Griechenland 2009 · 94 min. · FSK: - Regie: Giorgos Lanthimos Drehbuch: Giorgos Lanthimos Kamera: Thimios Mpakatakis Darsteller: Anna Kalaintzidou, Aggeliki Papoulia, Christos Passalis, Christos Stergioglou u.a. |
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Von der Welt noch ganz unberührt |
Mit verstörenden, provokativen Humor zeigt Lanthimos in seinem Film Kynodontas das Leben einer griechischen Familie, die zusammen mit ihren drei ausgewachsenen Kindern in einer Villa hinter einem hohen Zaun im Vorort lebt. Die fürsorglichen reichen Eltern wollen das Beste für ihre Sprösslinge, daher lassen sie sie nicht über die Grenze ihres Grundstücks rausgehen. Das Leben funktioniert beinah einwandfrei nach den von den Eltern aufgestellten Regeln. Unter anderem sind es neue Sprachregeln nach denen die Begriffe ihre gewöhnte Gültigkeit verlieren und neu definiert oder die Sachen umbenannt werden: zum Beispiel »Autobahn« oder »Lampe« oder »Ohr« bedeuten nach diesen Regeln ganz was anderes als man denken würde. Ebenfalls gilt folgende Regel: erst wenn bei dem Kind der linke oder rechte Schneidezahn rausfällt, kann es das elterliche Haus verlassen.
In ihrer Langweile überlassen sich die Kinder den Spielen, die einerseits von kindlicher Naivität, anderseits von Perversität und Grenzerfahrungen geprägt sind. Das ganze Geschehen findet in einem namenlosen Nichtort statt. Wie die Kinder oder die Eltern heißen, bleibt ebenfalls unbekannt. Nur ein Name taucht auf, der Name einer Person die als Einzige den Zugang in diese geschlossene Welt hat, Katarina...
Der Film hat eine verstörende Wirkung mit dieser abgeschlossenen Welt, die er zeigt. Die Schauspielerinen, die durch und durch emotionslos spielen, tragen hervorragend zu dieser Unbehaglichkeit bei, da sie keinerlei Gefühlsregungen verraten – der Zuschauer weiß nicht, ob die Protagonisten das Ganze ernst nehmen oder ebenfalls als perverses Spiel betrachten.
Die Tonlage des Films ist dabei von einem tiefschwarzen, bisweilen auch etwas pubertären Humor geprägt, wodurch der Film trotzdem an seiner Ernsthaftigkeit und Vielschichtigkeit nicht einbüßt: er zeigt über die meiste Zeit ein sehr feines Spiel mit Sprache, Performanceelementen, Ästhetik des Bösen, Abgründe der Sexualität und des Menschlichen.
Yorgos Lanthimos, in Griechenland vor allem bekannt für Videoaufnahmen von Tanzperformances und Werbespots, hatte offensichtlich einen erfolgreichen Auftritt auf dem Münchner Filmfest. Den Ruhm hat ihm bereits ein Preis in Cannes eingebracht, wo er dieses Jahr in der Reihen »Un Certain Regard« lief. Eine wohlverdiente Aufmerksamkeit!