Norwegen 2003 · 79 min. · FSK: ab 6 Regie: Eva Isaksen Drehbuch: Ingvar Ambjørnsen Kamera: Rolv Håan Darsteller: Grete Nordrå, Christin Borge, Per Christian Ellefsen, Lena Meieran u.a. |
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Elling mit Mama |
Der bald 40jährige Junggeselle Elling lebt noch immer bei seiner alternden Mutter und die beginnt sich langsam Sorgen zu machen, wie Mutters Elling später einmal ohne sie zurechtkommen mag. Der Sohn reagiert irritiert, als sie ihn vorsichtig ermuntert, sich auch mal alleine in die Welt zu wagen, und noch mehr verstört ihn, als sie ihn mit zwei Flugtickets nach Mallorca überrascht: Schon lange hatte sie davon geträumt, das südliche Refugium ihrer verstorbenen Eltern persönlich kennen zu lernen, und widerstrebend erklärt Elling sich zu seiner ersten Auslandreise bereitschließlich, sagt er, braucht die Mutter seinen Schutz.
Doch schnell zeigt sich, dass es eher Elling selbst ist, der mit Missgeschicken zu rechnen hat, und natürlich nimmt er alles sehr persönlich: den aufdringlichen Verehrer seiner Mutter ebenso wie die Unaufmerksamkeiten der Reiseleitung. Wäre da nicht die Katze Erna, verdürben ihm die moralischen und sonstigen Anfechtungen des Ferienparadieses den Urlaub völlig.
Wer merkt es nicht schon am Titel: Europas Lieblingsneurotiker ist zurück, und man erfährt so einiges aus dem Vorleben des späteren Sauerkrautpoeten, der sich in Elling mit seinem Mitbewohner und Freund Kjell-Bjarne durch die Mühsal des WG-Lebens arbeitete. Doch der verschrobene Eigenbrödler erscheint uns hier in einem ganz anderen Licht als im ersten Film. Statt des übermächtigen, unterdrückenden Muttertieres, dass die Anfangsszene des früheren Filmes mit dem verschüchterten Elling im Garderobenschrank vermuten lässt, zeigt sich hier ein komplexes Abhängigkeitsverhältnis, das mehr vom nicht erwachsen werden wollenden Sohn bestimmt ist als von der klammernden Mutter. Die Freiheitsbestrebungen der Frau, die sich einen letzten Urlaub gönnen will (und eine neue Liebe) entsprechen so gar nicht der Glucke, die man als Auslöser von Ellings Manien zu finden glaubte. Deutlich ist hier die andere Handschrift der Regie zu spüren, die Eva Isaksen nachdenklicher und ernsthafter führt. Selbst das sonnige Mallorca wird wenig paradiesisch inszeniert und wirkt wie eine südlichere Fortsetzung des trostlosen Olsloer Heimatviertels des Helden.
Die Figur Elling bleibt die gleiche, denn beiden Filmen liegen Romane aus Ingvar Ambjørnsens vierbändiger Elling-Reihe zu Grunde. Der dritte Band, Blutsbrüder, diente zunächst als Vorlage eines Theaterstücks, in dem auch schon Per Christian Ellefsen die Hauptrolle spielte, neben seinem Freund und Kollegen Sven Nordin als Kjell-Bjarne. Aus dem intensiven Zusammenspiel der beiden Charaktere ergab sich in der Filmadaption des Stoffes von Petter Næss eine Komik und Leichtigkeit, die dem Film sogar eine Oscar-Nominierung einbrachte. Dieser Erfolg zog wohl die Umsetzung des vorhergehenden Buches, in dem Ellings Mutterbeziehung aufgerollt wird, geradezu zwangsläufig nach sich. Elling-Drehbuchautor Axel Hellstenius hatte mit Eva Isaksen schon 1990 bei der erfolgreichen Verfilmung eines anderen Ambjørnsen-Romans, Døden på Oslo S, zusammengearbeitet, was das Team offenbar für die Verfilmung der Vorgeschichte empfahl. Wieder spielt Per Christian Ellefsen die Hauptrolle und trägt überdies den selben beige-blau gestreiften Pullunder. Doch hier offenbart er (der seinen großen Freund noch lange nicht kennengelernt hat) bei allem augenzwinkernden Humor eher die tragische Seite von Ellings Unbeholfenheit und Isolation. Wieder wird sich so mancher in den Strategien wiedererkennen, derer sich Elling zur Bewältigung all des Unbekannten bedient. Doch wer in Erinnerung an die Begeisterungsstürme, die Petter Næss' Film vor zwei Jahren im Kino auslöste, die selbe überbordende Komik im neuen Film von Eva Isaksen erwartet, könnte enttäuscht werden, nicht zuletzt wegen des ernsten Schlusses. Die Bemühungen des Verleihs, Elling Nicht ohne meine Mutter als Fortsetzung im gleichen Geiste anzupreisen, mag sich als kontraproduktiv erweisen, wenn die Enttäuschung über den stilleren Film die Anerkennung seines Humors und seiner Einfühlsamkeit überwiegen könnte und das wäre sehr schade für eine berührende Geschichte.