Großbritannien 1998 · 105 min. · FSK: ab 16 Regie: Guy Ritchie Drehbuch: Guy Ritchie Kamera: Tom Maurice Jones Darsteller: Jason Flemyng, Nick Moran, Vinnie Jones, Dexter Fletcher u.a. |
Dashiell Hammetts »Rote Flut« ist schon von Walter Hill, Sergio Leone und Akira Kurosawa verwurstet worden, erst die Briten machen eine Komödie aus der Zielvorgabe, daß fast alle Berteiligten am Ende ziemlich tot sein müssen. Einen wirren Reigen von Kleingangstern, Geldeintreibern, Dealern und sonstigen Nußknackern veranstaltet Jungregisseur Guy Ritchie in Bube Dame König grAs einer Mischung aus Tarantino und Ladykillers. Comedy und Gangster sind untrennbar verbunden lautet eine von Ritchies Grundregeln; darin folgt er Billy Wilder, der schon in Some Like it Hot Mord und Farce verknüpfte. Glaubwürdig und einigermaßen humorvoll will er sein und nicht knietief im Blut waten, was ja nicht die schlechtesten Vorsätze sind.
Auf der Tonspur dröhnen Punk, Beat und Ska. Wir befinden uns im Osten von London. Vier harmlose Lümmel, die sich durch kleine Schwindeleien schadlos halten, haben sich durch schlecht geplantes Glückspiel eine Viertel Million Schulden aufgehalst. Die Rettung vor den ziemlich konkreten Anfechtungen durch die Schuldiger sehen sie darin, daß sie einer Bande von wirklich hartgesottenen Gangstern einen Haufen Geld und Gras stiebitzen. Diesen Coup halten sie für so koscher wie
Weihnachten und entsprechend verläuft der Plan dann auch. Bis zum halbwegs glücklichen Abschluß dezimiert sich die Zahl der Charaktere beträchtlich. Macht nix, die Hauptrolle spielt sowieso der Zufall.
Den ganz harten Burschen mangelt es an Phantasie, um zu ahnen, daß es sie auch mal erwischen könnte. Sie sind grade mal so gewalttätig, daß die Story spannend bleibt, die Dealer so debil gekifft, daß sie sich gegen Riesenknarren mit einem Luftgewehr verteidigen wollen und die
Helden sympathisch naiv. Frauen kommen nur als Stripperinnen oder zugedröhnte pflanzliche Erscheinungen vor. Der Regisseur findet gute Möglichkeiten typische Genreszenen abzuhaken und ihnen zugleich neue Facetten abzugewinnen, wie etwa der ausgelassenen drogenreichen Triumphparty der vier Rotzbuben, die in anderen Filmen nur eine Verschnaufspause geworden wäre.
Bube Dame König grAs hat durch seine Boshaftigkeit und Unbekümmertheit in England einen Riesenerfolg zu verzeichnen und seine Hauptdarsteller, darunter viele Debütanten, in England zu Stars gemacht. Als Nebenfiguren tauchen Sting und der Ex-Footballer Vinnie Jones auf, außerdem ein Dutzend anderer Typen, was den Film überfüllt erscheinen läßt. Trotzdem kann man an ihm genau ersehen, was Til Schweiger bei seinem kürzlich gestarteten Regieerstling Der Eisbär, dem ein ähnliches Konzept zu Grunde lag, alles falsch gemacht hat. Schweiger hat nämlich bei seiner Profikiller-Farce völlig vergessen, den Schauplatz des Possenspiels genau zu definieren. Ritchie hingegen stellt eingangs die Koordinaten klar und arbeitet dann mit dem Wissen des Betrachters. Seine Story ist so konstruiert, daß man stets eine zusätzliche Komponente im Kopf hat, bevor
die Geschichte auf den nächsten Tumult zusteuert. Das schafft Vorfreude, die aber nie enttäuscht wird. Die Höhepunkte werden dann sehr schnell mit vielen Wendungen aber ohne feierliche Metzeleien, schelmische Inside-Gags und überdeutliche Freude an der eigenen Dreistigkeit über die Bühne gebracht.
Schön, wenn man nicht für blöd gehalten wird.