Deutschland 2022 · 105 min. · FSK: ab 0 Regie: Detlev Buck Drehbuch: Bettina Börgerding, Detlev Buck Kamera: Jana Marsik Darsteller: Katharina Hirschberg, Harriet Herbig-Matten, Richard Kreutz, Benjamin Weygand, Franziska Weisz u.a. |
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Politisches Statement gegen die Rote Armee oder einfach nur ein tolles T-Shirt? | ||
(Foto: DCM) |
Der letzte, vierte Bibi & Tina-Teil (2017) hatte sich eigentlich wie ein altersgerechter Abschied für alle angefühlt. Lina Larissa Strahl und Lisa-Marie Koroll waren in die Jahre gekommen und langsam zu alt für den Pferdehof geworden und auch Buck schien sich mit politischen Ambitionen (Syrien, Albanien) noch einmal groß und überraschend in Szene setzen zu wollen. Ein perfekter Abschied auch für die ebenfalls in die Jahre gekommenen Zuschauer, für dann vielleicht ein Come-Back in zehn oder zwanzig oder dreißig Jahren, mit den gleichen Darsteller:innen und hoffentlich auch dem guten alten Buck, so wie Tom Cruise es diesen Sommer ja ebenfalls gewagt und damit alle glücklich gemacht hatte.
Aber es sollte nicht sein, dazu läuft das Bibi & Tina-Franchise mit immer wieder die Million toppenden Zuschauerzahlen einfach zu gut. Was also machen? Genau das, was fast jede New Economy-Firma alle Jahre wieder macht: das Personal verjüngen, das Personal austauschen, der alte weiße Mann und Chef bleibt selbstverständlich an Bord.
An dem und seiner an allen Teilen mitwirkenden Drehbuchautorin Bettina Börgerding, die stets dafür gesorgt hat, dass Mädchen hier den Ton angeben und alte Gender-Stereotypen hinter sich lassen, liegt es dann aber wohl auch, dass auch wenn man es nicht wahrhaben will und sich alles dagegen sträubt, der fünfte Teil durchaus an die Qualität der vier ersten Filme herankommt.
Zwar sind es nicht mehr Lina Larissa Strahl und Lisa-Marie Koroll in den Hauptrollen, sondern jetzt Katharina Hirschberg als Bibi Blocksberg und Harriet Herbig-Matten als Tina Martin, doch wurde hier so gut gecastest, dass es schon ein paar Minuten und ein paar mal gewischte Augen braucht, bis deutlich wird, dass wir hier keine geklonten Schauspielerinnen, sondern tatsächlich zwei neue Gesichter auf der Leinwand sehen. Diese Erkenntnis mag dann allerdings auch durch die forcierte, gesellschaftspolitische Handlung getriggert werden, über die sich Hirschberg und Herbig-Matten immer wider eindeutig profilieren können, denn es geht hier nämlich nicht nur um schwierige Jugendliche, die den Martinshof besuchen, was ja bereits bei Ostwind – Aris Ankunft hervorragend funktioniert hatte, sondern Buck und Börgerding ventilieren auch sehr intelligent und lässig die letzten zwei Jahre der Pandemie.
Über einen wundervoll haarsträubenden und in seiner Pappmaché-Ausführung fast schon grotesken Außerirdischen-Plot wagt sich Bibi & Tina – Einfach anders an eine Auskommentierung und Hinterfragung des Querdenker-Irrsinns, der in den Jahren der Pandemie Einzug in unseren Alltag gehalten hat und auch in Martinshof Freunde und Familien spaltet. Und mehr noch, werden auch Thema wie Fake-News, ihre Entstehung und Wirkungsweise nicht nur thematisiert, sondern spielerisch vorgeführt und natürlich wie im gesamten Bibi-Kino-Franchise mit dementsprechenden Musical-Einlagen grundiert.
Das Schöne ist dann aber nicht nur die Ausbuchstabierung des gesellschaftlichen Krisenzustands, für den sich Buck ausreichend Zeit lässt, sondern auch die Lösung, die am Ende nicht nur durch den üblichen Schuss Zauberei und Pferde-Intelligenz installiert wird, sondern dieses Mal – und das ist ein wirkliches Novum im Pferdefilm – durch eine völlig artgerechte GFK-Sitzung nach Rogers herbeigeführt wird, mit Woll-Knäuel, Ich-Botschaften und einem fast schon tiefentherapeutischen Ansatz, um tief verwurzelte Mobbing-Traumata nicht nur bloßzulegen, sondern auch zu beseitigen. Und natürlich klar zu machen, dass Anderssein immer gut ist, und damit sind natürlich auch Bibi & Tina gemeint, die anders sind als früher, und doch gut sind. Aber das hat ja auch auch schon ein anderer großer Klassiker, Lampedusas Leopard gewußt: Es muss sich alles ändern, damit es bleiben kann, wie es ist.