USA 2015 · 105 min. · FSK: ab 0 Regie: Kenneth Branagh Drehbuch: Chris Weitz Kamera: Haris Zambarloukos Darsteller: Cate Blanchett, Lily James, Richard Madden, Stellan Skarsgård, Holliday Grainger u.a. |
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Die Guten ins Töpfchen… |
Es war einmal eine Zeit, da dachte man bei dem Wort »Märchen« an dicke Buchschwarten, aus denen vorgelesen wurde und an die Brüder Grimm. Heute denkt man eher an Hollywood und die Disney-Studios. Nicht mehr nur als Zeichentrick-Klassiker, wie Schneewittchen und die sieben Zwerge, sondern auch im Spielfilm boomen derzeit die Märchenstoffe, gleich drei »Rotkäppchen«-Variationen, allesamt sehenswert, kamen allein in den letzten drei Jahren aus Amerika, jetzt auch Cinderella. Das Märchen vom Aschenputtel, der unscheinbaren Tochter aus gutem Haus, die von einer bösen Stiefmutter zur Dienstmagd degradiert wird, nur um durch Outfit, Dresscode und einer guten Fee als Stylistin um so höher aufzusteigen und das zu schaffen, wovon viele junge Mädchen angeblich auch heute noch träumen: die Heirat mit einem schönen Prinzen.
Cinderella ist zunächst einmal ein großes Liebesmelo... Kenneth Branagh, der britische Schauspieler und Gelegenheitsregisseur hat sich der Neuverfilmung angenommen, und, um es gleich vorweg zu sagen – sie ist ihm prächtig geglückt.
Cinderella ist ein spektakulärer Film, der ganz bewusst ein Gegengift gegen postmoderne Grimm-Updates wie die Musicalverfilmung Into the Woods sein will, und sich ganz in die Tradition der 65 Jahre alten Cinderella-Animationsversion stellt. Zugleich wirkt der Film umwerfend frisch. Die Hauptfigur wird von »Downton Abbey«-Star Lily James gespielt – ein
süßes Mädchen, das weiß, was sie will, und an das Gute glaubt. Auch sonst liegt eine Stärke dieser Verfilmung in ihren Darstellern. Da ist zum einen Cate Blanchett als Stiefmutter, die genüsslich in der Bosheit schwelgt.
Da ist zum zweiten aber auch Helena Bonham Carter, die – noch unerwarteter, noch mehr als Blachett selbstironisch und ein bisschen rampensäuisch in der Überraschung ihres Auftritts und dem eigenen Sarkasmus schwelgend – die gute Fee gibt, die
Cinderella unverdrossen und im richtigen Moment mit den richtigen Tricks zur Seite steht.
Die Stärke dieses Films liegt aber auch in seiner Direktheit, einer dem Märchen ganz angemessenen Naivität und Aufrichtigkeit.
Der Brite Branagh ist als Möchtegern-Lawrence-Olivier unserer Tage berühmt geworden, mit gediegenen Remakers von dessen Shakespeare-Klassikern Hamlet und Heinrich V. Doch seine besseren Filme waren die Komödie Much Ado About Nothing und die poppige Mozart-Adaption Zauberflöte von 2006.
Daran schließt er nun an. Branaghs Cinderella ist ein Fantasyfilm und ein Kostümschinken, mit prächtig-opulentem Productiondesign, bonbonfarben und – das darf bei Disney nicht fehlen – computergenerierten Tieren, die auch sprechen können.
Branagh vertraut seiner Story, auch den kitschig-barocken Elementen der klassischen Märchenfassung von Charles Perrault, die der der Grimms voraus ging, und gibt alles nicht voreilig preis. Aber er peppt es mit gelegentlichen kleinen Shakespeare-Echos auf, ein bisschen »Hamlet« hier, ein bisschen »Sommernachtstraum« da, und bereichert alles durch subtil-ironische Details, wie eben die mit Lust chargierende, sonst so heilig und wirkende Cate Blanchett auf den Spuren von Meryl Streep.
Der Film Cinderella, das ist seine größte Stärke, weiß, was er ist, und will nichts anderes sein. Weil er sich selbst nicht übertrieben ernst nimmt.
Am Ende steht der Kinderglaube, den man nicht teilen muss, um ihn im Kino ab und an und zwischen aller lärmenden Action und allem skeptisch-klugen Autorenkino und allen Portraits übers Elend dieser Welt ab und an zu genießen: Es ist Aschenputtel, Kinderglaube an den Sieg des Guten, des Schönen und des Zaubers.
Also der Sieg Hollywoods – zu schön um wahr zu sein natürlich: »Where there is kindness, there is goodness, and where there is goodness, there is magic!«