Deutschland 2023 · 100 min. · FSK: ab 0 Regie: Mike Marzuk Drehbuch: Mike Marzuk, Korbinian Wandinger Kamera: Richard van Oosterhout Darsteller: Lilit Serger, Momo Beier, Cara Vondey, Rona Regjepi, Barbara Romaner u.a. |
||
Gruppenbild mit jungen Damen und Pinguin | ||
(Foto: DCM) |
Wie übel es um den deutschen Kinderfilm trotz toller Initiativen wie der des besonderen Kinderfilms steht, sieht man nicht nur an der inflationären, man könnte fast sagen schon: feigen Auswahl der Stoffe. Die Verfilmung von Kinderbuchbestsellern sind inzwischen fast schon der Standard, und das inzwischen in einer grotesken Steigerung: warum nicht wieder einen Räuber Hotzenplotz oder das fliegende Klassenzimmer, auch wenn es das schon einige Male zuvor gegeben hat. Die Krux dabei ist, dass dabei nicht einmal ein Mehrwert entsteht, diese Neuverfilmungen oft so entsetzlich angepasst sind und ihre Vorgänger wie Sechserschüler kopieren, dass es einen wie bei den beiden genannten Beispielen ganz und gar fassungslos macht.
Das aber Traurigste an dieser gruseligen Gutenachtgeschichte ist, dass die Eltern mit ihren Kindern diese Filme auch besuchen und das Mittelmaß zum Box-Office-Hit machen, wie etwa Die Schule der magischen Tiere 2, dessen erster Teil, Die Schule der magischen Tiere noch brauchbar war, aber dessen zweiter Teil kaum mehr als eine schlechte Kopie des ersten Teils ist. Aber dennoch mehr als 2 Millionen Besucher verbuchen konnte und ihn zu einem der erfolgreichsten deutschen Filme des Jahres 2022 machte. Doch wer sich an das Mittelmaß gewöhnt, den überfordern irgendwann die Kinderfilme, die mutigere Wege gehen, wie Mission Ulja Funk, Träume sind wie wilde Tiger oder der großartige Zu weit weg, die dann bestenfalls auf Festivals, Schulkinowochen, im Rahmen einer Initiative wie Filmernst oder dann und wann in einer Kindermatinee eines regulären Kinos am Sonntag laufen.
Mike Marzuks Die Chaosschwestern und Pinguin Paul wird diese Entwicklung weiter zementieren, eine Entwicklung, die natürlich irgendwann dahin führt, dass die Kinder, die diese Filme sehen, als Erwachsene kaum mehr Interesse an der Vielseitigkeit des Kinos haben und die jetzt schon schwindenden Zuschauerzahlen nur noch mehr forcieren dürften.
Dabei hat die literarische Vorlage durchaus mehr Potential, denn in der Chaosschwestern-Buchserie erzählt die Autorin Dagmar H. Müller nicht einfach nur linear die Geschichte sehr unterschiedlicher Schwestern und erfrischend inkompetenter Eltern, sondern wird in parallelen Handlungssträngen zu jedem Mädchen eine eigene, sich gegenseitig ergänzende Geschichte erzählt.
Obwohl sich die Buchserie überaus gut verkauft, scheinen Regisseur Mike Marzuk und sein Co-Drehbuchautor Korbinian Wandinger ihr junges Publikum lieber nicht überfordern zu wollen. Und auch im Übrigen steht Unterforderung ganz oben auf der To-do-Liste dieses Films, in der im Grunde nur eine Gestalt für ein paar Minuten überraschend heraussticht, und das ist Pinguin Paul selbst, der die Schwestern in ihrem Tagesablauf auf neue Wege leitet, dann aber in einer grotesken Verfolgungsklamotte zunehmend an Reiz verliert.
Das liegt auch daran, dass Marzuk den inzwischen schon völlig ausgenudelten pädagogischen Gegenwartstandards wie Mädchenpower und Tierschutz nichts Neues hinzufügt, sondern munter kopiert, was schon 1000 Mal kopiert wurde. Weitaus schlimmer ist jedoch, dass Marzuk wie schon in seiner Klamotte Der junge Häuptling Winnetou (2022) im gleichen Atemzug die Moderne mit völlig verschnarchten Klischees und Gags anreichert, die weder vom Timing noch sonst irgendwie funktionieren. Allein die trottelige Darstellung der männlichen Hauptrollen ist so unfassbar fantasielos und jeder Handlungsstrang so unvorstellbar vorhersehbar, dass einem wirklich Angst und Bange wegen dieses Unterforderungsattentats auf arme, unschuldige Kinder und ihre ahnungslosen erwachsenen Begleiter wird.