Frankreich 2002 · 111 min. · FSK: ab 12 Regie: François Ozon Drehbuch: François Ozon, Marina de Van Kamera: Jeanne Lapoirie Darsteller: Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Fanny Ardant u.a. |
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Nr. 8 am Boden |
Antonioni, Bunuel, Boyle, Chabrol, de Palma, Godard, Haneke, Ophüls, Polanski, Rivette, Schlöndorff, von Trier, Truffaut, Varda, Wenders – um nur einige wenige der Regisseure zu nennen, mit denen die Darstellerinnen, die François Ozon für 8 Femmes versammelt hat, schon gedreht haben. Ein Plateau aus Geschichte und Geschichten des Kinos, eine Maschine aus Erinnerungen. Und es scheint, dass Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Fanny Ardant, Virginie Ledoyen, Danielle Darrieux, Ludivine Sagnier und Firmine Richard an diesem Treffen der besonderen Art Spaß gehabt haben.
Der Beginn des Films ist idyllisch, ein Schwenk über eine Winterlandschaft, der irgendwann ein pittoreskes Haus findet. Ein Konglomerat aus Leinwandmalerei und Studiobauten, der Raum ist überstilisiert und scheint genau auf diese Künstlichkeit hinauszuwollen. Ein Märchenland. Im Inneren des Hauses trifft sich die Familie, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Langsam trudeln die letzten Gäste ein. Doch was nett und harmonisch hätte verlaufen sollen erfährt eine plötzliche Wendung, als der Herr des Hauses tot aufgefunden wird. Eine der einfachsten Versuchsanordnungen des Kinos also überhaupt: Ein Raum, ein Mord und irgendeine der Anwesenden muss die Mörderin sein.
Ohne den männlichen Diskurs geben sich die Frauen lustvoll ihren ureigensten Hysterien hin. Sie intrigieren, verdächtigen, lügen, betrügen, beschuldigen... Drei Generationen Weiblichkeit, versammelt in einem eingeschneiten Haus und keine der Damen scheint sauber zu sein. Eine weiß etwas über die Nächste, was die anderen noch nicht gewusst haben. Einzig die musikalischen Zwischenspiele, Tanzeinlagen und Chansons, die ab und an einfach aus dem Film herausbrechen, bringen die Figuren wieder ein bisschen näher. In bunte Pralinenkostüme gehüllt folgen die Furien ihren Ticks, überzeichnen, in ihrem Spiel, in ihren stereotypen Charakteren.
8 Femmes war ursprünglich ein Theaterstück und die Adaption ist unschwer zu erkennen. Bis auf die bebilderten flashbacks, die Enthüllungen, die Rekonstruktionen der Mordnacht, findet fast jede Szene in der Eingangshalle des Hauses statt. François Ozons Film ist eine Zeitreise, zurück in die Filmgeschichte, fast schon in die Anfänge. Als hätte es die ganze cinéma pur-Diskussion nie gegeben. Als hätte die Nouvelle Vague mit ihrem Hass auf Marcel Carné und das Illusions- und Kitschkino in Frankreich nie stattgefunden. 8 Femmes ist eine Hommage. An die Vergangenheit und an seine Darstellerinnen. Die Konzentration auf das Schauspiel, die Selbstinszenierungen der Damen tun dem Vergnügen keinen Abbruch. Schließlich durften sie lange genug üben – und nur mit den besten Regisseuren.