USA 2001 · 103 min. · FSK: ab 6 Regie: Joe Roth Drehbuch: Billy Crystal, Peter Tolan Kamera: Phedon Papamichael Darsteller: Julia Roberts, Billy Crystal, Catherine Zeta-Jones, John Cusack u.a. |
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John Cusack, Catherine Zeta-Jones und Julia Roberts |
Lauren Bacall und Humphrey Bogart, Kathryn Hepburn und Spencer Tracy, Elizabeth Taylor und Richard Burton, vielleicht auch im letzten Jahrzehnt noch Julia Roberts und Richard Gere – Traumpaare eben. Eine solche Hollywood-Traumpaarung waren auch Gwen Harrison und Eddie Thomas. Fünf Filme haben sie miteinander gemacht, fünf Riesenerfolge mit kitschigen »Romantic Movies«.
Das Publikum bekommt diese Geschichte der Kino-Superstars gleich zum Auftakt von America´s Sweethearts erzählt: In kurzen Film-im-Film-Sequenzen, in denen das Paar 'mal im Krankenhaus, 'mal vor der Jury des Court-Room-Dramas jedenfalls immer kurz vor dem unausweichlichen Happy-End zu sehen ist – kleine witzige Einspielungen und knappe Ironie-Signale einer Hollywood-Parodie, die von der ersten Sekunde an mit Tempo und Einfallsreichtum an den Ton jener
klassischen Screwball-Comedys anknüpft, mit denen Hollywood vor allem in den 30er und 40er-Jahren Erfolge feierte. Eine derartige Verbindung von Intelligenz und Komik ist selten geworden in letzter Zeit, und um so mehr genießt man Joe Roths Rückkehr auf den Regiestuhl. Ende der 80er hatte Roth drei Filme gedreht, die nicht weiter im Gedächtnis blieben, im folgenden Jahrzehnt war er – zunächst für 20th Century Fox, dann als Leiter der Disney-Filmabteilung – einer der
wichtigsten Studioproduzenten von Hollywood.
Er kennt also, was er hier parodiert. Das Drehbuch stammt unter anderem von dem Schauspieler Billy Crystal, und auch der weiß, wovon er erzählt. Als Hauptdarsteller von When Harry met Sally war er selbst 1990 eine Zeitlang die eine Hälfte eines Traumpaares, und um die Abgründe des Showgeschäfts weiß der einstige Comedy-Star seit Jahrzehnten.
Denn hinter der glänzenden Fassade, das ist das eigentliche Thema der Komödie, sieht es bekanntlich ganz anders aus. Das Traumpaar, das zunächst seine Filmrollen auch im Privatleben fortsetzte, hat sich längst auseinandergelebt. Gwen (mit Verve und Lust an Selbstdestruktion gespielt von Catherine Zeta-Jones) haust mit Latin Lover, Riesendogge und ihrer in allen Lagen hilfreichen Schwester Kiki in Beverly Hills und versucht in hysterischen Talk-Show-Auftritten ihre
plötzlichen Kinoflops zu rechtfertigen: »In Europa waren sie aber sehr erfolgreich.« Jeder Filminteressierte kennt solche Phrasen der Stars und Regisseure, mit denen das Showgeschäft sich selbst und das Publikum blendet, und die hier vergnüglich parodiert werden. Gwens Mann Eddie ergeht es schlechter. Er hat die Trennung noch immer nicht verkraftet, und versucht sich mit Yoga und Antistresstee bei einem Wellness-Guru für Hollywood-Stars zu beruhigen.
Erzählt wird alles nun aus
der Perspektive des von Autor Crystal selbst gespielten erfahrenen Presseagenten Lee Philipps, der keinen Trick scheut, um America’s Sweethearts wieder zur Präsentation ihres letzten, bereits abgedrehten Films zusammenzubringen – und sei es nur in den Augen der nichtsahnenden Öffentlichkeit.
Die Wendungen und Steigerungen in denen sich die weitere Handlung fast immer geschmackvoll und intelligent vollzieht, sind dabei durchaus vorhersehbar. Überraschend ist hingegen, wie ehrlich und mitunter entlarvend diese Selbstkritik der Filmindustrie über weite Strecken ausfällt. Allein schon die Darstellung des Studiobosses, dessen ökonomisches Schicksal an den Erfolg der Präsentation geknüpft ist, mündet in eine unverhohlene – dabei immer auf der leichten Seite
bleibende – Anklage an Korruption und Geldgier, bei der einem Zuschauer auch immer wieder bestimmte Personen und finanzielle Hasardspiele aus der Gegenwart, nicht nur US-amerikanischen Filmbranche in den Sinn kommen.
Aber auch kein anderer Bereich bleibt ausgespart: spinnerte Regisseure, durchgeknallte Stars, verlogene Marketingmenschen bekommen gleichermaßen ihr Fett ab. Vor allem trifft es aber eine Filmpresse, die ihren einst kritischen Anspruch oft aufgegeben
hat, und in weiten Teilen selbst längst zum Teil der universalen Marketingmaschine geworden ist. Uninformiert und psychologisch kaum mehr gegen Einflussnahme gewappnet als jeder x-beliebige Fan, tappen sie bereitwillig in jede aufgestellte Falle der Pressebetreuer, die wissen: »Am besten die Presse glaubt, dass es um sie selbst geht.«
Erst gegen Ende verliert America´s Sweethearts etwas an Fahrt und konzentriert sich selbst auf den durch Konvention und Verkaufswünsche vorgegebenen Zwang zum Happy-End und die arg liebliche Selbstbefreiung von Gwens Aschenputtelschwester Kiki. Deren Figur gibt Julia Roberts einmal mehr Gelegenheit, ihre Vielseitigkeit und Komik zu zeigen. Auch in den Nebenrollen ist dieser Ensemblefilm erstaunlich treffend und gut besetzt.
Und am Ende ist der Zuschauer erfreut über Qualität und reiche Selbstironie, die auch in einer Mainstreamproduktion möglich ist. Oder sollte auch dies nur die letzte der vielen schönen Lügen Hollywoods sein? Vielleicht ist das vermeintlich Subversive ja doch nur ein besonders kluger Taschenspielertrick, mit dem sich die Industrie von anderen Sünden freikauft. Oder einfach ein launiger Zynismus, der weiß, dass das Publikum selbst dem Betrieb noch aufsitzt, der sich offen bloßstellt. Ganz ausschließen kann man beides nicht. Denn natürlich gilt auch in diesem Fall am Ende nur ein Gesetz: »That’s Showbusiness.«