Großbritannien 2003 · 108 min. · FSK: ab 0 Regie: Nige Cole Drehbuch: Tim Firth, Juliette Towhidi Kamera: Ashley Rowe Darsteller: John Alderton, Angus Barnett, Linda Bassett, George Costigan u.a. |
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Ja, so kennen und lieben wir merry old England: sanfte grüne Hügel mit gelegentlichen Steinmäuerchen, rote Telefonzellen, Pubs und idyllische Ortschaften, bewohnt von verschrobenen, aber um so liebenswerteren Charakteren, die lustige Dinge tun:
Es ist nicht immer aufregend, dass Leben in einem kleinen englischen Landstädtchen. Mehr aus Gewohnheit (»Meine Mutter ist immer hingegangen«) als aus Begeisterung nehmen auch Annie und Chris an den Versammlungen des
Women Institutes teil, obwohl sie die Vorträge über Broccoli und die Wettbewerbe für des beste Backwerk beim Sommerfest eigentlich nicht mehr ausstehen können. Kleinen Subversionen (Teilnahme am Wettbewerb mit gekauftem Kuchen) sorgen für Abwechslung. Doch schon der Gedanke an den jährlichen Wohlfahrts-Kalender – Motiv: Kirchtürme – lässt die beiden Heldinnen erschauern.
Da erkrankt Annies Mann John an Krebs, nach langen Krankenhausaufenthalten stirbt
er. Doch sein Vermächtnis ist eine neuer Zweck für den jährlichen Kalender: die Einnahmen sollen dazu dienen, dem Krankenhaus eine neue, bequeme Couch für das Besucherzimmer zu spenden. Und den Erfolg der Aktion sollen (in Erinnerung an Johns Worte »Die Frauen Yorkshires sind wie die Blumen Yorkshires ...«) die neuen Kalendermotive sichern: Portraits der mitten im Leben stehenden Damen aus dem Frauenverein als künstlerische Akte! Ein Gedanke, der nicht nur Chris' Sohn
nachhaltig irritiert.
Eine witzige Idee: die wahre Geschichte einiger englischer Frauen und ihres skandalösen, aber um so erfolgreicheren Akt-Kalenders zu verfilmen. Ganz nebenbei wird hier der Beweis erbracht, dass zunehmendes Alter und abnehmende Attraktivität nicht zwingend zusammengehören, und auch die Auswirkungen unerwarteten Ruhmes werden thematisiert. Helen Mirren als wunderbar unangepasste Ehefrau und Mutter und Julie Walters als durchaus nicht resignierende Witwe spielen lebendig und frisch – doch auch sie können nicht verhindern, dass das letzte Drittel absackt und das endnahe Kippen ins Melodramatische aufgesetzt wirkt. Der Film strotzt von witzigen Miniaturen, die es teils sogar in den Trailer geschafft haben (das Schultertattoo), die aber im Verlauf der Handlung einfach keine Rolle spielen. Die Konflikte werden eher behauptet als dargestellt (welche Beziehung haben eigentlich John und Chris, woher plötzlich der Wahn, auf Kosten von Freundschaft, Ehe und Mutter-Sohn-Beziehung nach Ruhm zu streben), und ihre »Lösung« wird kurz darauf einfach herbeigezaubert.
Ein Kinobesitzer pries den Film mit den Worten an: »Wer Ned Devine mochte, dem wird auch dieser Film gefallen«. Nicht unbedingt eine Empfehlung – ohne Zweifel reiht sich Calendar Girls nahtlos ein in eine Reihe anspruchslos bis schlampig gemachter England- und Irland-Komödien à la Grabgeflüster/Grasgeflüster, die zwar auf einer pfiffigen Idee basieren, aber knietief in Klischees waten, die Konsistenz der Geschichte den Pointen opfern und trotz zweifellos grandioser Darsteller wenig für gekonnte Schauspielführung oder ein intelligentes Buch übrig haben. Wenn auch der Inhalt (Menschen, die das normal nicht tun, präsentieren sich nackt in der Öffentlichkeit) an Ganz oder gar nicht erinnert: die Inszenierung kommt dem nicht einmal nahe.
Aber nichts gegen anspruchslose Unterhaltung, es gibt sicher schlechtere Möglichkeiten, die nasskalten Wintertage hinter sich zu bringen. Lachen ist gesund, und wer nicht mehr erwartet als eine mit der heißen Nadel gestrickte Komödie, kann auch nicht enttäuscht werden.