USA 2002 · 141 min. · FSK: ab 6 Regie: Steven Spielberg Drehbuch: Jeff Nathanson Kamera: Janusz Kaminski Darsteller: Leonardo DiCaprio, Tom Hanks, Christopher Walken, Martin Sheen u.a. |
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Betrüger kommen besser an |
Betrachtet man den neuen Film von Steven Spielberg Catch Me If You Can vorab einmal ganz sachlich, so erkennt man vor allem Altbewährtes und -bekanntes.
Einmal mehr erzählt Spielberg seine ureigenste Geschichte vom Jungen, der ein Mann werden muss, als Mann aber immer ein Junge bleiben will, von der zerstörten Familie, von der Suche nach einer Ersatzfamilie (vor allem einem Ersatzvater), von einem langen, schwierigen Weg, der doch im Glück endet, weil jeder
Mensch mit gutem Herzen eine zweite Chance bekommt, egal was vorher war.
Hinzu mischt Spielberg ein wenig Felix Krull, ein wenig Hauptmann von Köpenick, ein wenig Thomas Crown und bemüht, wie seine Kollegen in Filmen wie Blow oder Casino, den Mythos vom Aufstieg und Fall des genial begabten Verbrechers mit realem Vorbild.
Spielberg ist sicher ein guter Regisseur, doch erwartet man selbst von ihm nicht, aus diesen bekannten Versatzstücken etwas aufregend Neues zu machen. Aber schon die ersten Minuten des Films weisen darauf hin, dass man hier auch gar nicht nach etwas grundlegend Neuem suchen sollte, sondern vielmehr das unwiderstehlich Alte entdecken kann.
Die wunderschönen Anfangstitel (produziert von der renommierten Animationsfirma Nexus – sehr sehenswerte Homepage unter
www.nexuslondon.com – und gestaltet von den Künstlern Florence Deygas und Olivier Kuntzel), die sich stilistisch zwischen Saul Bass und coolem Blue Note-Design bewegen, zusammen mit der charmant swingenden Musik von John Williams, stehen für den sympathischen Retro-Look des ganzen Films, der den richtigen Mittelweg zwischen ehrfürchtiger Huldigung, schamlosen Ausbeuten und verklärter Nostalgie findet.
Die Geschichte von Catch Me If You Can ist dabei so einfach wie unglaublich (da auf einer wahren Begebenheit beruhend). Der junge Frank Abagnale (Leonardo DiCaprio) muss dabei zusehen, wie sein Vater (Christopher Walken), ein netter Geschäftsmann und Kriegsveteran, alles verliert. Als sich deshalb seine Eltern scheiden lassen, läuft Frank von zu Hause weg, ohne Geld, aber mit einem neuen Scheckbuch. Aus der Not heraus wird er zum Scheckbetrüger, der schließlich zur Vereinfachung seiner Betrügereien in die Rolle von Piloten, Ärzten und Anwälten schlüpft. Dass ihm seine Umwelt diese dreisten Hochstapeleien abnimmt, obwohl er keine zwanzig Jahre alt ist und nicht einmal einen Schulabschluß vorweisen kann, beweist nur einmal mehr, dass die Welt betrogen werden will. Der einzige, der sich vom schönen Schein nicht blenden läßt (mit einer Ausnahme), ist der pedantische FBI-Agent Hanratty (Tom Hanks), der sich auf die Jagd nach Frank macht, womit ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel beginnt.
Spielberg macht daraus Unterhaltung in seiner reinsten und besten Form.
Komisch aber nicht platt, geistreich aber nicht kompliziert, mit Tempo aber nicht hektisch, visuell beeindruckend aber nicht formverliebt, ironisch ohne zu verspotten, nachdenklich aber nicht gedankenschwer.
Mit einer (für Spielberg in letzter Zeit eher ungewohnten) Leidenschaft für Zitate und Anspielungen, einem (für gute Komödien so wichtigen!) punktgenauen Timing und einem bildlichen Humor,
der an die Qualitäten der in den letzten Jahren von DreamWorks (co)produzierten Animationsfilme denken läßt, bietet der Film feinstes Entertainment, das einen selbst die, zum Schluß hin immer aufdringlichere, frohe Botschaft vom amerikanischen Traum und einem versöhnlichen Alles-wird-gut überstehen läßt.
Trotz durchgehend guten Leistungen der Darsteller bietet die sehr visuelle Inszenierung Spielbergs nur wenig Platz für schauspielerische Highlights. Erstaunlicherweise ist es dabei nicht der sich ständig wandelnde DiCaprio, der sich mit seiner Darstellung doch etwas heraushebt, sondern der stoisch gleichbleibende Tom Hanks, als penibel humorloser FBI-Agent. Hanks hat dabei das Glück, dass das Drehbuch seiner Rolle zumindest ein paar Geheimnisse läßt, während die Beweggründe von Frank alias DiCaprio in aller Ausführlichkeit ausgebreitet, ausgeleuchtet und aufgearbeitet werden.
Dass keine der Schauspielleistungen den Film überstrahlt, gehört dabei wohl zu Spielbergs Kalkül. Denn alle Teile des Films, vom Drehbuch über die Kamera, die Musik, das Design, den Schnitt und eben die Schauspieler, arbeiten auf gleich hohem Niveau und Spielberg fügt alles zu einem ausgewogenen und damit besonders »bekömmlichen« Ganzen zusammen.
Spielberg ist eben kein Hochstapler, der die Menschen nur mit bunten Bildern und schönem Schein täuscht. Sein Film platzt nicht wie
ein gefälschter Scheck von Frank Abagnale, sondern zahlt sich voll und ganz aus.