Italien/Frankreich 2015 · 125 min. · FSK: ab 12 Regie: Luca Guadagnino Drehbuch: David Kajganich Kamera: Yorick Le Saux Darsteller: Ralph Fiennes, Dakota Johnson, Matthias Schoenaerts, Tilda Swinton, Aurore Clément u.a. |
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Immer wieder verführerisch: Schwimmbad-Nixen |
Dass der Titel einen Superlativ beinhaltet, suggeriert, dass hier vielleicht die altbekannten vier Hauptcharaktere mit einer größeren Fontäne ins Wasser springen, als im Original Swimming Pool aus dem Jahr 1969 von Jacques Deray. Damals tauchte bei Marianne (Romy Schneider) und Jean-Paul (Alain Delon) am Pool ein alter Freund auf, Harry (Maurice Ronet), zusammen mit seiner angeblichen Tochter Penelope (Jane Birkin). 2016 sind es Ralph Fiennes (Harry) und Dakota Johnson (Penelope), die das sommerliche Vor-sich-Hintrocknen von Tilda Swinton (Marianne) und Matthias Schoenaerts (Paul) stören. Jetzt ist es statt des französischen Saint-Tropez die kleine italienische Insel Pantelleria, die den beiden als Rückzugsort dient. Nützt aber nichts, sie werden trotzdem gefunden. Es ist ohnehin eine nur scheinbare Idylle, denn die Insel liegt im Meer zwischen der Spitze des italienischen Stiefels und Tunesien.
Durch diesen Ortswechsel versucht der italienische Regisseur Luca Guadagnino die Zeitlosigkeit diffiziler Paarbeziehungen in verschiedenen Paar-Konstellationen zu mehr Aktualität, oder nennen wir es: mehr Brisanz zu verhelfen. Will heißen: Sonnige Mittelmeerinsel mit ein bisschen Flüchtlings-Problematik. First-World-Probleme treffen auf wirklich existentielle Fragen. Exaltiertes Upperclass-Gehabe, Arroganz und Ignoranz auf die Probleme der Welt. Leider bleibt es bei einem leichten und sehr klischierten Ansatz, den er sich auch hätte sparen können.
Grillenzirpen, lastende Hitze, Schweiß auf den Hemden. Paul und Marianne beobachten das Flugzeug, das in die Stille des langgestreckten Nachmittags hineinfliegt. Der damit eingeflogene Harry macht sich mit seiner Tochter – von der niemand etwas wusste – im Haus und am Pool der beiden breit. Bisher war es dort ruhig, weil Paul ohnehin wenig spricht, als Romantiker und Dokumentarfilmer mit Suizidgedanken und Marianne nicht sprechen kann, weil der Rockstar nach einer Operation seine Stimme schonen soll. Es ist aber nicht nur Harrys Reden, das die Idylle zerstört, es sind auch die Gesten, wie man sich anfasst und ansieht, die die Fontäne auslösen. Harry ist gekommen, um Marianne zurückzuerobern, die er eigentlich abgegeben bzw. übergeben hat, an Paul. Wissentlich. Aus freien Stücken.
Beobachten darf man zwei Männer, die sich wie Teenager gebärden, jeder auf seine ganz eigene Art und Weise. Der eine, Harry, der Mann, der extra aus Rom anfliegt, hüpft aufgeputscht mit Drogen, Alkohol und wer weiß, was noch, durch den Film. Der andere, jüngere, Paul ist eher der Typ »introvertierter, leicht depressiver Teenager«. Beide sind sie verliebt. Man kann dieses amüsante Balzen beobachten, wenn es doch auch völlig sinnlos ist, denn eines bemerken die beiden nicht: Marianne hat bereits ihre Entscheidungen getroffen und Penelope manipuliert sie, etwas unbedarft zwar, aber im großen und ganzen doch ganz gekonnt. Ihr scheint dabei tatsächlich nicht ganz klar zu sein, was sie damit auslösen kann, sie macht es viel eher aus einer Art Langeweile heraus, die Marianne schon bald auf die Nerven geht. Der Konflikt zwischen den Frauen ist eigentlich der interessantere, wenn er auch nicht solche Folgen hat, wie der zwischen den beiden eifersüchtigen Männern, der sich im Laufe des Filmes weiter hochschaukelt.
Immer wieder sind einzelne Dinge im Fokus, Gegenstände, Körperteile, die Achsel der Frau, frischer Fisch, kleine, gelbe Früchte, rosige Schrimps. Guadagnino beschreibt das Paradiesische, das Dekadente zusätzlich mit seltsamen Schwenks und Zooms. Da sucht jemand seinen eigenen Stil. Es gibt einige gute Ansätze, also aufgeben sollte er nicht, aber ein bisschen suchen muss er doch noch.