All the Boys Love Mandy Lane

USA 2006 · 91 min. · FSK: ab 18
Regie: Jonathan Levine
Drehbuch:
Kamera: Darren Genet
Darsteller: Amber Heard, Anson Mount, Whitney Able, Michael Welch, Edwin Hodge u.a.

Der Teenager als unbekanntes Wesen

Die Unschuld gebiert Ungeheuer: All The Boys Love Mandy Lane spielt souverän mit den Versatz­stü­cken des Genres

Ein Teenager-Drama. Ein Hauch von Lolita, Donnie Darko und The Virgin Suicides zieht sich durch diesen Film, verträumte Bilder, träumende Gefühle, Hoffnung und Lebens­freude, bittersüß gewürzt durch die Ahnung eines kommenden Dramas und in Szene gesetzt im pastell­far­benen, flanie­renden Stil eines Gus Van Sant. Im Zentrum ein junges Mädchen namens Mandy Lane (gespielt von Amber Heard, einem aufstre­benden Stern am US-Film­himmel), die, wie der Filmtitel schon verrät, von allen Jungen geliebt wird. Mandy selbst ist sich ihrer Wirkung auf die Jungs nicht wirklich bewusst, auch dann nicht, als zum Auftakt des Films einer ihrer vielen Verehrer bei einem toll­kühnen Kopf­sprung, der nur den einen Zweck hat, sie zu beein­dru­cken, ums Leben kommt.

Einige Zeit später setzt dann die eigent­liche Handlung ein: Sechs Teenager, drei Jungen und drei Mädchen sitzen in einem entle­genen Haus irgendwo auf dem Land und draußen vor der Tür geht ein Biba-Butzemann mit gar mord­lüs­tiger Phantasie herum.

Natürlich ist das brutal, aber wie soll es auch anders sein, wenn es um Jugend geht, um Sehnsucht, um Liebes­wahn. Aber All the Boys love Mandy Lane ist gleich­wohl das Gegenteil von all dem Sadismus, der den gegen­wär­tigen US-Horror dominiert. Ein Film der leidet, der trauert, der Opfer entdeckt und liebt, nicht Täter. Darum hat Jonathan Levine hier mit diesem Teenage-Totentanz eher ein Sitten­ge­mälde gedreht, keinen Gewalt­ex­zess.

Ein böser Film, eine fesselnde Geschichte. Es geht um Obsession, um die Qualen der Jugend, und um die schwarze Seite der Unschuld. Denn nicht Sex und Lust werden hier bestraft, wie das gewöhn­lich im puri­ta­ni­schen Hollywood der Fall ist. Sondern im Gegenteil ist es die Unschuld, die im Bush-Amerika jedem Mädchen unter 18 gepredigt wird, die hier Ungeheuer gebiert: Liebe ist tödlich, Nicht-Wissen ist noch schlimmer, bestraft werden vor allem jene Menschen, die ihren Trieben und Instinkten folgen, die nicht vernünftig sind. Und allen­falls die unnahbare, verfüh­re­ri­sche, engels­gleiche, sexy Mandy Lane, roman­ti­sche Sirene und post­mo­derne Projek­ti­ons­fläche, selbst macht es sympa­thisch, dass sie nicht ganz von dieser Welt ist.

Der Teenager als unbe­kanntes Wesen – dieses Motiv reizt Levine konse­quent aus. Er erzählt uns dabei, dass Teenager nicht nur verträumt und süß und poetisch sind, sondern dumm und eigen­süchtig, grausam und lust­ge­steuert. Dass sie nur an Alkohol, Drogen und Sex denken, schlechte Musik hören und sich für das Zentrum der Welt halten. Und dass wir alle trotzdem vom Teenagertum nicht lassen können, uns selbst immer wieder zurück­träumen in die Zeit, als wir selbst genau so waren, wie diese Menschen-Welpen da auf der Leinwand.

Trotzdem: Blonde Texaner müssen sterben, das hat schon seine Ordnung im Kino, auf ein paar Dinge muss man sich in schwie­rigen Zeiten eben verlassen können.

All the Boys love Mandy Lane ist ein B-Movie, der genau das sein will, was er ist, ein grad­li­niger, konse­quenter Slasher-Film, der ganz un-post­mo­dern ist, stylisch gefilmt ist, ohne je in die Seicht­heit eines Werbe­clips abzu­tau­chen, jenseits aller Scream-Refle­xi­vität.

Regisseur Jonathan Levine spielt souverän mit den Versatz­stü­cken eines für ermüdet und ausge­zehrt gehal­tenen Genres. Levine gelingt sein Debüt erstaun­lich souverän. Gewalt in diesem Film ist realis­tisch: Unmit­telbar und direkt, durch nichts abge­fe­dert reiht Levine Stan­dard­si­tua­tionen anein­ander, um im Ergebnis etwas Origi­nelles entstehen zu lassen. Vor allem unter­scheidet All the Boys love Mandy Lane sich von vielen anderen Filmen wohltuend durch seinen rauen echten Look, seine Stil­ge­fühl und durch seine ganz und gar moderne Ironie.