USA 2000 · 123 min. · FSK: ab 12 Regie: Cameron Crowe Drehbuch: Cameron Crowe Kamera: John Toll Darsteller: Billy Crudup, Frances McDormand, Kate Hudson, Philip Seymour Hoffman u.a. |
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Backstage |
Da blickt er auf, der junge Mr. Miller, staunt, ob des Glitzerlichtes, der vielen bunten Lampen, der lauten Musik, der hübschen Mädchen um ihn herum. Dabei wäre er fast gar nicht bis hierher gekommen. Der Security-Mann an der Hintertür weigerte sich einfach, ihm Einlaß zu gewähren, »Nicht auf der Liste!« wiederholte er immer wieder. Und jetzt liegt alles vor ihm, die Zukunft, der Sex, die Pillen, die Stars. Rock'n'Roll eben.
Almost Famous heißt der neue Film von Jerry Maguire-Macher Cameron Crowe und fährt die Zeit zurück in die Mitte der 70er Jahre, auf der Suche nach den guten alten Zeiten der Gitarrenklänge und des Glamours. Als David Bowie die amerikanischen Vorstädte heimsuchte und der Rock noch der Virus war, der den Kindern die Freiheit versprach, die Hormone zum explodieren brachte.
Mr. Miller ist William Miller und die pubertierende Hauptfigur. Als seine Schwester eines schönen Tages beschließt dem Lockruf der Freiheit zu folgen, das beengte Familienleben unter der Obhut der rigiden aber liebenswürdigen Mutter aufzugeben und ihr Leben von nun an als Stewardeß zu fristen, erbt der kleine Bruder die gut behütete Plattensammlung aus ihrem Nachlaß. Und ein paar Szenen später hat es auch ihn gepackt, der Junge muß hinaus in die Welt und startet seine Karriere als Musikjournalist. Von der Schülerzeitung zur örtlichen Presse und dann zum Rolling Stone Magazine mit dem Auftrag, die neueste der neuesten der neuesten Newcomer-Bands, Stillwater, auf Tour zu begleiten.
Es beginnt ein Road-Movie quer durch die Weite der amerikanischen Landschaft, das auch William zwingt, erwachsen zu werden. Er freundet sich an mit dem Gitarristen der Band, Russell »wie die Orgel?« Hammond . Und tritt ein in seinen Kosmos der Eitelkeiten, verliebt sich in dessen Groupie Penny »wie der Song« Lane, die irgendwann vom hippen Musiker bei einer Partie Poker für fünfzig Dollar und einen Kasten Bier an den nächsten Gitarrero abgegeben wird. They love you when you are on the covers, when you´re not then they love another.
Die Konstruktion des Drehbuchs, William als Schreiber in die Intimsphäre der Band einzusetzen, läßt viel Raum für die großen Themen. Es geht um Freundschaft und Verrat, Vertrauen, Liebe in der kurzatmigen Welt der Hotels und der Drogen. Und um die große Kluft zwischen Person und Image dreht sich Almost Famous, jagt den coolen Musikern hinterher, wie sie ihre schwachen Seiten verbergen wollen und doch nur jemanden suchen zu dem sie offen sein können. Russell, der auf der Suche nach der »echten« Welt mitten in eine Kleinstadt-Party gerät und unter den »common people« am Ende der Nacht alle Allüren zeigt, die ein Star zu bieten vermag.
Der Konflikt zwischen der Sensationsgier seiner Redakteure und der Loyalität zu seinen neugewonnenen Freunden wird William letztendlich überwältigen. Hilfe erhält der junge Miller vom alternden Lester Bangs, der zu Hause in der Plattensammlung sitzt, gerade weil er seine »Uncoolness« kennt, weil er sich im Klaren darüber ist, dass nur die hübschen Dünnen die Mädchen bekommen. Und weil er weiß, dass Leute wie er viel mehr vermögen, weil sie nichts geschenkt bekommen, gelernt haben zu kämpfen. Er ist der Yoda, der William vor der Verführung rettet und selbst die Personifikation eines guten Rocksonges ist. Here I am: Take it or leave it. Philip Seymour Hoffman glänzt da mal wieder als moralische Konstante in einer Welt, die sich aufzulösen droht und im Selbstmordversuch Penny Lanes kulminiert, parallel montiert mit der offiziellen Vergabe der Abschlußzeugnisse. Und so kommt es, dass der junge Miller den großen Schritt aus der Schule hinaus verpaßt und in einem New Yorker Hotelzimmer auf seine Art erwachsen wird, indem er die Liebe seines bisherigen Lebens vor dem sicheren Tod rettet. Seine Illusionen verlieren sich im Abfluß der Badewanne, wohin auch all die bunten Pillen aus Penny Lanes Magen wandern.
Bei der Silverhorse-Tour im folgenden Jahr steht William dann nicht mehr backstage, sondern sitzt mit Mutter und Schwester beim Abendessen im trauten Heim zusammen. Wie das Leben so spielt. Rock ist noch lange nicht Punk und was folgt ist die große große Versöhnung.