GB/USA 2021 · 119 min. · FSK: ab 16 Regie: Guy Ritchie Drehbuch: Guy Ritchie, Ivan Atkinson, Marn Davies Kamera: Alan Stewart Darsteller: Jason Statham, Scott Eastwood, Jeffrey Donovan, Josh Hartnett, Niamh Algar u.a. |
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Der verzweifelte Versuch mit eiserner Hand ein wenig Gerechtigkeit zu pflücken | ||
(Foto: Studiocanal) |
Schon die ersten Minuten dieses Films haben etwas Unangenehmes an sich – sogar noch bevor es kracht. Man befindet sich im Inneren eines Geldtransporters, einem unwirtlichen Panzer, in dessen stählerner Atmosphäre man die Klaustrophobie förmlich atmen kann. Und dann kracht es! Das Fahrzeug wird überfallen, seines Inhalts entleert und die Insassen förmlich hingerichtet. Die düstere Schwere, die Guy Ritchies Cash Truck erzeugt, zieht sich dann auch durch die komplette Geschichte. Aber nicht nur deswegen steckt in seinem Werk mehr als durchschnittliches Action-Kino.
Nun betritt Patrick Hill (Jason Statham) das Schlachtfeld. Er heuert als Neuer bei der Geldtransport-Firma an, die gleich zu Anfang Opfer eines Überfalls wurde. Hill – oder »H«, das Pseudonym, das ihm sein Ausbilder Bullet (Holt McCallany) aussucht – schafft die Aufnahmeprüfung gerade so und wirft sich in den Macho-Ring, der dieser Arbeitsplatz nun einmal ist. Den schweigsamen Neuankömmling provoziert man mit Sticheleien und macht ihm klar, dass dieser Job kein Kindergeburtstag wird. H bleibt jedoch cool. Ein wenig zu cool. Um es genau zu sagen, unnatürlich und beängstigend cool. So richtig trauen kann man ihm nicht. Spätestens als er selbst in einen Raubzug verwickelt wird und sich als nicht zu stoppender Pistolero entpuppt, der ganz nebenbei Geld und Leben rettet, kommt die berechtigte Frage auf, wen man sich da eigentlich angelacht hat. So viel darf schon einmal verraten werden: einen Mann mit einer privaten Mission.
Die Geschichte dieses Mannes entblättert Ritchie nun in Rückblenden und Perspektivenwechseln. So richtig vorhersehen lässt sich lange Zeit nichts, ein wenig erinnert das an Guy Ritchies letzten Film The Gentlemen. Im Gegensatz zu diesem versucht der Regisseur jedoch keine flotte Gangster-Komödie im Stil seiner frühen Werke (Bube Dame König grAs, Snatch – Schweine und Diamanten) auf die Leinwand zu bringen, sondern setzt dem Publikum einen durch und durch ernsthaften, brutalen Rache-Thriller vor. Das ist vor allem ein großes Plus für die Zeichnung der Figuren. Die Reise in Hills Vergangenheit zeigt schon nach kurzer Zeit, dass es hier keine Guten gibt. Auch bei wechselnden Täter-Opfer-Verhältnissen ist im Endeffekt niemand unschuldig. Im Fall der Hauptfigur wird man den Gedanken nicht los, Hill habe sich selbst in die Tragödie gestürzt, die nun seinen Rachefeldzug rechtfertigen soll.
Dabei ist es auch mehr als Zielgruppenorientierung, dass das Testosteron gefühlt aus jeder Einstellung fließt. Durch den überwiegend männlichen Cast wird man mit Maskulinitätswahn, Chauvi-Kultur und den Sachen konfrontiert, die »ein Mann eben tun muss«. Das alles mündet in einer Gewaltspirale, in der niemand mehr das eigene Tun hinterfragt. Am deutlichsten wird das an Stathams Figur selbst, die in ihrem kompletten Fehlen an Emotion weniger wie der typische Einzeiler-Muskelprotz wirkt, sondern wie das traurige Überbleibsel eines ausgestorbenen Helden-Kults. Cash Truck haftet so durchgehend etwas Tristes an, die zahlreichen Gewaltszenen sind nicht ins Comichafte überzeichnet, sondern gleichen oft dem verzweifelten Versuch, mit eiserner Hand ein wenig Gerechtigkeit pflücken zu dürfen. Das trifft auf Hill zu, genauso wie auf seine Gegenspieler. Im Grunde reitet sie alle derselbe Dämon.
Cash Truck ist neben diesem ganzen Pessimismus natürlich noch ein unterhaltsamer Action-Thriller. Zwei Stunden wird geschossen, gesprengt und gestorben. Trotzdem bleibt nach Verlassen des Kinos ein beklemmendes Gefühl, das sich vielleicht nicht sofort identifizieren lässt. Gerade deswegen kann man diesem Film auch eine Chance geben, wenn man nicht gerade in diesem Genre beheimatet ist.