Deutschland 2013 · 96 min. · FSK: ab 6 Regie: Buket Alakus Drehbuch: Ruth Thoma Kamera: Jutta Pohlmann Darsteller: Idil Üner, Adnan Maral, Siir Eloglu, Sesede Terziyan, Demet Gül u.a. |
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Multikulti an der Bar – Welches Maderl hätten's denn gern? |
»Türkische Männer sind Machos, unzuverlässig, besitzergreifend, eifersüchtig, fahren Angeberautos, tragen Goldketten, schmieren sich Gel in die Haare und kratzen sich den ganzen Tag am Sack« – weil es eine Deutschtürkin ist, die das sagt, wird es nicht weniger schlicht. Plumper Humor dieser Art dominiert in Buket Alakus Einmal Hans mit scharfer Soße. Deutschtürkische Mütter sagen mit großem Akzent fortwährend »Allah Allah«, ihre Töchter denken nur an Schuhe, den nächsten Friseurtermin und natürlich den nächsten Mann. Tochter Hatice, Heldin der Handlung, ist Redakteurin eines Lifestyle-Magazins in Hamburg, muss aber regelmäßig in die spießige Reihenhaussiedlung ihrer Eltern in Salzgitter, wo es eigentlich immer nur um das eine geht: Wann sie »nicht mehr arbeiten muss«, weil sie einen – türkischen – Mann gefunden hat, dass sie aber keinen findet, weil sie immer arbeitet, und viel zu selbstbewusst ist. Hatice will aber lieber einen »Hans« einen Deutschen, allerdings einen, der in zwei Momenten ein Türke ist: Beim Komplimente-machen und im Bett! Von den One-Night-Stands ihrer ältesten Tochter wissen die Eltern ebensowenig wie von der Schwangerschaft der jüngsten, die doch als Jungfrau in die Ehe gehen soll...
Vor neun Jahren schrieb die deutsch-türkische Journalistin Hatice Akyün mit »Einmal Hans mit scharfer Soße« eine Kultur-Clash-Komödie, und landete prompt einen Bestseller. Es war wohl auch biographisch, wenn Akyün darüber schrieb, wie schwer es für die Heldin ist, mit Mitte dreißig noch unverheiratet zu sein, wie man zwischen familiärem Druck und Freiheitsdrang zerrissen wird. Dreißig Jahre früher hätte man dergleichen auch von sizilianischen Gastarbeitern erzählen können,
und bis mindestens in die Sechziger Jahren auch von deutschen Familien, die ihre Traditionsliebe übertreiben.
2005 passte es in eine Wahlkampf-Zeit, in der seriöse Politiker gerade mal wieder mit Begriffen wie »Kopftuchmädchen« um sich warfen, andererseits junge, in Deutschland geborene, areligiöse Frauen mit exzellenten Uni-Examen keine Lust mehr hatten, sich von ihren Vätern die Ehemänner und den Sarrazins des Landes eine Islamdebatte aufzwingen oder »zurück nach Anatolien«
schicken zu lassen.
Es überrascht, wie lang es gedauert hat, bis das Buch, auf das zwei Fortsetzungen folgten, verfilmt wurde. Gedreht hat die aus Hamburg stammende Buket Alakus (geb. 1971, bekannt durch Eine andere Liga und Finnischer Tango), die Hauptrolle spielt mit Idil Üner, eine der bekanntesten deutsch-türkischen Darstellerinnen. Im Ergebnis ist der Film zunächst einmal sehr kurzweilig erzählt, wenn man sich nicht daran stört, dass viele Klischees schon sehr primitiv und eindimensional sind, und dass der ganze Ton des Films etwas aufgekratzt wirkt.
Sehr lustig ist Buket Alakus' Film vor allem da, wo er einen anderen Blick auch auf den urdeutschen Alltag wirft. Die Hauptfiguren beschreiben ihr Staunen über Frauen, die sich die Achseln nicht rasieren, mokieren sich über Männer, die kein Fleisch essen, und sind fassungslos über Familien, deren Art, Feste zu feiern, nur Mitleid verdient.
Auch sonst ist dies lange Zeit gute, halbwegs intelligente Unterhaltung: Unter der Oberfläche zeigt dieser Film, dass die Unterschiede zwischen 30jährigen und 60jährigen in beiden Milieus größer sind, als die zwischen Deutschtürken und Deutschdeutschen. Die Lebenswelten der Generationen sind in modernen Ländern unversöhnbar auseinandergedriftet: Die Generationen verstehen einander nicht mehr. Und die Mehrheitsdeutschen wissen nichts von den zehn Prozent Deutschtürken, die im Land mehr neben, als mit ihnen leben: Auf deutschen Kino- und Fernsehschirmen gibt es nachzählbar jährlich mehr Ehrenmorde als in der Wirklichkeit.
Gefährlich für eingeübte Vorurteile wird das Ganze aber trotzdem nie, weil die Figuren von der Autorin so entworfen sind, dass sie tief im Inneren alle konservativ und passiv auf »den Einen« warten, den Mann fürs Leben, für den man drei Stunden am Herd stehen darf, um dann zum Nachtisch einen Heiratsantrag serviert zu bekommen. Dann verzichtet Frau schnell aufs Geldverdienen und häufig wechselnden Geschlechtsverkehr, und darf gehorchen: Fünfziger Jahre, wir kommen!