Amsterdam

USA 2022 · 134 min. · FSK: ab 12
Regie: David O. Russell
Drehbuch:
Kamera: Emmanuel Lubezki
Darsteller: Christian Bale, Margot Robbie, John David Washington, Matthias Schoenaerts, Alessandro Nivola u.a.
Filmszene »Amsterdam«
Auch der Cast ist Dekoration
(Foto: The Walt Disney Company)

Freundlich, bis das Auge ploppt

Zahllose Namen, wenige Persönlichkeiten, allerhand Leerlauf: Amsterdam von David O. Russell ist eine virtuos mittelmäßige Geschichtsstunde

Was sucht er nur in all den Gesich­tern? Das ist die eigent­liche Frage, die sich in Amsterdam aufdrängt. Ein Vorbei­ziehen von Visagen kann man hier sehen. Man kommt kaum aus dem Staunen heraus, wer da alles in die Kamera schaut. Sieben Jahre hat es gedauert, seit David O. Russells letzter Film Liebe ohne Kran­ken­schein erschien. Nun meldet er sich mit unge­ahnter Promi-Dichte zurück. Christian Bale, Margot Robbie, John David Washington, Robert De Niro, Michael Shannon, Rami Malek oder auch Taylor Swift sind dabei. Man könnte die Liste noch ein ganzes Stück fort­schreiben.

Tatsäch­lich sollte man Christian Bale an erster Stelle nennen, weil er sich mit zerzaustem Haar, Glasauge, seiner in Schräg­lagen und Verspan­nungen verhar­renden Körper­hal­tung und kauzigem Agieren fabelhaft eine Figur aneignet, sie in einen Charak­ter­kopf verwan­delt. Man könnte auch knapper sagen: Er darf als einer der wenigen echten Schau­spieler auftreten. Neben ihm gibt es vor allem bloße Stars zu bestaunen. Gefällige Zierden, bekannte Namen, unter­drücktes Können. David O. Russell tapeziert mit ihnen die Leinwand und erforscht bemüht die kleinen Abgrün­dig­keiten, Tricks und Täuschungen, die sie hinter ihrem Antlitz viel­leicht verbergen. Und er muss es mit ausbaden: Emmanuel Lubezki.

Lubezki ist einer der talen­tier­testen promi­nenten, zurecht preis­ge­krönten Kame­ramänner der Branche. Hier muss er über­wie­gend dröge zerschnit­tenes Schuss-Gegen­schuss-Dialog­kino bebildern. Bei der Fülle an Figuren hat er Mühe, einen Überblick zu behalten. Das Kame­ra­auge springt zwischen ihnen hin und her und her und hin, verzwei­felt auf der Suche nach High­lights. Viel zu selten darf Lubezki die Räume erkunden, seine Fähig­keiten in der Dynamik demons­trieren, die histo­ri­schen Schau­plätze mit ausge­klü­gelten Fahrten zum Leben erwecken. Denn das will Amsterdam eigent­lich ebenfalls sein: ein aufwendig ausstaf­fierter Geschichts­film, der die 1930er-Jahre aufer­stehen lässt.

Hübsche Masken, verbor­gene Abgründe

Viel­leicht liegt da ja ein verkannter doppelter Boden, dass so viele Promi­nente durch die Kulissen tapsen, ohne einen echten Eindruck zu hinter­lassen. Viele von ihnen bekommen nicht mehr als einen Cameo-Auftritt spendiert. Der Film kreiert sich damit ein listiges Verkaufs­ar­gu­ment. Es spielt unbe­holfen auf Zeit und Spar­flamme. Oder liegt genau darin der Genie­streich? In der Belang­lo­sig­keit dieses Schau­lau­fens von hübscher Eleganz, das erst zum Schluss offenbart, welche Perfi­dität hinter all dem Geplänkel lauert? Die Gute-Laune-Verdau­lich­keit und Fassa­den­haf­tig­keit, die er über seine düsteren histo­ri­schen Bege­ben­heiten stülpt, ist viel­leicht eine geschick­tere Falle, als es auf den ersten Blick scheint. Oder scheitert dieser Film schlichtweg krachend an seinem über­frach­teten Drehbuch?

Die Ober­fläch­lich­keit erzählt er so oder so auto­ma­tisch mit. Genau darum geht es schließ­lich: um aufge­setzte Larven, gestelztes Schmie­ren­theater, trüge­ri­sche Harm­lo­sig­keit, lieb­rei­zende, aber blinde Naivität, die womöglich zu spät erkennt, in welches größere Spiel sie geraten ist. Eine Verschwö­rung soll in David O. Russells neuem Werk aufge­deckt werden, welche in gutbe­tuchten Kreisen brodelt und von einem rechts­ex­tremen Umsturz fanta­siert. Sicher­lich kein unin­ter­es­santes Thema, doch das wirkt alles trotz über­bor­dender Schnörkel überhaupt nicht wie ein zu Ende gedachter Film. Amsterdam ist vielmehr eine ambi­tio­nierte Skizze, die krampf­haft versucht, sich mit Farben zu füllen, aber schon nach kurzer Zeit alle Konturen übermalt. Ein verquirltes, aufwendig produ­ziertes Faszi­nosum, aus dem man kaum schlau werden will.

Zwei Filme in einem lässt David O. Russell parallel ablaufen. Der eine besitzt seine Stärken. Der andere wirkt wie eine konfus zusam­men­ge­schus­terte Lehr­stunde, die ihre eigene Quali­täten über­schätzt. O. Russell ist ein Spezia­list, wenn es darum geht, schräg anmutende Figuren inter­agieren zu lassen. Unbe­hol­fene in chao­ti­schen Situa­tionen, unkon­ven­tio­nelle Heldinnen und Helden. Erleben konnte man das unter anderem in Silver Linings und American Hustle. Für beide Werke war der Autoren­filmer für den Oscar nominiert. Und sie ist auch noch in Amsterdam latent zu finden, diese Stärke.

Er bemüht sich nämlich zumindest, das Trio Bale-Robbie-Washington ins Rampen­licht zu holen, um sie dann durch einen wirren Krimi­nal­fall zu schicken. Im Ersten Weltkrieg treffen die drei in einem Lazarett aufein­ander. Bale und Washington sind verwundet, Robbie verarztet die geschun­denen Körper. Aus einem gemein­samen Rückzug nach Amsterdam entspinnen sich Freund- und Lieb­schaft. Nun treffen sie in den 30er-Jahren in den Verei­nigten Staaten wieder aufein­ander, um einen Mord aufzu­klären, der nur die Spitze eines größeren Eisberges darstellt. Aus Ermitt­lern werden Verdäch­tige und umgekehrt.

Narren in histo­ri­schen Schleifen

Wunden sollen dabei im wahrsten Sinne heilen, eines der zentralen Motive in Amsterdam. Gesichter und Körper wollen ihre Kriegs­narben und Verstüm­me­lungen mit Prothesen und Schminke über­tün­chen – wahr­schein­lich der span­nendste Aspekt im ganzen Film. Christian Bale kümmert sich um Veteranen. Margot Robbies Figur pult Metall­splitter aus der Haut ihrer Patienten, um sie wie Sammel­ob­jekte aufzu­be­wahren und in Kunst zu verwan­deln. Schlei­chend bröckelt nun ihre heile Welt erneut, die sich die drei errichten wollen.

Ihre narren­haften Charak­ter­züge sollen uns das Sehen lehren. Amüsant, dass O. Russell dabei auf das Eigen­leben eines heraus­fal­lenden Auges setzt – als Sinnbild eines verstellten Blickes, einer nie heilenden Verseh­rung, einer Entglei­sung und Desil­lu­sio­nie­rung. Geschichte wieder­holt sich, das muss Christian Bale deutlich ausspre­chen, sollte es irgend­je­mand noch nicht verstanden haben. Der große Krieg, der alle Kriege beenden sollte, war natürlich nicht der letzte und die nächsten Kata­stro­phen ziehen auf. Das ist die nahe­lie­gende wie bittere Moral, die Amsterdam zu formu­lieren versucht.

David O. Russell will ein Echo kreieren, das zwischen Vergan­gen­heit und Gegenwart schallt, besonders hinsicht­lich jüngerer Entwick­lungen der US-Politik. Es kündet von verdrängten extre­mis­ti­schen Bewe­gungen, die das System aushöhlen, von der Verein­nah­mung von Mythen, die das 20. Jahr­hun­dert über­dauert haben. Das ist besagter zweiter Film, der sich neben der Freund­schafts­ge­schichte in Amsterdam entfaltet. Unendlich aufge­blasen, geschwätzig und umständ­lich ist er geraten. Seine Rätsel­ra­terei treibt er so eintönig von A nach B nach C, dass einem jede Lust daran vergehen kann. Letztlich spielt es keine Rolle, ob man sich große Mühe gegeben hat, die einzelnen Puzzle­teile in diesem Whodunit zusam­men­zu­setzen. Was er anpran­gern will, wird schluss­end­lich sowieso nach dem Motto »Tell, don’t show« per Voice-over aufgesagt.

Seid lieb!

Für ein völliges Ärgernis besitzt O. Russells Film noch zu viel eigen­wil­ligen Charme in seinem Zusam­men­werfen verschie­denster Genre­zu­taten, die sich von Buddy-Komödie über Film noir bis zum Thriller und Histo­ri­en­drama erstre­cken und zu flotten Melodien umher­wu­seln. Warum man eine Überlänge durch­stehen soll, um so viel vergeu­detem Potential beizu­wohnen, erschließt sich aller­dings ebenso wenig. Am Ende funkelt viel zu viel in reiner Irrele­vanz und Selbst­herr­lich­keit.

»Amsterdam«, das meint hier einen Sehn­suchtsort, eine Utopie der Freund­schaft, die wir mit in den Alltag tragen sollen. Nach all den histo­ri­schen Verwer­fungen und Verir­rungen will uns der Film an die Bedeutung von Nettig­keit erinnern. Auch die Mode­ra­torin Ellen DeGeneres gemahnte am Ende ihrer Sendungen immer: »Be kind to one another.« In biederen Nach­mit­tags­shows des US-Fern­se­hens mögen solche leicht dahin­ge­sagten Weis­heiten zünden. Auf der Ziel­ge­raden eines über zwei Stunden langen Kinofilms über Natio­na­lismus, Rechts­ruck und Kriegs­t­rau­mata klingen sie wie ein alberner Jux.

Die drei Fragezeichen gegen den Faschismus

David O. Russells so wunderbare wie ungewöhnliche Komödie Amsterdam ist starbesetzt und aktuell

»Vor allem wurde bemängelt, dass die Geschichte nie so richtig auf einen Punkt komme. Gerade das aber sollte man unbedingt als Vorzug sehen.«
Bert Rebhandl über Amsterdam in der FAS

Dies ist eine großar­tige und mit großar­tigen Stars besetzte Komödie: Christian Bale, Margot Robbie und John David Washington stehen im Zentrum: Ihre Figuren sind Burt, Valerie und Harold. Im Jahr 1933 leben sie in New York. Alle drei kennen sich aus dem Ersten Weltkrieg, Burt und Harold sind Veteranen, Valerie war die Kran­ken­schwester, die sich um die beiden kümmerte. 15 Jahre später ist Burt, der seit dem Krieg selber ein Glasauge trägt, Arzt, der Kriegs­folgen aller Art behandelt: Seine Ex-Kameraden versorgt er mit Medi­ka­menten und Prothesen aller Art, auch mal mit verbo­tenen Drogen, die Schmerzen lindern oder böse Erin­ne­rungen tilgen. Aber Burt ist selbst an Leib und Seele gezeichnet, ein medi­ka­men­ten­ab­hän­giges Nerven­bündel. Harold wurde Anwalt. Valerie ist Künst­lerin, die sich von den schreck­li­chen Verwun­dungen von Burts Patienten zu abstrakt-surrea­lis­ti­scher Kunst inspi­rieren lässt, die sie unter anderem aus Granat­split­tern fertigt.

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Den eigent­li­chen Auftakt der Handlung bildet der Tod jenes Generals, der die drei an der Front zusam­men­ge­führt hat. Schnell ist klar, dass es sich um Giftmord handelt, und auch der kurz darauf gesche­hene Tod der Gene­rals­tochter erscheint nur ober­fläch­lich als ein »Unfall«.
So werden die drei aus Zufall zu Detek­tiven und finden sich schnell in einen kompli­zierten, gefähr­li­chen Plot verwi­ckelt, der sich als faschis­ti­scher Putsch­ver­such gegen den 1933 gerade neuge­wählten US-Präsi­denten Franklin D. Roosevelt entpuppt.

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Dies ist aber kein Thriller und auch kein poli­ti­scher Thesen­film, sondern eine Komödie, die sich über alles Mögliche lustig macht, über das manche Leute heute nicht mehr lachen wollen und es denen, die trotzdem darüber lachen, gern mies machen: zum Beispiel Traumata und post­trau­ma­ti­sche Phänomene. Oder Faschismus. Oder Verschwö­rungs­theo­rien. Oh ja, ich weiß: Man soll besser »Verschwö­rungs­er­zäh­lungen« sagen, »denn es sind ja keine Theorien«. Aber hier viel­leicht doch.

Jeden­falls: Wer in unserer Gegenwart nur »alles ganz ganz schreck­lich« findet, und nicht auch ganz schön absurd und irgendwie schreck­lich lustig, oder wer nur politisch-korrekte Witze über »Privi­le­gierte« sehen möchte, sollte diesen Film unbedingt meiden.
Alle anderen werden ihren Spaß haben.

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Bald geraten die Drei ins Faden­kreuz der Polizei aber auch der wahren Verbre­cher. Das ist gele­gent­lich etwas verwir­rend, aber der Filme­ma­cher will es niemandem leicht machen. Mit kantigen Aufnahmen (Kamera: Emmanuel Lubezki), und schnellen Schnitten, die das Absurde überhöhen, nähert er sich der Ästhetik und der Avant­gar­de­kunst der 20er und 30er Jahre an.

Die Männer­bilder sind klassisch, wenn auch Männer hier so kaputt erscheinen, wie Frauen makellos schön. Etwas zu aufge­setzt werden sexuelle und rassis­ti­sche Diskri­mi­nie­rung in den Dialogen zum Thema gemacht.

Unter­bro­chen ist die grad­li­nige Handlung durch Rück­blicke, die zum einen in die Zeit des Ersten Welt­kriegs zurück­führen, als sich die Freund­schaft zwischen Burt und Harold gebildet hat, und lernen ihre Beziehung zu Valerie kennen, die sich in Harold verknallt und eine liebe­volle Freund­schaft mit Burt entwi­ckelt.
Danach geht es in die titel­ge­bende nieder­län­di­sche Stadt Amsterdam, in der die drei einige wilde Jahre verbringen, und in der die Grund­steine zu den Ereig­nissen des Jahres 1933 gelegt werden.

Das Publikum lernt hier auch ansonsten die spannende Welt der 1930er Jahre kennen, eine Welt im rasanten Wandel, und erfährt, wie sich anti­de­mo­kra­ti­sche Ideen, Verschwö­rungs­theo­rien und andere gefähr­liche Elemente in die US-Gesell­schaft einge­schli­chen haben. Natürlich hat das alles auch einen Gegen­warts­bezug, aber der bleibt immer wohltuend subtil.

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Die größte Stärke dieser Hollywood-Produk­tion, die finan­ziell groß ausge­stattet ist, und trotzdem weder der Senti­men­ta­lität soge­nannter »Big Drama«-Filme verfällt, noch der Primi­ti­vität vieler gegen­wär­tiger Block­buster, ist die opulente Besetzung und die ausge­zeich­nete Leistung der meisten Darsteller. Amsterdam versam­melt ein Dutzend Topstars: Neben vielen anderen muss man vor allem Robert De Niro nennen, dessen Quali­täten als Komödiant immer noch von vielen unter­schätzt werden. De Niro spielt den altge­dienten General, der ein großer Fürspre­cher seiner Soldaten ist. Seine Leistung wird in ihrer kraft­vollen Präsenz der Bedeutung der Figur gerecht.

Regisseur und Dreh­buch­autor David O. Russell ist seit Jahren ein Magnet für Stars. Seine letzten fünf Filme wurden insgesamt für 26 Oscars nominiert, 12 davon für die Schau­spieler. Melissa Leo und Christian Bale wurden 2011 für The Winner (2011) ausge­zeichnet, und Jennifer Lawrence 2012 für The Good Side of Life. Ebenfalls unge­wöhn­li­chen Erfolg hatten Three Kings, Silver Linings und American Hustle. Alles Filme, die in Deutsch­land zwar leider kaum wahr­ge­nommen wurden, aber den guten Ruf dieses Regis­seurs leicht erklären.
Russell war schon immer ein unge­wöhn­li­cher Regisseur in Hollywood. Kompro­misslos in seiner Hand­schrift und den persön­li­chen Inter­essen hat er sich immer wieder in Projekte gestürzt, die manchmal völlig aussichtslos schienen, aber durch seine Beharr­lich­keit zu preis­ge­krönten Filmen wurden.

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Die deutsche Film­kritik kann wie die in den USA mit Amsterdam nicht viel anfangen. Was da dann immer alles so geschrieben wird: »Der verwor­rene Plot lässt das Interesse erlahmen.« Wäre es nicht Aufgabe von Film­kritik, die Verwor­ren­heit ein bisschen zu mindern, indem man sie für die Leser entschlüs­selt? Oder indem man ihnen seine Inter­pre­ta­tion für die Verwor­ren­heit liefert? Anstatt den Lesern einfach eine Entschul­di­gung für ihre Denk­faul­heit zu geben? Eigent­lich sagt die Autorin dieses Satzes nichts anderes, als dass sie selbst den Film nicht verstanden hat oder sich nicht wirklich dafür inter­es­siert hat.

Einen Satz wie – »Wer nach über zwei Stunden Laufzeit den Überblick behalten will, muss sich sehr konzen­trieren. Die Irrungen und Wirrungen, die sich aus der hin und her pendelnden Zickzack-Drama­turgie ergeben, machen es dem Publikum schwer, bei der Sache zu bleiben.« – Das könnte man über jeden Robert-Altman-Film formu­lieren. Aber wer war noch mal Robert Altman? So gesehen ist der Umgang mit Amsterdam ein Exempel über Verfalls­er­schei­nungen unserer gegen­wär­tigen Film­kultur.

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Das Gegen­bei­spiel für derlei Befind­lich­keits­kritik bietet ein Text von Bert Rebhandl in der FAS. Darin heißt es unter anderem: »Faschismus ist das zentrale Thema von 'Amsterdam', auch wenn man das nicht sofort bemerkt. Denn David O. Russell steuert sein Anliegen auf kompli­zierten Umwegen an, und er tut es mit einer filmi­schen Erzähl­weise, die man zumindest als schräg oder merk­würdig oder exzen­trisch bezeichnen müsste. ... Gerade in dieser im Detail ungeheuer präzise choreo­gra­phierten Unfer­tig­keit liegt das Genie von 'Amsterdam'.
'Amsterdam' ist aber alles andere als ein poli­ti­scher Traktat. Es ist vielmehr ein Beweis dafür, dass zwischen all den Super­hel­den­filmen und viel drama­ti­scher Dutzend­ware immer noch genuine Bega­bungen im ameri­ka­ni­schen Kino exis­tieren. Es sieht aller­dings so aus, als wäre David O. Russell dieses Mal mit seinem Hang zum hinter­sin­nigen Humor ein wenig zu weit gegangen. Die Film­kritik in den USA konnte mit 'Amsterdam' nicht viel anfangen. Vor allem wurde bemängelt, dass die Geschichte nie so richtig auf einen Punkt komme. Gerade das aber sollte man unbedingt als Vorzug sehen. David O. Russell hat die vielen Anspie­lungen auf moderne Kunst in seinem Film sicher mit Bedacht gesetzt; er wollte wohl gerade eines nicht: eine klas­si­sche Komödie, wie sie in den Dreißi­ger­jahren so zahlreich entstanden sind.
'Amsterdam' ist eine moderne Komödie, ein großar­tiges Spiel mit der Form, auch ein lust­volles Versagen vor der unlös­baren Aufgabe, den heutigen poli­ti­schen Verhält­nissen in Amerika gerecht zu werden. Ein Akt von Zivil­cou­rage viel­leicht sogar, dabei im Detail in jeder Sekunde unter­haltsam, und immer wieder richtig große Kunst.«

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Amsterdam ist ein sehr kluges Spiel mit dem Medium Film. Auf der Leinwand wechseln ständig die verschie­denen Objektive, die das Bild verzerren, die Handlung springt in der Zeit vor und zurück, von wech­selnden Voice-overs gelenkt. Alles dies macht den außer­ge­wöhn­li­chen Charakter dieses Films deutlich.

Dies ist ein Film, der Aussehen und Look wichtiger findet als Handlung. Manche bemerken da »eine geradezu provo­kanten Form des Laissez-faire«. Sie ist aber nicht provokant, sondern charmant und kunstvoll über­spru­delnd.
Amsterdam ist der ehrgei­zige Versuch einer Art Film-noir-Komödie mit sati­ri­schen Elementen. Nicht alles gelingt viel­leicht, aber insgesamt ist dies ein großes Kino­ver­gnügen, das zu den beson­deren Filmen des Jahres gehört.