USA 2009 · 101 min. · FSK: - Regie: Max Mayer Drehbuch: Max Mayer Kamera: Seamus Tierney Darsteller: Hugh Dancy, Rose Byrne, Peter Gallagher, Amy Irving u.a. |
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Auf den Fensterputz gehauen |
Literatur und Film haben seit ein paar Jahren das Asperger-Syndrom für sich entdeckt: In Mark Haddons 2004 erschienenem Roman »The Curious Incident of the Dog in the Night-Time« (zu deutsch »Supergute Tage«) leidet der 15-jährige Christopher Boone an eben dieser leichten Form des Autismus und schildert dem Leser seine Welt auf eine erschreckend ehrliche, aber unterhaltsame Weise. Das Buch wurde auch außerhalb Großbritanniens zum Bestseller. 2008 lief dann auf mehreren amerikanischen Festivals der Film If You Could Say It in Words über einen Maler, bei dem das Asperger-Syndrom unerkannt bleibt. Und in der Krankenhausserie »Grey’s Anatomy« gibt es neuerdings eine Oberärztin, die ihren Patienten die Hiobsbotschaften scheinbar vollkommen gefühlskalt überbringen kann, obwohl sich darin lediglich die Diagnosekriterien für Asperger abzeichnen. Vielleicht ist die plötzliche »Beliebtheit« der Krankheit damit zu erklären, dass sie ohne die ganze Tragweite des Autismus auskommt und sich deshalb besser für Komödien oder Fernsehserien, also für ein breites Publikum, eignet. Ein anderer möglicher Grund ist, dass Menschen mit Asperger-Syndrom in der Regel problemlos vollkommen in der Masse der Gesellschaft verschwinden. Wie beim oben erwähnten Künstler wird die autistische Behinderung oft gar nicht erst diagnostiziert und Betroffene haben sich häufig so an ihre Umwelt angepasst, dass ihr Handicap nicht weiter auffällt.
Auch die Figur Adam im gleichnamigen Film von Max Mayer hat das Asperger-Syndrom. Abgesehen davon, dass sein Vater gerade erst gestorben ist, muss Adam (Hugh Dancy) auch noch damit zurechtkommen, dass seine neue Nachbarin Beth (Rose Byrne) sich offensichtlich für ihn zu interessieren scheint. Da Adam – kranheitsbedingt natürlich – keine Veränderungen mag, fühlt er sich von den neuen Situationen vollkommen überfordert. Aber ihm gefällt Beth ebenso, und da es sich bei Mayers Film um eine Liebeskomödie handelt, ereignen sich nun lauter lustige Begebenheiten, da Adam sich natürlich immer vollkommen unangebracht verhält und auf Partys oder beim ersten Kennenlernen von Beths Eltern Dinge erzählt, die die anderen doch gar nicht hören wollen.
Und genau in diesem unangebrachten Witzigsein liegt das Problem des Films. Natürlich wird nicht über Adam gelacht – aber dennoch versucht der Film zu oft, die Steilvorlagen zu nehmen, die die Krankheit liefert und die den Nicht-Aspergern witzig erscheinen. Die »anderweitige« Handlung, abseits der Asperger-Performance jedoch scheint dem Film nicht weiter wichtig zu sein, so sie nicht vollständig entwickelt werden. Was ist zum Beispiel mit der Liebesbeziehung, die Adam sich wünscht, die aber an ihm scheitert? Eine ernst gemeinte Auseinandersetzung damit vermeidet der Film. So erwähnt Beth einmal beiläufig, (Achtung, Spoiler!) die dreckigen Fensterscheiben durch die der Himmel gar nicht mehr zu sehen sei. Ein paar Szenen später hängt dann Adam in einem Astronautenanzug kopfüber vom Dach, um die Fenster von außen zu putzen. Diese Szene funktioniert nicht, ist pseudo-lustig, und die Figur Adam wird gnadenlos vorgeführt (Ende des Spoilers).
Natürlich muss nicht jeder Film, in dem Autismus ein Thema ist, gleich ein zweiter Rain Man werden. Aber die Figur Adam ist ein bisschen zu gesellschaftskonform angelegt, als dass seine Behinderung wirklich für irgendwen ein Problem darstellen könnte. Die einzige Figur, die die Beziehung zwischen Beth und Adam kritisch kommentiert, diskreditiert sich durch unmoralisches Verhalten selbst.
Dennoch ist der Film sehenswert und zwar deshalb, weil er genau dann richtig lustig ist, wenn Adam ernst genommen wird, und von diesen Szenen gibt es dann doch einige. Oft kriegt der Film auch gerade noch die Kurve, wenn er zu kitschig zu werden droht (die permanente Hintergrundmusik sollte man einfach von Anfang an ignorieren). Die beiden Hauptfiguren sind sympathisch, die Dialoge sitzen, Hugh Dancy spielt Adam durchweg glaubwürdig und Peter Gallaghers Figur, Beths Vater, ist endlich mal so zwielichtig, wie sie aussieht. Das Ende ist süß und konsequent, so wie Adam, aber eben auch vorhersehbar und harmlos. Ein bisschen mehr Tiefe, und es wäre ein richtig guter Film geworden.
Auf dem Filmfest: Do., 02.07., Rio 1, 19:00 Uhr