreht ?
Kragh-Jacobsen: Ja, das stimmt.
artechock: Kann den jeder so einfach mitmachen ?
Kragh-Jacobsen: Ja, jeder. Es ist keine geschlossene Bruderschaft. Man muß ihn allerdings nach Kopenhagen schicken, wenn man den Stempel im Vorspann haben möchte. Und man muß bei uns vorbeischauen, und uns vier zu einem guten Essen einladen. [LACHT] So treffen wir viele interessante Regisseure. Jean-Marc Barr, der französische Schauspieler hat einen gemacht [Lovers, mit Elodie Bouchez in der Hauptrolle, inzwischen in Cannes gezeigt, und Ende Juni auf dem Münchner Filmfest zu sehen. Anm. d. Red.], und Harmony Corinne. Und vier weitere Dänen. Die sind jetzt zu zwei Dritteln vom dänischen Fernsehen finanziert.
artechock: Haben Sie in Berlin mit Mike Figgis oder Joel Schuhmacher geredet? Die äußerten sich dort nämlich ganz viel über „Dogma 95“. Und Figgis neuster Film, The Loss of Sexual Innocence ist ja im Prinzip genau wie ein „Dogma“-Film. Bis auf die Musik, die er sehr stark verwendet.
Kragh-Jacobsen: Ich weiß nur, daß Steven Frears und Kathryn Begelow jetzt meine Hauptdarstellerin Iven in ihren nächsten Filmen gecastet haben. Ich glaube aber, das Geheimnis von „Dogma 95“ ist nicht zuletzt der Schnitt. Der ist sehr genau, sehr durchdacht. Aber die Hauptsache ist die Geschichte. Das Technische kann ich jedem von Ihnen in einer Woche beibringen. Aber entscheidend ist: Wie kommt 'Musik' in das Ganze ? Wie bringt man Figuren zum Klingen ? Die Magie liegt hier.
artechock: Also zurück zur Story, zurück zu den Schauspielen ?
Kragh-Jacobsen: Ja, ganz genau. Wir müssen darauf mehr achten. In Europa war das zwar immer mehr der Fall, als woanders, aber trotzdem. Wir haben keine Stars und kein großes Publikum, weil die Amerikaner alle unsere Autoren nach dem Krieg übernommen haben. Heute sind 85 Prozent aller Filme, die in Dänemark anlaufen, amerikanisch. Vielleicht haben das die Leute satt. Ich fand ja Armageddon gar nicht schlecht, aber über den Film kann man nicht lange reden: Man sagt dann: Glaubt Ihr, daß ein Meteor womöglich die Erde treffen kann? Klar! glaubt Ihr, daß Bruce Willis uns dann retten wird Blödsinn! Und das Gespräch ist zuende. Und dann kommen wir wieder u den kleinen Geschichten.
artechock: Ist es mehr als ein Zufall, daß alle 3 bisherigen „Dogma 95“-Filme auf ihre Art Familiengeschichten sind ?
Kragh-Jacobsen: Ja bestimmt. Lars bringt eine feste Struktur zur Auflösung, Thomas erzählt von einer Familie, die er zur Auflösung bringt, und neu zusammensetzt, ich erzähle von einer Familie, die ich aus Einzelnen neu erschaffe, und Kersten macht etwas Ähnliches.
artechock: Da gibt es sogar eine Koinzidenz zum US-Kino. Denn viele US-Filme erzählen gerade Familiengeschichten; sie handeln von
der Dekonstruktion und Rekonstruktion der Familie. Wie ihr Film.
Kragh-Jacobsen: Exakt. Ja, das ist absolut richtig. Es gibt bei „Dogma 95“ auch in der Hinsicht nichts absolut Neues. Nur, daß wir wirklich
den final-cut haben. Keinen Produzent, der einem sagt: Wo ist denn die Liebesgeschichte? können wir nicht ein kleines Kind
einbauen, zumindest an die Straße stellen, damit die Zuschauer es sehen? Oder die Staatsbeamten in Schweden mit ihren
Auflagen. Schauen Sie doch, was nach
Bergmann gekommen ist.
Wir machen alles selber.
artechock: Finden Sie nicht, daß Sie auch einen dänischen Western gedreht haben? Dieses Lolland, das ist doch ein Hi-Lo-Country.
Kragh-Jacobsen: Ach, wenn Sie meinen...
artechock: Haben Sie schon ein neues Projekt? Wieder einen „Dogma 95“-Film?
Kragh-Jacobsen: Ja, aber kein „Dogma“-Film.
artechock: Jetzt sind Sie doch wirklich frei, und können endlich alles machen, was Sie wollen. Also was machen Sie? Etwas viel radikaleres?
Kragh-Jacobsen: Nein, das kann man nicht sagen. Ich plane drei Filme mit weiblichen Hauptfiguren. Es gibt sie nicht oft...
artechock: ...und Sie mögen auch schöne Frauen im Kino um ehrlich zu sein.
Kragh-Jacobsen: Ja, klar, das ist ein wichtiger Bestandteil [LACHT]. Es ist toll mit ihnen zu arbeiten. Und als Mann mal Frauengeschichten zu schreiben. Wir geben sie dann Frauen zum lesen [LACHT]. Es gibt zwar viele Frauen, die Regie führen, aber die erzählen immer Männergeschichten.
Der nächste Film handelt von einer schwangeren Frau, Iven macht die Hauptrolle. Und im Übrigen: Ich habe nicht die geringste Absicht, einen Film in
Amerika zu machen.
artechock: Haben Sie denn die Absicht, einmal einen etwas politischeren Film zu drehen? Vor 20, 30 Jahren scheint mir war europäisches Kino viel politischer. Heute sind die Geschichten privater eben Familiengeschichten. (Wobei die durchaus politisch sein können).
Kragh-Jacobsen: Ja, die Beobachtung ist richtig. Ich denke, es sind heute sehr verwirrende Zeiten, um politische Filme zu drehen. Das wird zwar schon kommen, so oder so. Aber wie, ...ich weiß nicht...
artechock: Nehmen wir doch Idioten. Finden Sie den nicht einen sehr politischen Film?
Kragh-Jacobsen: Ich weiß nicht...
artechock: ...Ich auch nicht...
Kragh-Jacobsen: ...Ich weiß nicht. Ich habe Idioten zweimal gesehen. Beim ersten Mal habe ich ihn gehaßt. Jeden Zentimeter. Ich habe Lars gesagt – wir haben uns in einer TV-Sendung bei Canal+ in Frankreich getroffen –, er fragte, wie ich Idioten finde, ich sagte: Lars, ich finde ihn widerlich! [LACHT] Lars hat das geliebt. Beim zweiten Mal habe ich ihn viel besser gefunden. Er ist wie ein Stück abstrakte Kunst: Man kann es nicht mehr vergessen. Aber ich fand ihn sehr sehr konzentriert. Aber er ist ein Kunstwerk. Mehr als meiner. Mehr als die meisten Filme. Natürlich ist jeder gute Film Kunst. Aber ich will auch meinen Spaß haben. Und ein großes Publikum unterhalten.
artechock: Also sind sie auch einer dieser „ironic guys“ die dauernd Filme machen, und nur Spaß wollen ?
Kragh-Jacobsen: Ja, klar. Ich will schon auch etwas Politisches machen. Ich habe da eine Idee, etwas über Terrorismus zu schreiben. Über Baader-Meinhof vielleicht... Aber nichts Historisches.
Und es wird auch in den nächsten Jahren viel über den Balkan geben.
artechock: Aber ist das nicht etwas nur sehr oberflächlich politisches? Ich finde Idioten und Mifune viel politischer, als beispielsweise Welcome to Sarajevo von Winterbottom der ein guter Film ist, aber kein politischer. Man muß keine Szenerie vorkommen lassen, sondern politische Geschichten erzählen.
Kragh-Jacobsen: Ich weiß, was sie meinen.