USA 1998 · 102 min. · FSK: ab 6 Regie: Ivan Reitman Drehbuch: Michael Browning Kamera: Michael Chapman Darsteller: Harrison Ford, Anne Heche, David Schwimmer, Jacqueline Obrados u.a. |
»Sophistication« – das war das Zauberwort bei den screwball-comedies aus der Blütezeit des klassischen Hollywood-Kinos. Brillant funkelnde Dialoggefechte voller Witz und subtiler Zweideutigkeiten, perfekter Rhythmus bei rasantestem Tempo, ein gerüttelt Maß an Selbstreflexivität und Handwerk vom Feinsten: Geistsprühend in jeder Minute hatten diese Filme zu sein, um dem Anspruch des Genres gerecht zu werden.
Wenn Ivan Reitman auf die Idee kommt, sich auch einmal an dieser Art von Komödie zu vergreifen, dann sieht das etwa so aus: Anne Heche (in der Rolle einer selbstbewußten und -bestimmten, leicht unterkühlten Karrierefrau) steht bis zum Bauch im Wasser – da kriecht ihr eine Schlange in die Shorts. Was eine Freud! Da muß Harrison Ford (Typ: ruppiger Buschpilot mit Macho-Appeal und deutlich prä-feministischem Weltbild) freilich beherzt ein- und rein- und zugreifen. Und weil wir ja
alle wissen, daß Frauen nichts auf dieser Welt mehr lieben als wenn Männer, die sie nicht ausstehen können, ihnen mal kräftig ans Gemächt fassen, ist dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
So subtil und sophisticated ist denn Six Days Seven Nights.
Zweier beliebter und besterprobter Grundideen bedient sich der Film:
(a) Ein höchst gegensätzliches Pärchen wird durch äußere Umstände gezwungen, längere Zeit eng miteinander zusammen zu sein.
(b)Weiße Menschen müssen in die Wildnis, um dort ihre zivilisationsbedingten Hemmungen und sonstigen Probleme zu beseitigen.
Beides sicher nicht ganz taufrische Konzepte – aber das müßte ja noch lange nicht bedeuten, daß man ihnen mit etwas Glück, etwas Salz und viel
Pfeffer – sowie einigen frischen Ideen – nicht noch einmal überzeugend neues Leben einhauchen könnte.
Nur – wenn es um Ideen geht, ist man bei den Machern von Six Days Seven Nights leider an die ganz Falschen geraten. Ivan Reitman und Drehbuchautor Michael Browning sind wie gute Statiker: Ihnen fällt nichts ein. Wann immer es eine naheliegende Lösung für etwas gibt, verlassen sie sich mit Sicherheit darauf – wann immer
aber die richtige künstlerische Entscheidung nicht auf der Hand liegt, wird eine beliebige an den Haaren herbeigezerrt.
Optisch und filmisch gerät das Werk so zur absoluten Nullnummer – bravstes Handwerk nach den Regeln der transparenten Oberfläche. (Einzige Ausnahme: Der Flug von Harrison Fords klapperiger Maschine durch die Gewitterwolken ist von einer wahrhaft grandiosen Künstlichkeit; eine Reise durch eine gemalte Welt. Leider ist das aber keinem Regieeinfall zu verdanken, sondern nur den mißratenen Special Effects.) Und die Geschichte ist meist bis ins Detail vorhersehbar – was ja überhaupt nicht stören würde, wenn die Handlungsklischees eine gekonnte, flotte und witzige Ausfüllung erführen. Aber auch da heißt’s »Fehlanzeige«.
Nicht weniger konservativ als die Wahl des Stoffs und der ästhetischen Mittel erweist sich dann auch das Weltbild des Films. Wer Sehnsucht hat nach einem Streifen, in dem alle Nicht-Weißen entweder fleißige Bedienstete, naive und sexhungrige Maiden oder fiese und tumbe Verbrecher sind – hier gibt’s das tatsächlich noch zu erleben. Wer schon immer wußte, daß alles, wonach sich unabhängige, beruflich erfolgreiche Frauen wirklich sehnen, ein starker Mann ist, der sie mal
wieder so richtig hernimmt, der sagt, wo’s langgeht, und der ihnen fünf Kinder macht – bitt'schön: hier wird’s bestätigt.
Fast (aber wirklich nur fast) hat der Film schon etwas Rührendes in seiner Beschränktheit und Antiquiertheit – so ein bißchen wie ein alterndes Raubtier im Zoo; eines der letzten seiner Art, dem langsam die gefährlichen Reißzähne ausfallen. Indirekt gibt Six Days Seven Nights sogar zu, daß er nicht mehr so
recht auf der Höhe der Zeit ist: Die Rettung der Protagonisten kann nur durch einen fast surrealen Griff tief in die Vergangenheit erfolgen – erst ein paar Ersatzteile aus dem Zweiten Weltkrieg machen alles wieder tragfähig.
Allerdings: Die Zeiten haben sich doch so verändert, daß nicht mal ein Film von Ivan Reitman seine angestaubte Ideologie ohne sichtbar werdende Brüche durch zwei leidlich dröge Stunden hieven kann. Harrison Fords Charakter (ohnehin bedenklich alt, wie uns der Film wissen läßt) kann sich nur mit deutlichen Blessuren ins Happy End schleppen, und er versichert uns, daß durch die neue Frau in seinem Leben selbiges erheblich komplizierter sein wird.
Aber das macht Six Days Seven Nights allenfalls ein bißchen interessanter – retten können diese Dinge das erbarmungslos mittelmäßige Machwerk ebensowenig wie die Darsteller. Dabei hätte das komödiantische Talent von Harrison Ford und Anne Heche (und die Chemie zwischen den beiden) durchaus gereicht, um die screwball-Tradition in halbwegs würdiger Weise fortzusetzen. Aber diese Chance haben Reitman und Browning gründlichst vertan, und es bleibt nur die wehmütige
Feststellung, daß hier ein wunderbares Genre weiterhin seiner Wiederbelebung harrt.
Da hilft wohl nur eins: Gebrüder Coen, bitte übernehmen sie!