GB/CDN/F/China/USA 2024 · 87 min. · FSK: ab 0 Regie: Christopher Jenkins Drehbuch: Ken Cinnamon, Christopher Jenkins, Karen Wengrod Musik: Tom Howe, Geoff Zanelli Schnitt: Lynn Hobson, Mirenda Ouellet |
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Mietzekatze auf himmlischen Abwegen | ||
(Foto: Wild Bunch) |
Beckett ist ein eitler, verfressener, fauler Kater, der nur an sich denkt. Das hat er gemeinsam mit einem anderen berühmten Kater der Comics-und Filmgeschichte: Garfield. Mit dessen Abgebrühtheit und Cleverness kann der hedonistische Protagonist mit den zwei Augenfarben im aufgedreht-kurzweiligen Animationsfilm des britischen Drehbuchautors und Regisseurs Christopher Jenkins allerdings nicht mithalten. Dafür kann er für seine egoistischen Eskapaden gleich mehrere Leben nutzen.
Um ein Haar hätte die englische Studentin Rose mit ihrem Auto das abgemagerte Kätzchen auf der Landstraße überfahren. Spontan nimmt sie den Vierbeiner in ihr idyllisches Haus an der Küste bei Dorset auf, nennt ihn Beckett und versorgt ihn liebevoll. Einige Jahre später ist Beckett zu einem fetten Kater herangewachsen, der nicht mehr durch die Katzenklappe passt. Der Kater denkt nur an sich selbst, andere Lebewesen sind nur wichtig, wenn sie ihn füttern. Als jedoch eines Tages Roses Ex-Freund und Ex-Laborkollege eintrifft und sich bei ihr einquartiert, will Beckett den Nebenbuhler so schnell wie möglich vergraulen. Bei einem riskanten Streich verliert er das letzte seiner neun Leben, nachdem er die acht vorherigen weitgehend verschleudert hat.
Im Katzenhimmel lässt sich die Beamtin Grace durch seine Klagen erweichen und gewährt ihm neun neue Leben. Allerdings darf er nicht als Katze zurück auf die Erde, sondern in den Körpern anderer Tiere wie Dachs, Ratte oder Kakerlake. Allerdings erkennt ihn so Rose nicht wieder. Aber die fleißige Studentin hat ohnehin sehr viel um die Ohren: Mit Hilfe ihres früheren Laborkollegen Larry forscht sie nach einem Heilmittel gegen das Bienensterben, merkt aber nicht, dass ihr Mentor, der ehrgeizige Professor Craven, ihr Projekt heimlich sabotiert.
Christopher Jenkins, 1960 in Wales geboren, ist ein alter Hase im Animationsgeschäft. Mehr als die Hälfte seiner 30 Berufsjahre hat der gelernte Illustrator an besonderen Trickeffekten für das Disney-Studio gearbeitet – von Falsches Spiel mit Roger Rabbit (1998) bis Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt (2001). Nach Stationen bei weiteren Trickfilmstudios wie Sony und Dreamworks realisierte er 2018 sein Regiedebüt mit der computeranimierten Komödie Gans im Glück.
War diese tierische Freundschaftsgeschichte ziemlich simpel gestrickt, so wartet sein zweiter Langfilm mit einer originellen erzählerischen Prämisse auf, die weit über den Tod hinausgreift. Indem in Alles für die Katz der Unfalltod eines Tieres gleichsam als Running Gag vorkommt, entwickelt Jenkins hier sogar eine erstaunlich makabre Note für einen Trickfilm, der sich ans Kinder- und Jugendpublikum richtet. Allerdings garniert er die Kette tödlich endender Unglücksfälle mit Wiedergeburtsgarantie mit einem humoristischen Feuerwerk an Gags und Slapstick-Nummern, die die makabre Note effektiv überdecken.
Durchaus geschickt variiert Alles für die Katz dabei Erzählmuster märchenhafter Körpertauschkomödien wie Big (1988) oder Voll verkatert (2016). Allerdings: Ob nun Hund, Kakerlake oder Pferd, die Grundstruktur der Episoden um die neun Katzenleben bleibt gleich. Und auch wenn die Blickwinkel der Tiere, in denen Beckett gleichsam wiedergeboren wird, ihm neue Sichtweisen auf das Leben ermöglichen und ihn im repetitiven Läuterungsprozess allmählich voranbringen, so führen sie doch zum gleichen Ende. Weil die allzu leicht absehbare Stationenabfolge schnelle monoton wird, verschenkt Jenkins im Grunde die durchaus reizvolle Prämisse. Dazu kommt, dass er der turbulenten Hauptstory anscheinend nicht vertraut und sie mit der grotesken Nebenstory um den hinterhältigen Professor verknüpft, der als machtgieriger Intrigant alles tut, um seine eigene Erfindung erfolgreich auf den Markt zu bringen.
Jenkins legt leider auch so gut wie keinen Wert auf Figurenentwicklungen. Die herzensgute Rose ist und bleibt herzensgut, der erfolglose Surfer Larry ist und bleibt ein Weichei und der fiese Professor ist die heuchlerische Inkarnation der Bösartigkeit. Noch klischeehafter sind die beiden Gehilfen Cravens gezeichnet: Zwei tätowierte Muskelpakete, denen die Dummheit ins Gesicht geschrieben steht. Nur wieso hat Professor das nicht erkannt und besser zwei ernstzunehmende Schergen engagiert. Das größte Problem jedoch ist Beckett selbst: Mit seiner Selbstsucht wirkt der intrigante Kater über weite Strecken unsympathisch und lädt herzlich wenig zur Identifikation ein.
Die Animation der Figuren fällt eher schlicht aus, die Oberflächen der Tiere wirken meist allzu glatt. Es fehlt ihnen zudem an Charme und Ausstrahlung. An den Detailreichtum der Produktionen der Studio-Elite reicht die bescheidene britische Independent-Produktion aus Großbritannien insgesamt nicht heran. Derlei Schwächen können auch Roses lobenswertes Öko-Engagement, die hohe Gagdichte, das hohe Erzähltempo und einige flotte Popsongs nicht ausgleichen.