USA 2014 · 109 min. · FSK: ab 12 Regie: Peter Farrelly, Bobby Farrelly Drehbuch: John Morris, Sean Anders, Peter Farrelly, Bobby Farrelly u.a. Kamera: Matthew F. Leonetti Darsteller: Jim Carrey, Jeff Daniels, Kathleen Turner, Laurie Holden u.a. |
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Auf bizarre Weise nicht gealtert |
»I had seen bits and pieces of Dumb and Dumber a number of times but this time I sat and watched it and was laughing and couldn’t believe some of the stuff we did. We capured lightning in a bottle.«
(Jim Carrey über einen Hotelabend vor dem Fernseher; Quelle: Production Notes, Universal Pictures International)
Schon der Zeitabstand ist ein Witz. Genau 20 Jahre nach Dumm und Dümmer ein zweiter Teil. Gehts noch? Sind nicht alle, die damals an diesem Slapstick-Klassiker beteiligt waren, bereits tot oder zumindest senil? Eine Fortsetzung mit Rollstühlen in Grabstein-Choreografie?
Weder das eine, noch das andere, auch wenn der Rollstuhl nicht ganz aus dem Spiel ist. Aber dazu später. Und 20 Jahre sind ja nicht zwangsläufig ein Schnelldurchlauf in Richtung Grab, sondern im besten Fall auch eine Zeit der Reife, der Besinnung, auch wenn es eine aufs völlige Beklopptsein ausgerichtete wäre. Was auf die Initiatiatoren, Regisseure und Drehbuchverantwortlichen der beiden Dumm und Dümme(h)r-Filme auf faszinierende Weise zutrifft. Denn was nach ihrem Überraschungs-Debüt im Jahre 1994 von Peter und Bobby Farrelly kam, gehört zum Feinsten und erfrischend Dämlichsten, was die amerikanische (Slapstick- und Romantic-) Komödie zu bieten hat – von Verrückt nach Mary über Kingpin bis zum völlig unterschätzten, radikalen The Three Stooges; allesamt Grenzüberschreitungen in pubertärem Witz, schwer neurotischen Beziehungsmodellierungen, lautstarkem anarchischem Gefurze und gesellschaftlicher »Anal«-yse.
Zu den Grenzüberschreitungen der Farrellys gesellt sich nun also eine weitere, die Fortsetzung ihres Debüts. Eine Fortsetzung, die dementsprechend nicht da weiter macht, wo Teil 1 aufgehört hat, sondern da, wo Teil 2 beginnt. Oder um es etwas verständlicher zu formulieren: Dumm und dümmehr richtet sich nach der Echtzeit aus – es sind tatsächlich zwanzig Jahre vergangen, auch im Film. Wie die Farrellys allerdings diese 20 Jahre in einem Augenaufschlag und mit Hilfe des bereits erwähnten Rollstuhls erzählen und dabei noch den längsten Witz der Gag-Geschichte reißen, ist ein Einstieg, der dem Erstling an Qualität und Überraschung in nichts nachsteht und sich gleichzeitig wohlltuend von der Struktur des Erstlings abhebt.
Auch die daraufhin zwingend notwendige Odyssee von Lloyd (Jim Carrey) und Harry (Jeff Daniels), ihre Suche nach einem Nierenspender für Harry, ist bei zwar oberflächlicher Spiegelbildlichkeit zum Plot von Teil 1 dann doch völlig anders. Nicht nur weil Jim Carrey und Jeff Daniels auf bizarrste Art und Weise nicht gealtert sind, sondern auch, weil sie wie aus einer Zeitblase heraus in plötzlich digitalen Zeiten agieren. War Dummheit, Ignoranz und Witz in den 1990ern ihr Schutzschild gegen analoge Gangster, gesellschaftliche Hierarchien und spießige Sexualmoral, so ist sie nun »Snowden«-Schutzschild gegen digitale Vereinnahmung und Überprüfbarkeit, Fortschritt in jeder noch so abstrusen Facette.
Dass in diesem Konzept auch noch denkwürdige Auftritte von Kathleen Turner (als alte »Jugendliebe« Harrys) und Laurie Holden (mit einer frischen Gegenwartsinjektion ad absurdum geführten »Walking Dead«- Charisma) Raum haben, macht Dumm und dümmehr erst recht zu einem völlig emanzipiertem Sprössling. Der zwar nicht ganz dem Blitzschlag in der Flasche des ersten Teils gleichkommt – der Tränenlachquotient des ersten Teils übertrifft die Fortsetzung deutlich – aber zumindest den dazugehörenden Donner in der Flasche entfesselt.