Irland/USA 1997 · 106 min. · FSK: ab 12 Regie: Neil Jordan Drehbuch: Pat McCabe, Neil Jordan Kamera: Adrian Biddle Darsteller: Eamonn Owens, Alan Boyle, Fiona Shaw, Andrew Fullerton u.a. |
Ein Film wie Afri-Cola. Super, flower, sexy, mini, pop-op – alles ist in Afri Cola. Und eben in The Butcher Boy, dem neuen Film von Neil Jordan, für den der irische Regisseur soeben auf der Berlinale den Silbernen Bären erhielt. Allenfalls der Sex läßt etwas zu wünschen übrig, es sei denn, man hält sich an Sinead O’Connor, die hier die Jungfrau Maria spielt, die sexiste Jungfrau Maria aller Zeiten.
Es kommt immer gut, wenn ein Film mit Comic-Bildern und Zitaten aus TV-Serien anfängt. Und am Design von The Butcher Boy stimmt nun wirklich fast alles. Francie Brady (hervorragend gespielt vom 12jährigen Eamonn Owens) ist, wie man so sagt ein Problemkind. Die Mutter kommt nur gelegentlich aus der Klapsmühle nach Haus, der Vater säuft und prügelt, und die irische Kleinstadtwelt zur Zeit der Cuba-Krise ist mit hexenhaften Nachbarsfrauen, wichsenden,
verlogenen Priestern und verräterischen Freunden bevölkert. Klar, das aus dieser Konstellation nichts Gutes werden kann, und so schildert The Butcher Boy die lange Geschichte einer Eskalation von Gewalt, die Produktion von Outsidern und Verrückten durch die Verhältnisse.
Das alles packt Neil Jordan in einen beeindruckenden Mix aus grellen, comicartigen Bildern, die an die heute wieder sehr modische fifties-Trash-Kultur aus Horror, Science-Fiction und
B-Movies anknüpfen. Mitreißend erzählt ist der Film über ein Problemkind beileibe kein »Problemfilm«. Durch seine poppige, dynamische Form und den Sarkasmus der aus dem Off berichtenden Erzählstimme ist eher eine Art irisches Trainspotting entstanden. Auch Danny Boyles Erfolg war vor zwei Jahren ja eine Komödie mit tieferer Bedeutung. Genaugenommen hat auch Jordan zwei Filme auf einmal gemacht:
eine Komödie und einen Horrorfilm.
Vielleicht aber geht diese Verbindung in The Butcher Boy nicht auf. Das Handwerk ist perfekt, man langweilt sich kaum, und weil wir alle gute Menschen sind, leiden wir natürlich auch tüchtig mit Francie Brady mit. Trotzdem weiß man am Ende des leicht konsumierbaren Films nicht, was Jordan uns eigentlich erzählen wollte. Etwas über Freundschaft und Verrat ? Über die Leiden der Kindheit und die Freuden des Schlachterberufs ?
Oder etwas über wichsende Priester, die sich die Jungfrau Maria als Sinead O’Connor vorstellen ? Klar das Wiseguys jetzt antworten: von allem etwas. Und keine Frage, auch Neil Jordan ist als Regisseur ein Wiseguy, und The Butcher Boy ein intelligenter Film. Vielleicht ist es das: das er zu intelligent ist. Also clever. Und eine perfekte Verpackung ist eben doch nicht alles. Remember Afri Cola.