Deutschland 2018 · 132 min. · FSK: ab 16 Regie: Christian Alvart Drehbuch: Christian Alvart Kamera: Jakub Bejnarowicz Darsteller: Moritz Bleibtreu, Jasna Fritzi Bauer, Lars Eidinger, Fahri Yardim, Enno Hesse u.a. |
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Handwerklich stimmt vieles... |
Es ist kein Routinefall für Rechtsmediziner Paul Herzfeld, den Chefpathologen an der Berliner Charité. Auf seinem Obduktionstisch liegt ein schrecklich zugerichtetes Mordopfer aus dem Spreewaldpark, das aussieht, »als habe man dem Kopf die Luft entzogen«. Und noch etwas ist auffällig: Das CT zeigt einen Fremdkörper im Kopf, bei dem es sich nicht um eine Patronenkugel handelt, sondern vielmehr um eine Kapsel mit einem Papierzettel darin. Eine Botschaft an den Finder Herzfeld. Denn auf dem Zettel steht die Telefonnummer von seiner Tochter Hannah. Herzfeld weiß nun: Die Tochter ist entführt. Und schnell stellt sich heraus, dass dies und der erschreckende Fund nur der Beginn eines noch weitaus komplizierteren Katz-und-Maus-Spiels sind, das der Entführer mit dem Rechtsmediziner spielen will.
Dann wird die zweite Heldin des Films eingeführt; und der zweite Schauplatz, die Nordseeinsel Helgoland während eines schrecklichen Sturms. Dorthin hat sich Comic-Zeichnerin Linda vor ihrem Ex-Freund zurückgezogen. Bei einem Strandspaziergang findet sie eine Leiche. Als deren Smartphone klingelt, kommt Linda mit Paul in Kontakt. Denn auch diese Leiche enthält vermutlich eine Botschaft an den Arzt. Dazu muss sie aber obduziert werden, und weil Paul wegen des Sturms das nicht selbst tun kann, bittet er die junge Comic-Zeichnerin um praktische Mithilfe – per Fernanweisung übers Telefon, wie eine Art Avatar. Unterstützt wird sie dabei vom Krankenhaus-Hausmeister Ender
Während Linda und Ender sich trotz aller Widerstände an die Autopsie machen, macht sich Paul mit Hilfe seines Praktikanten auf den Weg nach Helgoland. Aber noch jemand ist unterwegs: Der sadistische Killer, der immer neue Leichen mit neuen Botschaften auftauchen lässt. Er scheint Paul immer einen Schritt voraus zu sein. So ist dies eine mörderische Schnitzeljagd, deren Titel Abgeschnitten gewollt mehrdeutig zu verstehen ist.
Zugrunde liegt das gleichnamige Buch von Bestsellerautor Sebastian Fitzek. Regie führte Christian Alvart, der zwar auch als Hausregisseur von Til Schweiger bei dessen »Tatort«-Fällen bekannt wurde, aber dennoch als eigenständiger Filmkünstler mit individueller Handschrift ernstgenommen werden muss.
Handwerklich stimmt so auch vieles in diesem Film. Die Geschichte allerdings ist überaus kompliziert, und das unnötig: Alles, wirklich alles wird hier verbraten, was auch
an der Vorlage liegt: Eine typisch postmoderne Story, der es nie um Wirklichkeitsdarstellung geht.
Zugleich verbindet der Film sehr realistische Szenen, wie die unverblümte Vorführung einer besonders brutalen Vergewaltigung, mit Momenten, die klamaukig wirken sollen. Ansonsten begegnet man in diesem Film einem allwissenden Täter und einem latenten Affekt gegen die Justiz, die hier als ein System, das Täter zu Opfern macht, beschrieben wird: Abgeschnitten hat seinen speziellen Reiz, der Film ist ein Thriller, der mit Ekelhorror arbeitet. Von dieser Sorte Film gibt es nicht viel im deutschen Kino. Und man lernt hier sogar etwas über Obduktionen. Aber es ist auch alles sehr, sehr konstruiert, und man fragt sich: Wozu der Aufwand?
So professionell smart der Film auch inszeniert ist – so richtig funktioniert er nicht, auch wenn mit Moritz Bleibtreu, Jasna Fritzi Bauer, Lars Eidinger und Fahri Yardim hervorragende Darsteller gewonnen wurden. Das liegt vor allem an der kruden Story.
Immerhin, die beiden Helden haben ihren Reiz: Die ein bisschen durchgeknallte, burschikose, aber erkennbar verletzliche Linda, die doch im entscheidenden Moment mutig und kühl ist, und der Mediziner, der ein schlechtes
Gewissen hat und selbstkritisch ist, bilden zusammen ein Ermittlerduo, das ungewöhnlich ist und in seiner Abgründigkeit von fern an Stieg Larssons Verblendung-Trilogie erinnert.