USA/F/GB 2016 · 92 min. · FSK: ab 16 Regie: James Watkins Drehbuch: Andrew Baldwin, James Watkins Kamera: Tim Maurice-Jones Darsteller: Idris Elba, Richard Madden, Charlotte Le Bon, Kelly Reilly, José Garcia u.a. |
||
Thriller mit vielen Bezügen |
Paris im Zentrum terroristischer Attacken. Was während der Dreharbeiten zum Actionthriller Bastille Day im Herbst 2014 noch wie eine spannende Kinofiktion anmutete, erwies sich nur wenig später als traurige Realität. Anfang 2015 richteten islamistische Fanatiker in den Redaktionsräumen der Satirezeitung »Charlie Hebdo« ein Blutbad an. Und im November des letzten Jahres kam es in der Seine-Metropole an einem einzigen Abend zu einer Serie koordinierter Anschläge mit 130 Todesopfern. Ein schrecklicher Hintergrund, der aus dem von James Watkins (Eden Lake, Die Frau in Schwarz) inszenierten Großstadtreißer eine brisante, hochaktuelle Angelegenheit macht. Verwundern muss es daher nicht, dass der Start des Films in Großbritannien im Frühjahr 2016 aus Pietätsgründen um einige Wochen nach hinten verschoben wurde.
Ein Gefühl der Beklemmung löst das Szenario, das Watkins in seiner dritten Regiearbeit entwirft, allerdings auch jetzt noch aus. Mehr als sechs Monate nach den schrecklichen Ereignissen von Paris. Die Angst vor islamistischem Terror spielt für die Geschichte eine nicht unwesentliche Rolle, wird vom schnell getakteten Drehbuch aber eher oberflächlich abgehandelt. Überhaupt wirft der Film diverse Missstände und Befindlichkeiten zusammen, ohne damit die im Showdown ausbrechenden bürgerkriegsähnlichen Zustände glaubhaft vorzubereiten. Spannende Themen wie Polizeigewalt, staatliche Korruption und mangelnde Geheimdienstkooperation werden angerissen, bleiben allerdings nur Fußnoten in einem Wettlauf gegen die Zeit.
Vor allem zwei filmische Einflüsse lassen sich in Bastille Day deutlich ausmachen. Zum einen greifen Watkins und Co-Autor Andrew Baldwin das von Alfred Hitchcock perfektionierte Muster des falschen Mannes auf, das hier der in Paris lebende US-Amerikaner Michael Mason (Richard Madden) ausfüllt. Ein gerissener Trickdieb, der dummerweise eine Tasche klaut, in der eine Bombe steckt. Als diese detoniert und mehrere Menschen in den Tod reißt, findet sich der Kleinkriminelle plötzlich als vermeintlicher Terrorist im Fadenkreuz der Behörden wieder. Eine weitere Inspirationsquelle bildet das Actionkino der 1970er Jahre. Filme wie William Friedkins The French Connection und Don Siegels Dirty Harry, die heute als Klassiker verehrt werden. In die Tradition der darin auftretenden kompromisslosen Machohelden stellt sich bei Watkins der nach Frankreich strafversetzte CIA-Agent Sean Briar, der Mason aufspürt und recht schnell begreift, dass der Gesuchte unschuldig ist.
Wie man es aus artverwandten Thrillern kennt, müssen sich die beiden ungleichen Protagonisten im weiteren Verlauf zusammenraufen, um gemeinsam eine größere Verschwörung aufzudecken. Hervorstechen kann dabei vor allem der potenzielle Neu-Bond Idris Elba, der dem ruppigen Briar eine ordentliche Portion Leinwandpräsenz verleiht. Als kantiger Haudegen schlägt er sich mehr als wacker, selbst wenn seine markig-zynischen Oneliner mitunter allzu bemüht erscheinen. Die Handlung, durch die der Spezialagent und sein Partner wider Willen ohne große Pausen hetzen, gibt sich cleverer, als sie wirklich ist, und wirft im Schlussdrittel einige Plausibilitätsfragen auf. Während die zumeist handgemachten Actionpassagen – besonders eine Verfolgungsjagd über die Dächer von Paris – versiert in Szene gesetzt sind, ist es ein Ärgernis, dass die Frauen in der Geschichte wieder einmal zu Randfiguren degradiert werden. Weder die naive Aktivistin Zoe (Charlotte Le Bon) noch Briars Vorgesetzte Karen Dacre (Kelly Reilly) dürfen viel mehr als Stichworte einwerfen. Auch aus diesem Grund verpasst es Watkins bei seinem ersten Ausflug ins Actionfach, das Genremittelmaß hinter sich zu lassen. Erinnern wird man sich in ein paar Jahren womöglich nur an einen taffen Idris Elba und den für die Macher nicht vorhersehbaren Bezug zu den realen Terroranschlägen von Paris.