Bad Boys: Ride or Die

USA 2024 · 111 min. · FSK: ab 16
Regie: Adil El Arbi, Bilall Fallah
Drehbuch:
Kamera: Robrecht Heyvaert
Darsteller: Will Smith, Martin Lawrence, Vanessa Hudgens, Eric Dane, Alexander Ludwig u.a.
Gemeinsam gegen Veganer und andere Bösewichte...
(Foto: Sony)

Familienangelegenheiten

Adil El Arbi und Bilall Fallah konzentrieren sich auch in ihrem zweiten Bad Boys-Installment auf die Leichtigkeit des Amoralischen und die Schwere des Alters

Schon im letzten, dritten und bislang besten Teil des nun schon fast 30-jährigen Fran­chises, in Bad Boys for Life (2020), wehte ein anderer Action-Wind als in den jugend­lich anmu­tenden ersten beiden Teilen. Das lag natürlich nicht nur an dem inzwi­schen gesetzten Alter der beiden Buddy-Prot­ago­nisten Mike Lowrey (Will Smith) and Marcus Burnett (Martin Lawrence), sondern vor allem an dem belgi­schen Regie-Duo Adil El Arbi und Bilall Fallah, die das Franchise einer Frischekur unter­zogen hatten und Miami, Bromance und Action in neuem Glanz erstrahlen ließen.

Das gilt auch für die neueste Ausgabe des Fran­chises, den nun vierten Teil, der mehr oder weniger direkt an Bad Boys for Life anschließt und den dortigen Tod von Mikes und Marcus’ Übervater-Chef Captain C. Howard (Joe Panto­liano) zum Anlass nimmt, die Geschichte weiter­zu­spinnen und auch Mikes unehe­li­chen und auf der anderen Seite des Gesetzes stehenden Sohn Armando (Jacob Scipio) wieder mit ins Boot zu holen.

Wie in allen großen Action-Fran­chises der letzten Jahre (etwa Fast & Furious oder Mad Max) sollte man sich so wie in der klas­si­schen Oper weniger auf die rudi­men­täre und vorher­seh­bare Handlung konzen­trieren als auf die Musik und den Gesang, also im Falle von Bad Boys: Ride or Die auf die Insze­nie­rung von Action und Moral. Und die ist allein schon durch das faszi­nie­rende Genre-Portfolio des Regie-Duos – man denke etwa nur an ihren hervor­ra­genden 2022 erschie­nenen Isla­mismus-Film Rebel – In den Fängen des Terrors – in unge­wöhn­li­chen, äußerst kreativen Händen.

Das bedeutet, dass nicht nur die Action-Szenen durch ihre unge­wöhn­li­chen Perspek­tiven – etwa der Schuss­wechsel im Angesicht von Marcus’ Unter­zu­cker, die abstrusen Nahtod-Erfah­rungen oder die Hubschrauber-Sequenzen – über­ra­schen und Spaß machen, sondern auch die in fast jede Szene einge­wo­benen komö­di­an­ti­schen Elemente, die vor allem der Vertei­di­gung des Amora­li­schen dienen und damit vor allem eins sein wollen: politisch nicht korrekt. Dieser Brei­ten­schlag gegen alles, was gegen­wärtig hoch und heilig ist, wird mit der Unschuld des Alters der Helden gerecht­fer­tigt, die einfach nichts anderes können, als die zu sein, die sie sind, »alte schwarze Männer«, und das heißt nun einmal: dass vegan genauso wenig geht wie mit den Bösen Mitleid zu haben, mehr noch, wenn sich das Böse auf der Seite des Guten einge­nistet hat.

Diese Situa­ti­ons­komik wird wie üblich, aber äußerst konzen­triert, mit Action, One-Linern und der ikoni­schen Erken­nungs­me­lodie verz­wir­belt und funk­tio­niert fast immer. Auch weil die Dreh­buch­au­toren Chris Bremner und Will Beall dem Alter ange­mes­sene Inhalte abliefern, es nicht nur um den Kampf mit und gegen gesunde Ernäh­rungs­me­thoden geht, sondern auch um karmische Freund­schaften, Seelen­wan­de­rung, das Sterben überhaupt. Und natürlich um den in allen Filmen des Fran­chises einge­bet­teten Alltags­ras­sismus, der auch hier über die zufällige Begegnung mit ein paar Rednecks so wuchtig wie grotesk ausge­spielt wird.

Dabei wird jedoch die Grenze zur Groteske nie über­schritten, sondern statt­dessen mit dem notwen­digen Ernst, den das Leben dummer­weise mit sich bringt, gebannt: Denn es gibt ihn ja wirklich, diesen Rassismus und die Korrup­tion in Politik und Polizei und die »alten weißen Männer« als Gegen­spieler erst recht.

Doch über allem steht, wie so oft im ameri­ka­ni­schen Gegen­warts­kino, die perfekte Familie und ihre Bewahrung vor den Unbilden der Gegenwart. Vor einer Moderne, in der Geld und Gier auch noch diese letzte, bislang erfolg­reich vertei­digte Wagenburg, ja eigent­lich die letzte noch funk­tio­nie­rende poli­ti­sche Instanz, zu erobern droht. Dieses Narrativ steht im Zentrum von Bad Boys: Ride or Die wie der Monolith auf dem Mond in Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum. Unan­tastbar und doch alles verän­dernd. Denn anders als in den Vorgän­ger­filmen hat es die alte Gene­ra­tion nicht mehr selbst in der Hand, die Insti­tu­tion Familie zu retten, denn Panik­at­ta­cken, Nahtod­erfah­rungen und fehlende Vater­fi­guren haben Mike und Marcus verletz­lich gemacht. Aber auch weise genug, um zu erkennen, dass Sterben nur dann sinnvoll ist, wenn es sich mit dem Leben versöhnt. Beim Grillen genauso wie beim Heimholen eines verlo­renen Sohnes.