Deutschland 2019 · 92 min. · FSK: ab 16 Regie: Tamer Jandali Drehbuch: Tamer Jandali Kamera: Janis Mazuch Darsteller: Sönke Andersen, Stella Vivien Dhingra, Pina Felizitas, Niclas Jüngermann, Amelie Liebst u.a. |
||
Die Traumverkäufer: Wo, bitte, geht’s hier zum nächsten Girokonto? |
Köln im Jahre 2019: Sieben junge, schöne Menschen, vier Episoden, 88 Minuten. Laien, die eine fiktionalisierte Version ihrer selbst geben, thematisch zusammengehalten durch Konfliktpunkte im Spannungsverhältnis zwischen Liebe und Sex.
Das klingt nach einem spannenden und sehenswerten Experiment, das sich, losgelöst von einer Kontrolle durch die Regie, auf ungeahnte Wege begeben könnte. Tatsächlich hat Easy Love, das Debüt von Tamer Jandali und der diesjährige Eröffnungsfilm der Berlinale-Sektion Perspektive Deutsches Kino, auch unbestreitbare Vorzüge, die in seiner Machart begründet liegen: Das Spiel hat eine völlig unprätentiöse Qualität, die einen bisweilen glauben macht, unverstellten Einblick in die Seelenwelt einer hedonistisch veranlagten Generation um die 30 zu erhalten – auch wenn man es natürlich besser weiß. Schön auch, dass der Film trotz sicherlich vieler vorhandener Möglichkeiten recht kompakt gehalten und straff erzählt ist und daher nicht langweilt, ein besonderes Lob sei daher an den Schnitt gerichtet.
Dennoch scheitert Easy Love, denn Tamer Jandali versucht das Unmögliche: Sowohl nur zeigen als auch erzählen zu wollen. Er stellt das Fiktionale gleichberechtigt neben das Dokumentarische, möchte simpel und komplex, subtil und emotional sein, lehnt eine filmische Manipulation im Ansatz ab, bedient sich dieser aber dann doch ausgiebig.
So ungekünstelt und improvisiert die vier verschiedenen Handlungsstränge, die eigentlich in sich
abgeschlossene Kurzfilme sind, auch wirken mögen, so sehr bedürfen sie dann doch eines narrativen Gerüstes, das noch nicht einmal besonders elaboriert ist. Zum Beispiel geht es in einer der Geschichten um einen Womanizer, der bei seiner letzten Eroberung die ungewohnte Erfahrung macht, dass er mehr von ihr möchte als sie von ihm. Ähnlich verhält es sich mit der Geschichte einer offenen Beziehung, mit der sich die Frau doch nicht so wohl fühlt, wie behauptet. Wo anderswo diese Geschichten
gerade erst richtig beginnen würden (und interessant werden), bilden diese Momente hier schon den Abschluss. Danach ist man auch nicht viel schlauer als vorher, sind das doch Allgemeinschauplätze. Auch eine tiefere emotionale Wahrheit mag sich nicht einstellen. Mit dem besonderen Format des Episodenfilms hat das übrigens nichts zu tun.
Ebenso bedauerlich ist es, dass sich die Widersprüche bei der Machart des Films auch in der Ästhetik wiederfinden. Statt neuer, frischer Bilder sieht man zum x-ten Mal ausgelebte Promiskuität, Urban Artists, Raves im Freien. Köln steht hier stellvertretend für ein im deutschen Jung-Film bis zur Beliebigkeit re-reproduziertes Hipster-Berlin. Die Bilder können nicht verleugnen, dass sie durchgestylt und selbstverliebt sind wie in einem Werbespot für ein kostenloses Girokonto, auch wenn sie wie flüchtige, sinnliche Beobachtungen erscheinen mögen.
Man kann die Wirklichkeit eben nicht durchstylen. Man kann auch nicht erwarten, dass sieben junge Leute, deren (Leinwand-)Leben sich in erster Linie nur um Sex und ein diffuses Bild von Liebe dreht, irgendeine profunde Aussage tätigen, die beim Zuschauer hängenbleibt. Am Ende geht man ebenso unbefriedigt aus dem Film wie dessen Figuren. Niemand hat behauptet, das Simple wäre einfach.