USA 1998 · 133 min. · FSK: ab 12 Regie: Stuart Baird Drehbuch: John Pogue Kamera: Andrzej Bartkowiak Darsteller: Tommy Lee Jones, Wesley Snipes, Robert Downey Jr., Irène Jacob u.a. |
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Irène Jacob |
Einer läuft weg, der andere läuft hinterherschon früheste Filme inszenieren dieses Grundmuster des Kinos, von dem auch später nur die wenigsten Filme wirklich abweichen. Mal schnell, mal langsam geht es immer darum, daß einer den anderen kriegen will, und ihm das am Schluß auch meistens gelingt.
Auf der Jagd ist, wie der Titel schon ahnen läßt, die superschnelle Version des Fluchtprinzips. In Stuart Bairds rasantem Action-Film ist immer alles in Bewegung. Die Beteiligten rennen, laufen, springen was das Zeug hält, und der Zuschauer staunt, daß diese Menschen niemals außer Atem kommen. Aber so sind Helden nunmal. Auf der Jagd ist ein bißchen eine Fortsetzung des Erfolgsfilms Auf der Flucht. Harrison Ford ist zwar nicht wieder dabei, doch Tommy Lee Jones spielt wieder Sam Gerard, den FBI-Experten für flüchtige Verbrecher. Diesmal jagt er einen Undercoveragenten des State Department, gespielt von Wesley Snipes, der sich natürlich schon früh (zu früh vielleicht) als good guy entpuppt. Die Spannung liegt darum vor allem in der Suche nach dem unbekannten Dritten, dem eigentlichen Jäger, der den good guy töten will.
Das alles ist solide und gehört zum Action-Mainstream der besseren Sorte. Wenn Kino, wie schon Siegfried Kracauer verkündete, die Kunstform ist, die die pure Bewegung inszeniert, dann ist Auf der Jagd mit seiner atemberaubenden durch kaum eine Ruhepause unterbrochene Dynamik und seiner rasanten Montage nicht zu überbietendes Kino. Der Bewegungsrausch pur ist handwerklich gut gemacht, kleine Ungereimtheiten stören nicht weiter, schon weil man bei dem Tempo gar nicht dazu kommt, sich allzuviel den Kopf zu zerbrechen.
Weil Kino aber immer auch gesellschaftliche Zustände abbildet, gerade wenn es behauptet, das nicht zu tun, und nach dem Rausch der Kater kommt, stellt sich irgendwann die Sinnfrage. Vielleicht geht es ja wirklich nur darum, daß man mit dem Denken aufhören soll. Oder darum, daß der schwarze Wesley Snipes wieder eine weiße Frau küssen darf, was im Hollywood-Kino nach wie vor zu den größten Karriererisiken gehört (vergleiche Herrn Oehmanns großartige Ausführungen zu diesem Thema vor wenigen Wochen im Magazin). Aber die Frau ist Irène Jacob, also eine Französin, die wahrscheinlich – wie im vergangenen Jahr schon Nastassja Kinski – genau aus dem Grund verpflichtet wurde, um sich von Wesley Snipes küssen zu lassen. Vielleicht fand sich auch einfach keine US-Schauspielerin? (Wobei es keinen Grund gibt, die Wahl der schönen Französin zu bedauern)
Man könnte aber im Detektiv und im Flüchtling, die am Ende merken, daß sie schon immer insgeheim auf der selben Seite standen, auch einfach zwei Mittelklasse-Amerikaner der 90er Jahre sehen. Deren Job ist so stressig, daß auch sie nicht mehr zum Nachdenken kommen, und heimatlos, hektisch, immer auf der Flucht und in Bewegung ihr Dasein fristen, und damit doch »die amerikanische Generaltugend, Mobilität«(so der Kommunitarist Michael Walzer) in Reinform darstellen. Und wenn man dann am Ende diese abgekämpften, verwundeten, einfach völlig fertigen Männer sieht, erhält die Action auf einmal tatsächlich noch tiefere Bedeutung.