USA 1997 · 98 min. · FSK: ab 6 Regie: Ivan Reitman Drehbuch: Lowell Ganz, Babaloo Mandel Kamera: Stephen H. Burum Darsteller: Robin Williams, Billy Crystal, Nastassja Kinski, Julia Louis-Dreyfus u.a. |
![]() |
Der weiße, männliche Mittelklasse-Amerikaner versteht die Welt nicht mehr – und das eigentlich schon immer, immer wieder, immer noch. Da ist es gut, daß er das Kino hat, das dann wieder Ordnung bringt in das bedrohliche Chaos, und das ihm tröstend zeigt, daß alles gar nicht so schlimm ist.
Einer, der für die Beschwichtigung solcher Ängste stets der richtige Mann ist, ist Ivan Reitman. Und so hat er sich erneut berufen gefühlt, zur Tat zu schreiten und mit seinem Film Fathers' Day dem Publikum die Welt zu erklären. Damit dabei auch nichts schiefgehen kann, handelt es sich mal wieder um das amerikanische Remake eines französischen Erfolgsfilms – in diesem Fall Francis Vebers Les compères, der hierzulande unter dem geradezu klassisch lustigen Titel Zwei irre Spassvögel zu sehen war.
Irgend etwas muß schief gelaufen sein in den Achtzigern. Davor war man noch jung, hatte Spaß und Utopien, und nun steht man plötzlich da und ist einige Jahre über dem Alter, über dem man niemandem je trauen wollte. Plötzlich ist man in der Generation der Eltern, obwohl man selbst gar keine Kinder hat, und die Jugendlichen wollen partout nicht einsehen, daß man im Herzen doch noch zu ihnen gehört. Obwohl – die Jugend von heute... Die kleinen Mädchen aus der Vorstadt tragen heute
Nasenringe aus Phosphor, die Haare sind blau, die Lippen grün, und Streichholzetiketten am Ohr; gepierct sind sie, bös' schaun sie drein, und irgendwie versteht man sie nicht mehr so recht.
Ein bißchen wild war man ja früher auch (was man heute, so viel political correctness muß sein, schon bereut), aber gar so übel hat man es nie getrieben.
Wie grausig der Gedanke, da Vater sein zu müssen. Aber irgendwann möchte man vielleicht doch für Nachwuchs sorgen. Wäre es nicht wunderbar,
wenn man da ein wenig üben könnte?
Das Jahr vor der Geburt ihres Sohns Scott muß für Collette (Nastassja Kinski) recht hektisch gewesen sein: kurz hintereinander hatte sie zwei Liebhaber, bevor sie sich für ihren jetzigen Ehemann (Bruce Greenwood) entschied. Was im moralischen Kosmos amerikanischer Filme eigentlich eher ein Problem sein sollte, erweist sich als äußerst praktisch, als der 16jährige Scott (Charlie Hofheimer) von zu Hause ausreißt. Da Collette der Polizei und ihrem Mann Bob nicht zutraut, den Jungen
schnell genug zu finden, ruft sie ihre ahnungslosen ehemaligen Liebhaber, Jack (Billy Crystal) und Dale (Robin Williams), an und erklärt jedem von ihnen, er sei der wahre Vater ihres Sohnes.
Jack hatte das letzte Jahrzehnt mit Karriere und Scheidungen so viel zu tun, daß keine Zeit blieb, ein Kind zu machen. Dale Putley hat Gedichte und Theaterstücke geschrieben, die niemand lesen und sehen wollte, und als ihn Collettes Anruf erreicht, hat er sein ungeliebtes Oeuvre gerade den Flammen
übergeben und wollte sich das Leben nehmen.
Beide machen sich selbstverständlich unverzüglich auf die Suche, lernen sich dabei zufällig kennen, und die zunächst sehr unwillkommene Zweckgemeinschaft und die erzwungene Reise durch die Westküstenstaaten (wo sonst sollte der Amerikaner auf Identitätssuche gehen?) wird für sie zum Selbsterfahrungstrip, auf dem sie alles, was ihnen zum Glück gefehlt hat, auf wundervollste Weise finden.
Der richtige Vater hingegen wird
derweilen in einer Mobiltoilette kaltgestellt und, weil’s gar so lustig ist, mit selbiger diverse Male einen Abhang hinuntergerollt. Scheiße aber auch. Doch wer den Fehler macht, zwanzig Jahre zu früh erwachsen zu werden, muß halt bestraft werden.
Selbstverständlich finden die vermeintlichen Papas ihren Sonny-Boy bedroht von Sex & Drugs & Rock'n'Roll, doch zum Glück kommt es in dem Film nie zum Äußersten: die Freundin läßt Sonny-Boy sitzen (und es scheint nicht so, als wäre es zu etwas gekommen), die Drogen hat der Bub dann doch nicht für die bösen britischen Dealer besorgt (und erst recht nicht genommen – ein bißerl zuviel getrunken hat er nur), und die laute, böse, unverständliche Musik, die die heutige Jugend so begeistert, wird im Film dargestellt von konsensfähigem Mainstream-Grunge, wozu sich dann noch zwei Songs von Paul McCartney gesellen, von dem ja Alt und Jung sowieso gleichermaßen begeistert sind.
Am Schluß gibt’s ein klein wenig Regeneration through Violence, dann bezahlt man brav bei der Polizei die Strafe, der Verdacht der ehelichen Untreue der Frau wird ebenso ausgeräumt wie jeder peinliche Zweifel an der eigenen Heterosexualität und Männlichkeit, en passant stellt man noch sicher, daß die bedrohlichen Schwarzen sich mit ihrem Zweiter-Klasse Platz im Leben zufrieden geben, und alle werden mit der Aussicht auf eigenen Nachwuchs belohnt – aber weil sie so prima Probe-Daddys waren, kriegen Jack und Dale den Sohn Scott auch noch, honoris causa, zugesprochen.
Irgendwann muß es sich nach einer guten Idee angehört haben, Robin Williams und Billy Crystal gemeinsam in einem Film zu besetzen – einer solch guten Idee, daß man gar nicth mehr dafür sorgen brauchte, daß der Film auch funktioniert. Schlimm genug, daß man vergessen hat, daß eine Komödie ab und zu auch mal ein paar Gags haben sollte. Aber dazu kommt noch, daß die Chemie zwischen den Hauptdarstellern zündet wie fauler Pudding unter Wasser, und daß Billy Crystal auf seine unsympathische und von Komik freie Rolle mit einer äußerst lustlosen Leistung reagiert. Wenigstens darf Robin Williams an ein paar wenigen Stellen seine Improvisationskunst beweisen – nur haben diese aufgesetzten Momente mit dem Rest des Films kaum etwas zu tun, und der lustigste von ihnen (Robin Williams gebärdet sich als deutscher Plattenproduzent) wird wahrscheinlich die Synchronisation nicht überstehen.
Aber wie soll ein Film wie Fathers' Day auch funktionieren? Gute Komik hat einfach mehr mit Anarchismus zu tun als mit reaktionärer Ideologie: ein Midlife Crisis-Lamento über die Jugend von heute ist kein Stoff für eine Komödie. Sicher haben viele große Komiker sich die Rolle des in der Welt Fremden zu eigen gemacht, der nicht versteht, was um ihn geschieht. Aber bedeutende Resultate zeitigt diese Position nur, wenn ihre Basis die Neugier auf veränderte Sichtweisen ist. Wer, wie Reitman mit Fathers' Day, nur konservative Polemik und Beschwichtigung im Sinn hat, dem glückt auch keine Komödie. Wenn Reitmans Werk ein Prädikat verdient hat, dann aufgrund seiner üblen Gesinnung leider höchstens das des gruseligsten Films des Jahres.