CDN/USA/DK/IRL 2024 · 123 min. · FSK: ab 12 Regie: Ali Abbasi Drehbuch: Gabriel Sherman Kamera: Kasper Tuxen Darsteller: Sebastian Stan, Jeremy Strong, Maria Bakalova, Martin Donovan, Patch Darragh u.a. |
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Trump und der Trump-Macher Roy Cohn | ||
(Foto: APPRENTICE PRODUCTIONS ONTARIO INC._PROFILE PRODUCTIONS 2 APS_TAILORED FILMS LTD. 2023) |
Ein junger Mann steigt auf. Unaufhaltsam. Schüchtern und gesellschaftlich unerfahren, »von Beruf Sohn« und ausgestattet mit dem Geld seines Vaters, eines ruchlosen Immobilientycoons, für den er im Amerika der frühen Siebziger noch monatlich persönlich an den Türen der Sozialwohnungen die Miete kassiert, lernt er »die richtigen Leute zu treffen«, zu lügen und einzuschüchtern, nie nachzugeben, die Medien kaltblütig zu benutzen, und sogar den Bürgermeister zu erpressen. Sein Name: Donald Trump.
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Der iranisch-stämmige Regisseur Ali Abbasi, der in Skandinavien im Exil lebt und die dänische Staatsbürgerschaft angenommen hat, stellt sich mit diesem Film einer schwierigen Aufgabe: The Apprentice erzählt die Anfänge von Donald Trumps Geschäftskarriere von seiner Jugend an: Seinen Pakt mit der New Yorker Mafia, sein brutaler Karrierismus, die grausame Bereitschaft, über Leichen zu gehen, seine Verachtung für alle anderen Werte außer Profit und Geld, sein egoistischer Moralismus, seine Verachtung für Frauen, sein Verrat an seinen Freunden...
The Apprentice bietet eine glaubwürdige, wenn auch nur in Teilen belegte Darstellung des Aufstiegs von Donald Trump. Der Film möchte aus einer vermeintlich – folgt man der Pressekonferenz des Regisseurs nach der Premiere in Cannes – »neutralen« Perspektive zeigen, aus welchem korrupten politischen System heraus und dank welcher persönlicher Beziehungen Trump in den 1970er und 1980er Jahren Reichtum und Macht erlangte, und zu dem wurde, als den wir ihn heute kennen.
Der Film ist in zwei Teile gegliedert, und da die Erzählung einem sehr linearen chronologischen Schema folgt, lässt sich der erste Teil – der Aufstieg zum Erfolg – grob auf die 1970er Jahre datieren, während der zweite Teil, die Expansion des Trump-Imperiums, in die 1980er Jahre fällt.
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Man könnte sagen, es handle sich bei diesem Film um die Geschichte der Geburt eines Monsters: Das Publikum wird Zeuge der Erschaffung von Donald Trump durch die Verwandlung eines verschüchterten jungen Mannes in einen Machtmenschen.
Im ersten Teil des Films begegnet ein noch unerfahrener Trump (Sebastian Stan, mit athletischem Körper und einer leichten Ähnlichkeit mit dem Hollywood-Schauspieler Robert Redford), dem skrupellosen Anwalt Roy Cohn (Jeremy Strong). Cohn ist die wahre Hauptfigur der Geschichte und der Star des Films. Dank Cohn gelingt es Trump, einen eigentlich verlorenen Rechtsstreit gegen den Staat New York zu gewinnen, wodurch er eine Steuererleichterung für seine Immobilienfirma auf Kosten der New Yorker Bevölkerung erhält. Während Trumps politische Intrigen und juristische Kämpfe als Immobilienmogul und 45. Präsident der USA nicht neu sind, ist die enge Freundschaft und Zusammenarbeit mit Roy Cohn, seinem Mentor, weniger bekannt. Auch die Liebesgeschichte zwischen Trump und seiner ersten Frau, dem tschechischen Model Ivana Zelníčková (Maria Bakalova), die schließlich mit Scheidung endete, ist heute eher unbekannt. In dieser Anfangsphase von Trumps Aufstieg fehlt natürlich auch nicht die dominante und autoritäre Figur seines Vaters sowie das tragische Schicksal seines schwachen Bruders.
Dank Cohns Ratschlägen beginnt Trump, die angesagten Partys zu besuchen, wo die reiche und mächtige New Yorker Elite verkehrt. Darunter Rupert Murdoch und Andy Warhol. Dieses neue Netzwerk prestigeträchtiger Kontakte ermöglicht es ihm, seine großen Immobilienprojekte zu realisieren: den 68-stöckigen Trump Tower und das Zentralgebäude von Atlantic City, dessen Zukunft damals von vielen bezweifelt wurde, angesichts des allgemeinen Verfalls der Region.
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Der Titel The Apprentice spielt einerseits auf eine von Trump mitproduzierte Reality-TV-Show an, an der er selbst teilnahm. Zudem bezieht er sich auf die paternalistische Mentor-Rolle, die Cohn gegenüber dem jungen Unternehmer einnahm. Im Film bringt er ihm einmal seine drei Grundregeln bei: »1. Angriff, Angriff, Angriff; 2. Nie etwas zugeben, immer abstreiten; und 3. egal was passiert, stets den Sieg verkünden, niemals eine Niederlage.«
Zu diesen
Lehren fügt Trump das vom Vater übernommene Prinzip hinzu, dass man im Leben ein Killer sein muss, um nicht selbst gefressen zu werden.
Im zweiten Teil erleben wir unter anderem eine brutale Gewalt-Szene, die auf einer Anschuldigung von Ivana während des Scheidungsprozesses basiert und bereits Trumps Wut entfacht hat – er bezeichnete den Film als »reinen Müll«, und bekämpfte ihn vergeblich vor Gericht.
Auch wenn einige Szenen kontrovers wirken und vor allem dazu dienen, den filmischen Charakter zu formen – wie der Amphetaminkonsum, die Fettabsaugung, die Haartransplantation und die erwähnte Vergewaltigung –, basiert der Film auf realen und bestätigten Ereignissen. Nicht umsonst hat Abbasi die Expertise von Drehbuchautor Gabriel Sherman geholfen, der Trumps erste Wahlkampagne genau verfolgt hat.
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Sebastian Stans Darstellung von Trump ist beeindruckend. Noch viel bemerkenswerter ist Jeremy Strongs Darstellung des Roy Cohn. Ohne diese herausragenden schauspielerischen Fähigkeiten hätte der Film nicht so überzeugen und fesseln können.
Denn der Film als ganzer leidet unter einer Last, die weder sein Drehbuch noch seine Bilder überwinden können: die Tatsache, dass wir bis zum Abspann absolut nichts über Donald Trump erfahren haben, was nicht bereits jedem bekannt ist.
Infolgedessen bestätigt The Apprentice nur alles, was wir über die Jugend dieser ruchlosen und verachtenswerten Figur der jüngeren amerikanischen Geschichte bereits wussten oder vermuten konnten. Er wird somit zu einem weiteren Film, der all die banalen Erwartungen derjenigen Zuschauer befriedigt, die mit keinem anderen Ziel ins Kino kommen, als ihre vorgefassten Meinungen noch einmal bestätigt zu sehen.
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Die grundsätzliche Frage, die dieser Film aufwirft, ist jedoch noch eine ganz andere: Brauchte es wirklich einen Film über einen amerikanischen Tycoon, und sei es auch Donald Trump? Einen Film, dem im Gegensatz zu Brady Corbets grandiosem The Brutalist (Venedig Regiepreis 2024) jede zweite Ebene und jede Tiefe fehlt? Das Risiko, das hier deutlich aufgeworfen wird, besteht zudem darin, einen Mythos zu perpetuieren und Dreistigkeit und Heuchelei zu heroisieren.
Nichtsdestotrotz gelingt Ali Abbasi, das fesselnde Porträt eines korrupten und völlig unsittlichen Amerikas zu erschaffen, das das »Trump-Monster« der Gegenwart hervorgebracht hat.
Das Trump-Biopic. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es kommt, und nun ist es da. Zugegebenermaßen zum perfekten Zeitpunkt, der amerikanische Wahlkampf erreicht seine heiße Phase, es scheint tatsächlich realistisch, dass Donald Trump noch einmal zum Präsidenten gewählt werden könnte. Der Film nimmt also eine interessante Position ein, könnte intervenieren, ein künstlerisches Zeichen setzten, seine politische Kritik unmittelbar real werden lassen.
Denn – so gibt
es jedenfalls das Produktionsteam an – The Apprentice ist ein kritischer Film, ein dezidiert politischer, einer der Trump tatsächlich gefährlich werden könnte.
Diese Haltung samt ihrer Folgen ist dann auch das interessanteste an diesem Film. In den USA musste der Vertrieb über eine Kickstarter-Kampagne finanziert werden, große Verleihe zogen sich zurück, hatten zu viel Angst vor etwaigen rechtlichen Schritten aus Trumps Lager, auch Netflix hatte die Hosen voll.
Es kündigte sich also eine regelrechte Skandal-Produktion an, verstärkt noch durch die große Premiere in Cannes, wo der Film im Wettbewerb lief. Bereits dort wurde es aber
schnell still um The Apprentice, erst jetzt hört man (zumindest in Deutschland) zum Filmstart wieder etwas von ihm.
Ein schlechtes Omen, zumal der iranische Regisseur Ali Abbasi zunächst wie eine interessante Wahl klingt. Border und Holy Spider waren Kritikerlieblinge, nun also seine erste amerikanische Produktion und ein großer finanzieller Sprung nach vorne. Es ist immer interessant zu sehen, wenn nicht-amerikanische Regisseure sich in die Staaten wagen, einen Blick von außen ermöglichen, der den Reiz und die Abgründe der USA ästhetisch einfängt. John Boorman tat dies ganz wunderbar in Point Blank, Wim Wenders gründete seine ganze (spätere) Karriere darauf. Auch Abbasi hätte diese Möglichkeit gehabt, bereits die Struktur von The Apprentice macht einen forschenden Blick auf Amerika jedoch unmöglich.
Der Film spielt in der Vergangenheit, zeichnet Trumps Aufstieg nach, hütet sich regelrecht vor einer modernen Betrachtung dieses Charakters, und damit des ganzen Landes. So beginnt die Geschichte im Jahr 1973, die Immobilienfirma der Familie Trump wird verklagt, mit Hilfe von Anwalt Roy Cohn (Jeremy Strong) wird die Klage abgewiesen, zwischen Trump (wiederum gespielt vom »Winter Soldier« Sebastian Stan) und Cohn entsteht eine brüderliche Freundschaft, ein Meister-Schüler-Verhältnis, das den Hauptteil des Films für sich beansprucht. Später dann wird Trump immer erfolgreicher, damit auch manischer und egozentrischer, er wird Cohn verraten und übergehen. Es ist also eine klassische Aufstiegsgeschichte, eine uramerikanische Erzählung von Freundschaft, Familie und Geld, von Verrat und Zusammenhalt, und all dem, was Martin Scorsese oder Brian De Palma bereits im 20. Jahrhundert bis zum Umfallen variiert haben.
Nur geht es diesmal um keine Gangsterepen, sondern eben um eine tatsächliche Geschichte, die (zumindest in der echten Welt) bis ins Jahr 2024 hineinreicht, und so schnell wohl nicht ihr Ende finden wird.
Die amerikanische Vergangenheit wird dabei recht treffend imitiert, Sets und Kostüme sind stimmig, ohnehin kann man sich handwerklich nicht ernsthaft über The Apprentice beklagen. Auch auf formaler Ebene hat man sich etwas überlegt, gespielt wird mit
dem Korn vorgetäuschten Filmmaterials, imitiert wird der B-Film der 70er-Jahre, es gibt hektische Zooms und Schnitte, viel Handkamera, die herumwackelt und eine Nähe zu den Figuren sucht. Das bringt einen TV-Look mit sich, was wohl auch vom Titel herrührt: »The Apprentice« war eine TV-Show, die Trump als Host leitete, und in der er nach einem neuen Geschäftspartner suchte. In jeder Folge wurde ein Kandidat »gefeuert« (»you are fired«), der Gewinner bekam dann den Job.
Diesen Stil zu imitieren ist eine nette Idee, an keiner Stelle jedoch wird ersichtlich, was diese formale Entscheidung mit sich bringt, außer einen guten Fun-Fact, oder eine Verbindung zum Titel. Ohnehin ist der gesamte Film ungemein handzahm und konventionell, in seiner Struktur letztendlich völlig fehlgeleitet. Wirklich interessant sind lediglich die Aufstiegsszenen Trumps, in denen sich eine schöne Dynamik entwickelt, der Rausch des Geldverdienens wird auf den Zuschauer
übertragen, hier macht der Film tatsächlich Spaß, was natürlich umso zweifelhafter zu betrachten ist. Es mangelt an Kritik an allen Ecken und Enden, zwar wird Trump gegen Ende immer unerträglicher – gerade im Umgang mit seinen Mitmenschen –, man hat aber stets den Eindruck, als wäre er so schlimm gar nicht, lediglich korrumpiert durch seinen eigenen Erfolg. Dazu trägt sicherlich auch Sebastian Stans Schauspiel bei, der seine Rolle in keinster Weise als performativ
begreift, sondern lediglich einen Charakter darstellt, der in ein Drehbuch geschrieben wurde. Er könnte hier wirklich jeden spielen, trägt aber ein Trump-Make-up, deswegen ist er jetzt Trump. Keine Brüche werden hier deutlich, kein Spiel von Fiktion und Realität, keine Überhöhungen oder symbolische Experimente.
Auf der anderen Seite: Jeremy Strong, der als Anwalt Cohn eine tatsächlich wunderbare Performance darbietet, seinen Charakter überhöht und ausstellt, ohne ihn zu karikieren.
Ist er im Bild, ist der Film erträglich, leider verschwindet er story-bedingt in der zweiten Hälfte zusehends.
Es ist also die alte Frage des Godard'schen Diktums »politisch Filme zu machen oder politische Filme zu machen«. The Apprentice zeigt recht deutlich, warum letzteres nur selten gelingt, und immer verkürzend ist. Denn eine gewisse Kritik ist hier durchaus vorhanden, nur geht jene nie über eine Tirade von großmäuligen Raubtierkapitalisten hinaus, die unentwegt von der Kunst des Geldmachens und ähnlichem Unsinn schwafeln. Dazu noch etwas Amerikaflaggen-Symbolik und immer wieder ein paar scheiternde zwischenmenschliche Beziehungen, um den Zuschauer zu ermahnen, dass das hier eben keine Heldengeschichte ist. So what…
Der Gipfel der Peinlichkeit wird dann in der großen »Skandal-Szene« erreicht: Es wird gezeigt, wie Trump seine Frau Ivana vergewaltigt, ein umstrittener Sachverhalt. Es ist die einzige Szene, über die man streiten kann, jedoch wieder nur auf rein privater Ebene. Ist Trump ein guter oder schlechter Mensch, hat er es wirklich getan etc. etc.
Selbst im Kipppunkt also wird überhaupt nicht systematisch gearbeitet, sich vom Biopic-Charakter gelöst und auf wirtschaftliche oder
systemische Strukturen hingewiesen.
Damit kann man sich womöglich bei der liberalen Filmkritik anbiedern, eine Veränderung oder ein tatsächlicher Diskurs wird dadurch aber vermieden und nicht einmal angerissen.
Darum: Besser Filme politisch machen, oder zumindest nicht so langweilig beim Gegenteil versagen, wie es The Apprentice tut. Ein völlig gescheiterter Film, der im Grunde nur eins ist: sinnlos.