Deutschland/Schweiz 2022 · 103 min. · FSK: ab 0 Regie: Nama Filmcollective Drehbuch: Nama Filmcollective Kamera: Nama Filmcollective Schnitt: Pola König |
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Warum Indien so ist, wie es ist... | ||
(Foto: Misssing Films) |
Es war eine Mammutwahl – gestern wurden in Indien die Ergebnisse verkündet. Alle fünf Jahre sind knapp eine Milliarde Menschen dazu aufgerufen, in der größten demokratischen Wahl der Welt ihre Stimmen abzugeben. Wie erwartet, gingen der amtierende Premierminister Narendra Modi und seine hindhu-nationalistische Partei BJP erneut als Sieger aus den Wahlen hervor. Aber unerwartet für viele Pessimisten verlor der Amtsträger Stimmen und absolute Mehrheit. Die Demokratie in
Indien erwies sich als widerständiger und stärker, als es viele wahrhaben mochten.
Dies ist nur der neueste von vielen Anlässen, sich mehr und intensiver mit Indien zu beschäftigen.
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»Ich war ein ziemlich normales indisches Kind. Ich liebte Cricket, Filme und Gandhi...« Der Regisseur dieses Films, dessen Name anonym bleibt, erzählt hier seine eigene Geschichte und die seiner Familie: »Meine Eltern genossen die Früchte des indischen Fortschritts. Als erste Generation wuchsen sie im freien Indien auf. Und sie ließen es sich gut gehen.«
Sie sind repräsentativ für einen bestimmten Teil von Indien und gleichzeitig auch wieder nicht, denn es handelt sich um eine gebildete, vergleichsweise wohlhabende Familie und nach der High School zog man zunächst einmal weg aus Bombay in die USA.
Als die Eltern wieder nach Indien zogen, ging er nach Europa, um Filmemacher zu werden.
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Jetzt, 20 Jahre später, ist er für ein paar Monate zurückgekommen, um sich des Landes seiner Herkunft wieder zu vergewissern, um seine Familie in New Delhi zu besuchen, und zahlreiche Verwandte und Bekannte im ganzen Land, vor allem aber um für sich selber zu klären, wie Indien sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat, was es noch mit den Ideen seiner Gründerväter Ghandi und Nehru verbindet. Indien nennt sich selbst gern »Die größte Demokratie der Welt«. Und gerade sind wieder Wahlen in Indien: »Es schien, als ob das Wählen selbst die Essenz der indischen Seele sei. Etwas, das uns alle metaphysisch zusammenhielt.«
Also beschließt er, einen Film über seine Heimatsuche zu machen. Er versucht, die Realität des Subkontinents mit den Ideen und Hoffnungen zu vergleichen, die am Beginn der Unabhängigkeit 1947 standen. Dass dies eine sehr politische Reise ist, zeigt sich auch daran, dass der Regisseur seine Person hinter dem Namen »Nama Filmcollective« versteckt.
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Schnell entwickelt sich dieser Film zu einer Reise durch Indien in seiner ganzen Vielfalt. Sie ist gelassen im Ton und mitunter sehr, sehr lustig.
Mit trockenem Humor und einem Blick für das Absurde versucht der Filmemacher, das Indien von heute zu verstehen, indem er kollektive und familiäre Geschichten miteinander verbindet.
Man sieht Bilder und trifft Menschen, die man in anderen Filmen so gut wie nie trifft und sieht.
Schnell wird auch klar: Die indische Gesellschaft ist eine Klassengesellschaft. Und in mancher Hinsicht hat sich der indische Traum einer Gesellschaft, in der eine Milliarde Menschen frei und gleich und chancengerecht zusammenleben kann, nicht erfüllt: »Der Traum von einem Job oder einer eigenen Wohnung war für viele in weite Ferne gerückt. Es war eine Leere entstanden, eine Art Vakuum. Viel Platz für neue Narrative: die von Patriotismus, Stärke und einer Hindu-Vorherrschaft sprachen.«
Hier schlägt nun die Stunde des derzeitigen Premierministers Narendra Modi und seiner Partei BJP. Tatsächlich gelingt es Modi ganz offensichtlich, das Vakuum zu füllen, das der Filmemacher erwähnt. Und tatsächlich gelingt es ihm, mit Ideologie ein auseinanderdriftendes, hochdiverses Land zusammenzuhalten.
Das hat sehr negative Seiten, aber natürlich auch positive. Der Filme konstatiert beides – man muss ihm nicht ankreiden, dass der Regisseur, obwohl seine
Unzufriedenheit mit den Verhältnissen mehr als im Raum steht, nach möglichen Alternativen nicht wirklich fragt.
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Der Film zeigt uns vor allem, dass Indien immer wichtiger wird, und warum das so ist. Er zeigt uns, womit wir uns zu wenig beschäftigen: Die Vielfalt des Landes, die alles andere als leicht auf einen Nenner zu bringen ist.
Das Ergebnis dieses vielschichtigen Porträts ist eine bittersüße, oft sehr komische Darstellung der größten und chaotischsten Demokratie der Welt.
Sie fügt sich zu dem, was auch im Spielfilmkino zu erleben ist. Bei den Filmfestspielen von Cannes vor 14 Tagen hatten indische Filme einen herausragend starken Auftritt – so wie noch nie in den letzten Jahrzehnten.
Für drei Filme aus Indien gab es zwei Preise. Alle drei Filme bewegten sich weit weg von den Klischees des Bollywood-Kinos. Und alle drei erzählen auf je sehr unterschiedliche Weise von Frauen in Indien:
Sie zeigen eine alltägliche soziale Landschaft, die
durch Korruption und rohe Gewalt geprägt ist, aber auch durch viel Solidarität.
Das ist es, was uns nun auch der Dokumentarfilm Don’t Worry About India vor Augen führt.