USA 2014 · 102 min. · FSK: ab 12 Regie: Daniel Barnz Drehbuch: Patrick Tobin Kamera: Rachel Morrison Darsteller: Jennifer Aniston, Adriana Barraza, Anna Kendrick, Sam Worthington, Mamie Gummer u.a. |
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Jennifer Aniston in einer Charakterrolle |
Wenn jede Bewegung schmerzt, jeder Gedanke von Kummer dominiert wird und das Leben nur noch als eine Qual erscheint, kann die Anwandlung, diese Welt hinter sich zu lassen, durchaus verlockend sein. Gruppentherapie: Die junge Mutter Nina (Anna Kendrick), die an den regelmäßig stattfinden Treffen teilnahm, hat das Leben nicht mehr ausgehalten und den Suizid gewählt. Die bestürzten Gruppenmitglieder sollen nun ihre Gedanken miteinander teilen und den tragischen Todesfall zusammen mit der bemühten Psychologin (Felicity Huffman) verarbeiten. Doch die an chronischen Schmerzen leidende Claire Bennett (Jennifer Aniston) spult stattdessen mit tiefernster Miene und spöttischem Gestus einfach nur die traurigen Fakten zu Ninas Freitod und zur Rückführung ihres Körpers aus Mexiko in die USA herunter, um die emotionalen Reden der anderen Frauen nicht mehr ertragen zu müssen. Nach der einführenden Sequenz ist das Interesse an dieser zutiefst sarkastischen Frau geweckt, welche in ihrem direkt- beleidigenden Verhalten an den Vicodin-Abhängigen Dr. Gregory House erinnert. So wie der herausragende Diagnostiker und Menschenfeind in der Fernsehserie »Dr. House« ist auch Claire immerzu mit Schmerzen konfrontiert und nutzt alle Mittel und Möglichkeiten, um Schmerzblocker und Beruhigungsmittel zu beziehen – da werden Ärzte belogen und auch schon mal die Haushälterin für fragwürdiges Medikamentenshopping in Mexiko eingespannt.
Tell me a story where everything works out in the end for the evil witch (Claire Bennett)
Nach ihrem herzlosen Monolog über die verstorbene Nina regt die zuständige Psychologin an, dass Claire sich doch bitte eine andere Gruppe suchen solle. Genauso wie die Damen der Therapiegruppe, haben auch alle anderen Personen in Claires Umfeld unter ihrem Missmut und ihrer Boshaftigkeit zu leiden, so dass nur noch ihre langjährige Haushälterin Silvana (Adriana Barraza) treu zu ihr hält. Für die missmutige Protagonistin, die in jeder Szene in Regisseur Daniel Barnz Drama Cake im Zentrum des Geschehens steht, stellt sich die Frage, warum sie in Anbetracht ihrer permanenten physischen wie psychischen Leiden, noch unter den Lebenden weilen soll. Dabei entwickelt Claire ein obsessives Interesse an der verstorbenen Nina, sucht den Ort ihres Freitodes auf und versucht mit dem Witwer in Kontakt zu treten, um mehr über die verzweifelte Ehefrau und Mutter zu erfahren, die in Claires Tagträumen auf sie einredet.
Als Spezialistin für romantische Komödien und erfolgreichstes Mitglied der ehemals umjubelten »Friends«-Clique darf Jennifer Aniston (Marley & ich) als emotional und körperlich ausgebrannte, ehemalige Anwältin Claire einmal fern ihrer üblichen Rollen ihr schauspielerisches Talent unter Beweis stellen. Mit ihrem engagiert- furchtlosen Spiel macht Aniston annähernd greifbar, wie zermürbend sich eine Existenz unter chronischen Schmerzen darstellt und lässt an der beständigen inneren Unruhe, die mit einem Bedürfnis nach immer stärkeren Medikamenten einhergeht, teilhaben. Claires Art ist dabei oftmals unausstehlich, doch lässt der offensichtliche hohe Leidensdruck, der unter der abweisenden äußeren Hülle aus Wut und Sarkasmus brodelt, auch Verständnis und Mitgefühl für die gezeichnete Frau aufkommen.
Doch auch wenn Aniston eine beeindruckende schauspielerische Leistung zeigt, kann Regisseur Daniel Barnz' (Beastly) zwischen gedämpften Blau- und Grautönen changierender Film nicht wirklich ergreifen – dafür ist Cake zu eindeutig auf seine Leading Lady und ihren (unerfüllt gebliebenen) Oscar-Traum hin ausgerichtet. Bei der extremen Fixierung auf die schwermütige Protagonistin kommen Claires Bezugspersonen schlicht zu kurz und erscheinen als lieblos entworfene Figuren einer Drama- Fertigbackmischung. Adriana Barraza macht dabei noch das Beste aus ihrer Rolle der herzensguten Silvana und etabliert sie als emotionalen Ruhepol des Filmes, auch wenn die Figur der fürsorglichen Haushälterin direkt aus einem Drehbuchkurs zu entspringen scheint. William H. Marcy darf derweil nur kurz auftreten, um als Auslöser für einen hysterischen Gefühlsausbruch zu fungieren, der wohl auf Grund von Anistons Oscar-Ambitionen in die, an sich ohne Überdramatisierungen auskommende Story integriert wurde. Die reine Funktionalisierung der Nebenfiguren macht auch vor dem trauernden Witwer, der Claires Situation spiegeln darf, sowie ihrem farblos agierenden Gatten nicht halt. Der aufstrebenden Anna Kendrick wird gar die undankbare Aufgabe zuteil, als verstorbene Nina in Claires Tagträumen dafür herhalten zu müssen, dass die Lebenszweifel der Protagonistin auch klar genug kommuniziert werden. Dieser Drehbuchkniff zur Offenbarung der Gedankengänge der leidenden Claire erweist sich als unnötig – reicht doch schon das schmerzverzehrte Gesicht Anistons aus, um den Leidensdruck und die Todessehnsucht der Protagonistin zu begreifen.