USA 2008 · 91 min. · FSK: ab 0 Regie: Raja Gosnell Drehbuch: Analisa LaBianco, Jeffrey Bushell Kamera: Phil Meheux Darsteller: Piper Perabo, Jamie Lee Curtis, Lombardo Boyar, Axel Alba, Manolo Cardona u.a. |
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Was für ein edles Hundeleben |
»If i was a rich girl...« . So beginnt hier das moderne Märchen von Susi und Strolch, unterlegt mit der schrillen Stimme von Gwen Stefani. Nach schnellen Shots auf Beverly Hills Boutiquen und shoppenden Menschenmengen versucht Walt Disney direkt in die Herzen von acht- bis vierzehnjährigen Mädchen zu zielen: Im Paris-Hilton-Look thront eine Gruppe von Chihuahuas auf den Thresen einer Edelboutique.
Alles dreht sich um Cloe, die wohl schönste und beliebteste der Hundeclique, die
sich mit ihren Freunden à la »Sex and the City« über Mode, Glamour und die üblichen Upperclass-Stressfaktoren austauscht. Sie wird nicht nur viermal pro Tag in ein anderes Kaschmirhöschen gesteckt und mit Diamanten versehen. Cloe verfügt sogar über einen eigenen Treuhandfonds.
Bevor Verehrer Papi, der Hund des Landschaftsarchitekten, Cloe die Augen für die wahre und bedingungslose Liebe öffnen kann, wird sie von Hundefängern entführt und in ihr persönliches »Mexicoma«
geschickt: Auf der Flucht vor den Hundekämpfern verliert sie alles. Von den echten italienischen Lederstiefeletten bis hin zu ihrer Identität. Wer an dieser Stelle noch kein Mitleid für das grausame Schicksal des Handtaschen-Hündchens aufbringen kann, wird es wohl im Laufe des Filmes auch nicht mehr finden.
Man ist sich nicht sicher, wo Cloe besser aufgehoben ist: In Beverly Hills, bei den Hundefängern oder in Mitten der streunenden, mexikanischen Straßenhunde. Denn eins ist sicher: Die geradezu unsympathischen Hundebesitzerinnen wie Frauchen Viv, gespielt von Jamie Lee Curtis, und auch deren Nichte Rachel (Piper Perabo), haben in dem Konsumweltmärchen nicht viel mitzumischen. Und wenn, liegt die Fürsorge in der nicht Art gerechten Haltung eines lebendigen Accessoires, welches Rachel in Mexico entwischt. Ab da beginnt die Suche, zu der sich ebenfalls der Landschaftsarchitekt mit seinem Hund Papi gesellt, und in welcher die menschlichen Protagonisten ausschließlich dazu fungieren, den Handlungsverlauf anzustupsen und den Innocent-Of-The-Run-Plot unnötig zu verdichten.
Fast willkürlich scheint das Geschehen zwischen Hundefängern, den suchenden Hundebesitzern und der flüchtenden Cloe zu wechseln. Und zu allem Überfluss setzt »Walt Disney« noch einen oben drauf: Im vermuteten Mittelpunkt der Geschichte liegt die Selbstfindung der Chihuahua-Prinzessin, die in der mexikanischen Wüste zum Ursprung ihrer Rasse zurückfindet. Mit der Affirmation »Wir sind schmächtig, aber mächtig« gelingt es ihr den ebenfalls nach ihr suchenden Papi zu befreien, um sich mit diesem wenig später in neuem Outfit am heimatlichen Pool zu amüsieren.
Für die einzig erheiternden Momente sorgt der mexikanische Expolizeischäferhund Elgado, der Cloe während des Abenteuers schützend zur Seite steht und die Hochnäsigkeit und Eitelkeiten der kleinen Hündin gelegentlich mit zynischem Unterton zu kommentieren weiß. Das bei einem Polizeieinsatz zugelegte Trauma, was ihn in eine tiefe Krise des Zweifels hinsichtlich seiner Rolle als Beschützer getrieben hat, wird im Kopf-an-Kopf-Rennen überwunden. Es ist der Duft von Cloes
getragenem Chanel Nr. 5, welches ihm die Rückgewinnung seines vermissten Spürsinns signalisiert.
Und genau hier findet sich das Fatale: Der Film droht vor den rezipierenden Kinderaugen auf der moralischen Strecke heftig zu entgleisen: Cloe scheint in Wirklichkeit keinen wahren Erkenntnisprozess durchlebt zu haben. Noch während des Happy Ends wird die erneute Hingabe an den Luxus regelrecht zelebriert. Nicht nur von Cloe. Zuallerletzt erwartet den Zuschauer die Info über
den Aufstieg der Straßenhunde, die mit fetten Sonnenbrillen und Markenkettchen in den Himmel der Musikbranche aufgestiegen sind.
Dass es sich bei romantischen Hundeszenen nicht mehr um Titel wie »Bella Notte« (Susi und Strolch) handelt, sondern um Enrico Inglesias »Hero« ist eine Tatsache, mit der sich alle Erwachsenen abfinden müssen. Von moralischen Bausteinen kann jedoch nicht mehr die Rede sein. In Beverly Hills Chihuahua scheint es wirklich um das perfekte Outfit zu gehen. Zwar brennt nicht jeder Teenager für diese Stilfragen. Wie entsandt wirken daher die Hunde, als Sympathieträger zuallererst die Kinderherzen zu erobern, um sie dann (später) für Prada & Co. zu öffnen.