Deutschland 2017 · 100 min. · FSK: ab 0 Regie: Ralf Huettner Drehbuch: Christian Limmer Kamera: Armin Dierolf Darsteller: Henning Baum, Sophie Rois, Alexander Beyer, Uwe Ochsenknecht, Gen Seto u.a. |
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Abziehbilder einer anderen Zeit |
Hatte sich der erste Teil der filmischen Adaption von Oliver Hassencamps Kinderbuchreihe, Burg Schreckenstein, bereits sichtlich darum bemüht, die moralisch-pädagogisch vermieften 1950er-Jahre der Vorlage wohltuend auszustänkern, gleichzeitig aber genug aus der Vorlage zu belassen, um auch jene Eltern zu erreichen, für die diese Kinderbuchreihe Teil ihrer Lesebiografie sind, ist mit Burg Schreckenstein 2 – Küssen (nicht) verboten nun Schluss mit der Vorlage.
Was bleibt, ist das von der Witwe von Hassencamp erworbene Franchise und natürlich die beiden Internate für Jungen (Schreckenstein) und das für Mädchen (Rosenfels). Und selbstverständlich das bekannte Team, das bis auf Harald Schmidt als Graf Schreckenstein komplett mit an Bord ist. Für Schmidt hat Uwe Ochsenknecht als dessen Vetter Kuno die Leitung übernommen und erfüllt auch tatsächlich die wohl damit anvisierte Konsistenz im Schulfach »Blödelei«. Erträglich ist das wie bereits im ersten Teil allein durch die souveräne Präsenz von Sophie Rois als Leiterin des Mädcheninternats von Rosenfels und als verbiesterter Anticharakter zu den Blödeln vom Dienst.
Ging es im ersten Teil noch um die Entwicklung von Charakteren, so geht es in der Fortsetzung hauptsächlich um ihre Etablierung. Denn es kommen keine neuen Schüler mehr dazu und alle, die da sind, sind gerne auf Schreckenstein, auch wenn inzwischen mehr oder weniger stark am Pubertieren. Und ganz wie im klassischen Genderpoker wird auf allen Ebenen konsequent die Karten nach Mädchen- und Jungenstereotypen ausgespielt. Anders als Detlev Buck in seinen Bibi & Tina-Filmen hat Ralf Huettner (Vincent will Meer) in Burg Schreckenstein 2 kaum Interesse an starken Mädchen und neuen Geschlechterverhältnissen, aber wie Buck bedient natürlich auch Huettner die junge Generation mit den üblichen Erwartungen: werden Songs eingespielt und Gadgets bedient. Und wird letztendlich auch eine einigermaßen tragfähige Geschichte in den Raum gestellt: Da Burg Schreckenstein verschuldet ist, soll verkauft werden. Und zwar an chinesische Investoren, die Schreckenstein in einem Themenpark wieder aufbauen wollen.
Selbstredend verstehen die Erwachsenen zuletzt, was das eigentlich bedeutet und sind es natürlich die Kinder, die handeln. Huettner zieht hier zwar deutlich das Tempo seines frisierten Oldtimers an, aber sowohl die Chinesen, als auch die Action-Sequenzen bleiben blasse Abziehbilder einer anderen Zeit und erreichen bei Weitem nicht die mögliche politische Action-Präsenz, die etwa ein vergleichbarer Film wie Die Pfefferkörner und der Fluch des Schwarzen Königs durchaus besitzt. Das liegt wohl vor allem daran, dass sich Huettner mehr für menschliche Skurrilitäten als wirtschaftspolitische Miseren interessiert. Dem biederen Korsett der literarischen Vorlage ist damit dann doch nicht zu entkommen – ein bisschen brav, ein bisschen frech, ein wenig blödeln, ein wenig ernsteln reicht einfach nicht aus, um mehr zu sein als ein Mantel von der Stange.