USA 1999 · 90 min. · FSK: ab 16 Regie: Josh Klausner Drehbuch: Josh Klausner Kamera: Michael Slovis Darsteller: Juliette Lewis, William Hurt, Shalley Duvall, Austin Pendleton u.a. |
Juliette Lewis, die sich ziemlich rar gemacht hat in letzter Zeit, sieht man gern einmal wieder in einer Hauptrolle; und dieses Wiedersehen ist Grund genug, The 4th Floor nicht links liegen zu lassen. Lewis steht ganz und gar im Mittelpunkt des Films, und es dauert kaum fünf Minuten, da ist es wieder da, dieses einmalige gewisse Etwas, das die Lewis vor vielen anderen zu einer der ganz großen Ikonen der 90’s werden ließ, zur Kate Moss des Kino – wenn man einmal pathetisch formulieren darf.
Leider wird die unzweifelhaft vorhandene große Kunst dieser Schauspielerin hier nur zu allenfalls 10 Prozent gefordert, meistens muss sie mit doch eher nichtssagendem Ich-fass-es-nicht-Blick in der Gegend herumtorkeln, muss hölzerne und sich permanent wiederholende Drehbuchsätze aufsagen, und sich so verhalten, wie sich kein ernstzunehmender Mensch verhalten würde.
Wahrscheinlich würde solcher Nicht-Realismus aber bei Josh Klausners Erstlingsfilm kaum ins Gewicht
fallen, würde er wenigstens das zuende erzählen, was er selbst angerissen hat.
Denn The 4th Floor beginnt gar nicht unsympathisch. Musik, Setting in New York, nach wenigen Minuten sind die beiden Stars, das Horrorgenre und die Grundsituation in angenehm klassischer, unspektakulärer Weise etabliert: Lewis ist mit Hurt liiert, sie zieht in das schöne Appartment ihrer Tante – aber ohne Hurt, der so gerne mit ihr ein gemeinsames »Home« gründen möchte: »Merkst Du nicht, was wir hier tun? Wir spielen zusammen. Und ich bin es satt,
zu spielen.«
Trotzdem bleibt Lewis stur. Doch bald häufen sich die Merkwürdigkeiten im Haus, mehr und nicht nur sonderbare, sondern erschreckende und ziemlich ekelhafte Dinge ereignen sich. Klassische Vorbilder hierfür sind die »frightened-wife-thriller« à la Midnight Lace oder Gaslight – aus jenen Zeiten, als Hollywood noch glaubte, die sich emanzipierenden Damen mit Angstmacherei wieder einfangen zu können. Man darf sich
hier auch an Polanskis Die Mieter oder Ekel erinnert fühlen – und der Film deutet durchaus an, nur als Psychostudie über die Binnensicht einer Hysterikerin gelesen zu werden, die sich in einer Welt von privaten und beruflichen Sachzwängen selbst entgleitet.
Auch das Hintergrundthema des doppelten »Home« wäre eine vertiefende Betrachtung wert: Das eine,
traumhafte, in das die junge Frau sich trotzdem nicht nötigen lassen will, und das andere, alptraumhafte, das ihr bereitwillig zum Ort des Horros wird.
The 4th Floor hätte also das Zeug zu mehr, wenn, ja wenn es einfach ein besserer Film wäre. Am fehlenden Geld liegt’s nicht, dass alles so gar nicht zündet, denn das Mini-Budget führt nur dazu, dass 80 Prozent des Films an einem Ort spielen.
Nur hat Klausner eher zuviel als zuwenig Ideen, und gleichzeitig zuwenig Selbstdisziplin, diese alle schlüssig zusammenzudenken. Zwar ist The 4th Floor nie über längere Strecken langweilig,
stellenweise sogar richtig spannend und bietet mit schrägen, gut besetzten Nebenfiguren – Shelley Duvall als Hauswirtin, als Schlüsselwart – interessante Momente. Doch alles zusammen bleibt hoffnungslos an den Haaren herbeigezogen und extrem beliebig. So verschwinden plötzlich die Figuren aus dem Film, brechen die Nebengeschichten ab, verändert sich die Perspektive völligwas hier keine Horror-Ästhetik ist, sondern nur schlechtes Handwerk. Was dabei insgesamt
herauskommt, zeigt am deutlichsten die letztliche Auflösung von Juliette Lewis Alptraumreise: Da hat Klausner nämlich zuvor drei bis vier Möglichkeiten besonders nahegelegt, und entscheidet sich schließlich für eine von ihnen – oder eben doch für drei gleichzeitig. Aber sehen Sie selbst. Um Juliette Lewis willen!
(Kleine abschließende Warnung. Manche Kritiker schreiben sie in jeden Text. Das ist natürlich übertriebene Pedanterie und obendrein überflüssig. Hier aber stimmt es leider absolut: Die deutsche Synchronisation des Films ist noch nicht einmal synchron und auch sonst hundsmiserabel. Schon Lewis 20 Jahre zu alte deutsche Stimme ist nur etwas für Masochisten.)