USA 2000 · 98 min. · FSK: ab 12 Regie: McG Drehbuch: Ryan Rowe, Ed Solomon, John August Kamera: Russell Carpenter Darsteller: Cameron Diaz, Drew Barrymore, Lucy Liu, Bill Murray u.a. |
Tempo ist alles im Actionfilm. Und hier reißt es einen von der ersten Sekunde an mit: heraus aus einem Düsenjet, mit Fallschirm hinab in die Tiefe, von der Druckwelle einer Bombe durch die Luft gewirbelt, raus auf ein Schnellboot, das über die Wellen peitscht. Dieser furiose, an beste James-Bond-Zeiten erinnernde Beginn gibt den Takt vor. Gut eineinhalb Stunden hat einen dieser Film fest im Griff. Gemessen an den traurigen Fehlschlägen dieses Jahres, allen voran John Woos enttäuschendem Mission: Impossible II – auch dies der Versuch einer moderneren Imitation des James Bond-Prinzips, die sich in diesem Fall aber mit den negativen Züge der Reihe, ihrer eitlen Selbstbespiegelung begnügte – liefert Drei Engel für Charlie genau das, was man von einem Action-Film verlangen muss: gute, filmisch virtuose Kino-Unterhaltung auf dem Stand des technisch Möglichen, Geschwindigkeit, Tricks, Körper-Kino das sich keinen Augenblick wirklich ernst nimmt, ohne das umgekehrt die Ironie alles dominiert, oder zu pseudointellektuellem Klamauk gerinnt. Aber ist Drei Engel für Charlie überhaupt ein Action-Film?
Die erfolgreiche TV-Serie der 70er war durch klare Abläufe geprägt: Ein aufzuklärender Kriminalfall, schöne, technisch und anderweitig versierte Frauen, und deren immergleiches Spiel mit Charlie. Unverhohlen erotisch aufgeladen scherzten die drei Privatdetektivinnen mit ihrem anonymen Auftraggeber, der mit ihnen ausschließlich per Sprechanlage in Kontakt trat, sie umgekehrt aber oft genug unbemerkt beobachten konnte. Dieses ungleiche Verhältnis, das sich auch in der
Kinoversion fortsetzt, verweist nicht nur auf den Angestelltenstatus der »Engel« und ihre damit verbundene Abhängigkeit vom Chef. Mit 25 Jahren Abstand erkennt man auch eine treffende Metapher für jene Peep-Shows, die damals den derner crie öffentlicher Erotik darstellten. Big-Brother-gestählt kann das heute weniger beeindrucken, doch noch immer zeigt sich dieser Charlie vor allem als Stellvertreter für alle (männlichen) Zuschauer und ihr voyeurhaftes Grundverhältnis zu den
schönen (weiblichen) Menschen auf Bildschirm und Leinwand.
Wer sich tatsächlich hinter Charlie verbergen könnte, enttarnt diesmal immerhin ein Dialog gegen Ende: »Woher wissen wir, dass es Dich gibt?« stellen die Engel da eine klassische Frage. »Faith angels, it’s called faith.« lautet die nicht weniger klassische Antwort.
Noch deutlicher als in der Serie wird in der Kinofassung, dass der millionenschwere Gönner, der in der US-Originalfassung auch diesmal wieder von John Forsythe gesprochen wird, wie ein gottgleicher Ersatzvater den Selbstbefreiungsprozeß der drei jungen Frauen befördert, ihnen die Möglichkeit gibt, als neue, »stärkere« Personen ihre Fähigkeiten erst voll zu entfalten. Einerseits also ein moderner Boss, andererseits braucht frau eben doch männliche Hilfe, um sie selbst zu
werden – die Zuschauer dürfen sich die dominierende Lesart je nach gusto aussuchen.
Während die drei gegenüber Charlie (allerdings nur bei ihm) wieder zu kleinen Mädchen werden, agieren sie in ihrer neuen Identität als hochspezialisierte Expertinnen in der Lösung unmöglicher Aufträge. Gespielt werden sie von Lucy Liu, Drew Barrymore und Cameron Diaz – eine sehr gelungene Zusammenstellung. Während die damenhafte Diaz noch am ehesten dem klassischen »Engel«-Schema
entspricht, reizen die zupackende Drew Barrymore und der eiskühle Charme von Lucy Liu das zeitgemäße Potential ihrer Rollen ganz aus: Gleichermaßen gutaussehend und grundverschieden in der Ausstrahlung bedient dieses Dreier-Ensemble die Spannbreite des Publikums und hat genügend Spielraum, um dem Muster »sexy und schlagkräftig« noch vieles mehr hinzuzufügen.
Mit solchen Akteuren und ihrer sichtbaren Spielfreude gelingt es in diesem Fall tatsächlich – im Gegensatz zu entsprechenden Versuchen mit The Avengers oder The Saint –, eine jener alten Serien fürs moderne Kino zu revitalisieren. Der klügste Einfall des von Regisseur McG (= Joseph McGinty
Nichol, ein erfahrener Werbe- und Clipfilmer) war dabei, »Realismus« durch comichafte Übertreibung zu ersetzen und im Zweifel immer auf Humor zu vertrauen. Es gibt Maskeraden, witzige Tanzeinlagen, und immer eine selbstironische Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. In den, in Hongkong-Machart inszenierten Kampfszenen sieht man statt schwerblütigem Gladiatorengedresche und dumpfer Ballereien die »Engel« a la Matrix durch die Luft schweben, während nostalgiesatte der Sound der 70er – von »Barracuda« bis »You make me feel like dancing« zu hören ist. Keine hybriden technischen Gimmicks kommen zum Einsatz sondern oft Altbewährtes, wie schlichtes Wachs um einen Zweitschlüssel herzustellen.
So findet McG in den besten Momenten des Films eine neue Übersetzung für das ein wenig ausgeleierte Schlagwort von der »Girl Power«.
Und auch als Mann lässt man sich gern überzeugen, dass viele Männer einfach blöd sind: »Never send a man to do a womens job.«