Deutschland 2015 · 79 min. Regie: Patrick Siegfried Zimmer Drehbuch: Patrick Siegfried Zimmer, Sebastian Schultz Kamera: Marius von Felbert Darsteller: Robert Stadlober, Wieland Schönfelder, Blixa Bargeld, Paula Kalenberg, Matthias Scheuring u.a. |
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Eine Satire, inszeniert wie ein Theaterstück |
»Anhedonie (von griech. ἀν- an, ›nicht‹ + ἡδονή hedoné, ›Lust‹) bedeutet im Allgemeinen die Unfähigkeit, Freude und Lust zu empfinden, und ist der Hedonie gegenübergestellt. ›– Wikipedia‹«
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»Anhedonia ist das satirische Bildnis einer hoffnungslos narzisstischen Spaßgesellschaft, die sich dem kapitalistischen Diktat der permanenten Selbstoptimierung unterwirft und zugleich auf der sehnsuchtsvollen Suche nach mehr Tiefe, Glück und Erfüllung im Leben in der Dunkelheit selbstkonstruierter Abgründe verzweifelt umherirrt.« – Patrick Siegfried Zimmer, Regisseur
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Im Jahr 2020 hat sich die Anhedonie bereits wie eine Epidemie unter den einstigen Hedonisten dieses Planeten verbreitet. Schon Hunderte Millionen sind an ihr erkrankt, so auch die beiden Aristokraten-Brüder Franz (Robert Stadlober) und Fritz Freudenthal (Wieland Schönfelder). Zwecks Heilung haben sie sich auf eine abgelegene Insel mit Namen Seelenfrieden begeben, wo der weltberühmte Psychotherapeut Prof. Dr. Immanuel Young (Dirk von Lowtzow) eine neue einzigartige Lust-Stimuli-Therapie anbietet.
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Patrick Siegfried Zimmer hat sich bisher insbesondere als Musiker, genauer gesagt als Low-Fi-Pionier unter dem anfänglichen Pseudonym »finn« einen Namen gemacht. Mit Anhedonia – Narzissmus als Narkose legt Zimmer jetzt seinen ersten Film vor, bei dem er zudem gleich als Autor und Regisseur fungiert. Schon der gestelzte Titel und die obigen zitierte vollmundige Ankündigung des Filmemachers zeigen, dass hier jemand auszog, um Großes zu vollbringen.
Mit klarem Blick in eine drohenden nahe Zukunft erhebt Zimmer warnend den Zeigefinger, um diesen anschließend tief in den wunden Punkt einer ganzen Generation zu bohren. Aber wie es so oft ist: Die Fehler der anderen zu diagnostizieren, fällt oftmals erstaunlich einfach, während man zugleich dazu neigt ein gewaltiges Brett vorm Kopf zu tragen, wenn es um die eigenen Defizite geht. So vermag selbst das Bemühen von allerlei Taschenspielertricks inklusive mehrerer Metaebenen nicht zu verhindern, dass sich bei Anhedonia – Narzissmus als Narkose unter der aufgeblasenen Fassade ein großes Nichts auftut. – Wollte Zimmer vielleicht beim Zuschauer Anhedonie erzeugen?
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Da kommentiert ausgerechnet der Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow als der ominöse Prof. Dr. Immanuel Young das tolle Treiben der beiden verweichlichten Aristokraten-Schnösel aus dem Off. Weshalb jene im Jahre 2020 ausstaffiert wie zu Zeiten Friedrichs des Großen herumlaufen scheint sich zu klären, als der sie permanent als »Fotzen« beschimpfende Regisseur Schorsch Maria Bollerhuber (Matthias Scheuring) ins Bild tritt.
Aha: Ein Film im Film! – Nur was macht dabei das immer wieder ertönende artifizielle Gelächter vom Tonband? Eine bewusste Stilisierung? Nur von wem?
Scheinbar um Klarheit in das undurchsichtige Geschehen zu bringen, tritt irgendwann auch noch Blixa Bargeld von den Einstürzende Neubauten als der Erzähler Diabolus auf den Plan. Jener klärt mit ungerührter Miene über die Hintergründe des wirren Treibens auf, während das von ihm Gesprochene als perspektivisch verzerrter Fließtext über seine Person eingeblendet wird. – Eine neue Metaebene? Wer weiß ... Anhedonie? Bestimmt!
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So weit, so wirr schreitet das sich im Kreis drehende Nicht-Geschehen auf mal mäßig spaßige, aber viel öfter auf unerträglich enervierende Weise recht träg und lustlos voran. Auch ein paar Metaebenen später will sich kein so rechter Erkenntnisgewinn einstellen, zu abgeschmackt sind die Alt-68er-Thesen von einer sich einem »kapitalistischen Diktat« unterwerfenden Gesellschaft und zu wenig vorhanden sind echte therapeutische Ansätze, welche wirklich neue Anstöße bringen könnten.
So bleibt nach der Sichtung von Anhedonia nur ein unsägliches Gefühl einer großen Mattigkeit und Erschlaffung – wenn nicht gar einer einsetzenden Anhedonie – zurück.