Die Ermittlung

Deutschland 2024 · 241 min. · FSK: ab 12
Regie: RP Kahl
Drehbuch: , ,
Kamera: Guido Frenzel
Darsteller: Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz, Christian Kaiser, Dirk Ossig u.a.
Filmszene »Die Ermittlung«
Der Richter: Rainer Bock
(Foto: Leonine)

Das Banale gibt es nicht

RP Kahls Die Ermittlung ist ein bahnbrechender Film über den Frankfurter Auschwitz-Prozess

Eine karge Bühne, typische Black Box eines Off-Theaters. Schau­spieler sprechen mit deut­li­cher Arti­ku­la­tion, ein Verhör ist im Gang. Ein Richter, ein Staats­an­walt, Männer und Frauen, die in den Zeugen­stand gerufen werden. Seitlich sitzen, wie in einem Amphi­theater aufge­türmt, die achtzehn Ange­klagten. Als wären sie bloß Zuschauer in dem Prozess, oder gar auf einer Fußball­tri­büne, begleiten sie die Befra­gungen durch den Richter und Staats­an­walt mit Reak­tionen, flüstern sich was zu, schütteln den Kopf. Meist schauen sie mit leerem Blick vor sich hin. Sie sind entweder empört – oder ungerührt.

Will­kommen beim Prozess von Auschwitz.

Erst 1965, zwanzig Jahre nach dem Ende der Schre­ckens­herr­schaft der Natio­nal­so­zia­listen, zwanzig Jahre nach Been­di­gung ihres Vernich­tungs­feld­zuges und zwanzig Jahre nach der Befreiung der Konzen­tra­ti­ons­lager, wurde der erste Prozess in Frankfurt abge­schlossen, der zwei Jahre lang von der bundes­deut­schen Justiz gegen Nazi-Verbre­cher durch­ge­führt wurde. Angeklagt waren ehemalige Ange­stellte des Konzen­tra­ti­ons­la­gers. Bis zu ihrer Verhaf­tung hatten sie ganz normal in der jungen Bundes­re­pu­blik gelebt, sich eine neue Identität gegeben und gear­beitet. Als Hand­werker, Kran­ken­pfleger, Lehrer und Ärzte. Nur vier Jahre zuvor hatte Hannah Arendt anläss­lich des Prozesses gegen Adolf Eichmann, der die Depor­ta­tionen und Ermor­dungen in den Konzen­tra­tions- und Vernich­tungs­la­gern in ganz Europa verant­wor­tete, den Gedanken von der »Banalität des Bösen« geprägt. In Frankfurt wurden neben den ange­klagten Nazi-Verbre­chern auch Über­le­bende des Holocaust als Zeugen der Nazi-Verbre­chen angehört. Ihre Zeugen­schaft bringt die Monströ­sität des Bösen hervor. Das Banale gibt es nicht.

Der Berliner Regisseur RP Kahl hat einen konzen­trierten Film über den Prozess geschaffen, der zunehmend zu einer Höllen­fahrt direkt ins Zentrum der Vernich­tung wird. Die Ermitt­lung basiert auf dem gleich­na­migen Stück von Peter Weiss, das er auf der Basis der Zeitungs­be­richte über die Frank­furter Prozess­tage geschrieben hatte. Weiss konden­sierte Hunderte von Aussagen von Zeugen und Ange­klagten, wie sie in den Tages­zei­tungen wieder­ge­geben wurden – es lagen keine eigent­li­chen Gerichts­pro­to­kolle vor – und schrieb das »Oratorium in 11 Gesängen«, ein doku­men­ta­ri­sches Bühnen­s­tück. Wie Weiss verzichtet auch Kahl in seinem Film auf die illu­si­ons­stif­tende Mimesis und die darstel­lende Reprä­sen­ta­tion. Die ganze Konzen­tra­tion kommt dem gespro­chenen Wort zu. 60 Schau­spie­le­rinnen und Schau­spieler, darunter Nicolette Krebitz, Peter Lohmeyer, Axel Pape, Chris­tiane Paul, Sabine Timoteo, erzählen in unaus­weich­li­cher Klarheit vom Grauen des Holo­causts. Rainer Bock als Richter, Clemens Schick als Ankläger und Bernhard Schütz als Vertei­diger lenken den Prozess.

RP Kahl hält sich eng an den Text von Weiss und folgt der topo­gra­phi­schen Struktur seiner »11 Gesänge«. Es beginnt an der Rampe, bei der Depor­ta­tion, befragt wird als Zeuge der Bahn­hofs­vor­stand. Dann ein Zeuge, der in einem der als »Umsied­ler­trans­porte« getarnten Depor­ta­tionen mitfuhr. 89 waren sie im Waggon, er erzählt von der Not und der Notdurft, vom Heraus­werfen der Toten aus dem Zug. Dann, Ankunft: »Am Ende der Rampe war der Himmel rot gefärbt, die Luft war voll von Rauch. Der Rauch roch süßlich und versengt. Dies war der Rauch, der fortan blieb.«

Peter Weiss schreibt diese Zeilen als epische Verse, mit Zeilen­um­brüchen und ohne Satz­zei­chen. Seine Vorbilder waren Homers »Odyssee« und Dantes »Divina Commedia«. RP Kahl hat dem Text seinen lite­ra­ri­schen Kunst­willen wieder genommen und bringt ihn in seiner Insze­nie­rung in den natür­li­chen Sprach­fluss zurück. Er verzichtet jedoch auf natu­ra­lis­ti­sche Aussprache und folgt im Stil der Schau­spiel­füh­rung eher Aki Kauris­mäkis »No Acting« als dem Hollywood'schen »Method Acting«. Es gibt keine Emotio­na­li­sie­rung, kaum stockende Reden, keine Tränen, kein Schreien. Es zählt das gespro­chene Wort.

Nach der »Rampe« geht es ins »Lager«, dann folgt die erste Todesart, die »Schaukel«, später die »schwarze Wand«, das »Phenol« und schließ­lich: »Zyklon B«. Am Ende bleiben nur noch die »Feueröfen«. Jede Station ist ein Gesang, der intensiv dieses eine Thema entfaltet. Nur einmal gibt es kurz Hoffnung, mit der »Möglich­keit des Über­le­bens«. Der Gesang aber zeigt die Grau­sam­keit des Vernich­tungs­sys­tems, die Perfidie der etablierten Gefan­ge­nen­hier­ar­chie, zeigt den in Gang gesetzten Darwi­nismus und den unbe­dingten Über­le­bens­willen der Inter­nierten. Man erinnert sich an Giorgio Agambens »Was von Auschwitz bleibt«, an die Zeugen­be­richte dort. »Ich hatte den festen Entschluss gefasst, nicht frei­willig in den Tod zu gehen. Ich wollte alles sehen, alles durch­ma­chen, alles erfahren, alles in mir aufnehmen. Ich wollte mich nicht ausschalten, nicht den Zeugen ausschalten, der ich sein konnte.«

Auch über den Zustand der BRD nach zwanzig Jahren Entna­zi­fi­zie­rung erfährt man viel. Darüber, dass die Akteure von damals unbe­hel­ligt, auch von schlechtem Gewissen oder Albträumen, einfach wieder ins zivile Leben zurück­ge­kehrt waren. Die Gene­ral­aus­rede für die Ankla­ge­punkte lautet stets: Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Oder: Ich habe nur einen Befehl ausge­führt. Oder: Das habe nicht ich gemacht, dafür war der »Funk­ti­ons­häft­ling« zuständig. Man lernt im Laufe des Prozesses auch viele Unworte.

Acht Kameras fangen die Befra­gungen auf der Bühne ein, gedreht wurde jeder Gesang in nur einer Einstel­lung, mit einer je unter­schied­li­chen Licht­dra­ma­turgie. Kühles Weißlicht schält zu Beginn die Akteure aus dem Dunkel der Bühne. Ab dem 4. Gesang von der »Möglich­keit des Über­le­bens« und mit dem nahenden Tod setzt die Farb­dra­ma­turgie ein. In grün­li­ches, oran­ge­far­benes, höllen­rotes Licht getaucht, verun­heim­licht sich das Bühnen­ge­schehen zur Geis­ter­bahn­fahrt, gibt senso­ri­sche Reize, die direkt das emotio­nale Zentrum im Gehirn anspre­chen. Matti Gajek, bekannt als Komponist von hypno­tisch-elek­tri­sie­renden Musik-Disso­nanzen, hat einen beun­ru­hi­genden, eindring­li­chen Score geschaffen, der nur an wenigen Momenten im Film anhebt, und in die Schil­de­rungen hinein­zieht.

Über die Schrecken der Nazi-Herr­schaft, auch über Gerichts­pro­zesse, gibt es viele Filme. Sie sind wichtige Erin­ne­rungs­kultur, aber auch ein ziemlich sicheres Ticket für das Oscar-Rennen. Es gibt gute und über­ra­schende Filme wie Vadim Perelmans Persisch­stunden, oder László Nemes beklem­menden Son of Saul. Bei Perelman ist jedoch die märchen­hafte Fiktio­na­li­sie­rung das Problem, bei Nemes wiederum, der direkt an die Öfen von Auschwitz führt, zeigt sich die obszöne Grenze des Darstell­baren. Die auffäl­lige künst­le­ri­sche Gestal­tung mit klaus­tro­pho­bi­schem 4:3-Bild­format und durch­drin­gendem Sound-Design machen das Unvor­stell­bare zwar eindring­lich, mit der Konzen­tra­tion auf das eine Schicksal aber verwehrt es das Verstehen der Komple­xität.

Hier, bei RP Kahl, gibt es das alles nicht, weder die Fiktio­na­li­sie­rung, noch den ästhe­ti­schen Über­schuss. Es gibt kein Reenact­ment. Keine Drama­ti­sie­rung. Alles ist ohnehin Drama und Schrecken, der nichts weiter braucht als die Schil­de­rungen der vor Gericht Aufge­ru­fenen. Ihre Worte entwi­ckeln einen unaus­weich­li­chen Sog, der immer stärker wird, je weiter das vier­stün­dige Opus voran­schreitet. Bis es kein Entrinnen mehr gibt.

RP Kahl hat ein Monument von einem Film geschaffen und einen Meilen­stein gesetzt, wie von nun an mit diesem deutschen Horror-Stoff umzugehen sei. Sein doku­men­ta­ri­scher Spiel- und Thea­ter­film beweist, dass sich auch die Kino­lein­wand hervor­ra­gend dazu eignet, Verzicht zu üben und ganz auf die Kraft der Worte zu vertrauen. Natürlich verlangt sein vier­stün­diges Epos dem Zuschauer einiges ab. Aber nicht die Länge und die Redu­ziert­heit der Darstel­lung sind das Heraus­for­dernde. Es sind die nüch­ternen Zeugen­aus­sagen und die Abwehr­stra­tegie der Ange­klagten, die zunehmend Ekel erzeugen. Genuiner Ekel vor dem Horri­fi­zie­renden, nur durch die Kraft der Worte hervor­ge­bracht.

Der Verleih Leonine, der auch schon Jonathan Glazers außer­ge­wöhn­li­chen Auschwitz­film The Zone of Interest vertrieben hatte, bringt Die Ermitt­lung nun in 57 Kinos heraus. Es ist ein beispiel­haftes Statement eines Mega-Players der Branche, sich auch für schwie­rige Filme zu enga­gieren und der Erin­ne­rungs­kultur finanz­kräf­tige Unter­s­tüt­zung zu geben. So ist aus vielen Gründen Die Ermitt­lung schon jetzt der mutigste und beste deutsche Film des Jahres.

Anatomie eines Völkermordes

Die elf Kreise der Hölle: RP Kahl verfilmt Peter Weiss' »Die Ermittlung«, eine wahrhafte Fiktion über den ersten Auschwitz-Prozess

»Ich glaube es ist ein Film.«
– Peter Weiss über »Die Ermitt­lung«

Der Clou von RP Kahls Peter Weiss' Verfil­mung Die Ermitt­lung ist eigent­lich ganz einfach: Der Film zeigt nichts. Und dadurch macht er alles sichtbar.

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Ein Prozess, eine Ermitt­lung der Fakten – das Thea­ter­s­tück »Die Ermitt­lung« von Peter Weiss (1916-1982), ein »Oratorium in elf Gesängen«, ist nicht nur eines der erfolg­reichsten deutschen Thea­ter­s­tücke der Nach­kriegs­zeit, es ist auch doku­men­ta­ri­sche Verdich­tung eines Gerichts­ver­fah­rens, das die Bundes­re­pu­blik verän­derte: Knapp zwei Jahre dauerte der erste Frank­furter Auschwitz-Prozess von 1963-1965, bei dem, ange­schoben von Fritz Bauer, erstmals Deutsche über Deutsche zu Gericht saßen. Peter Weiss verfolgte die Verhand­lungen und verdich­tete sie zu einem rund vier­stün­digen Drama in der Tradition des Brecht’schen Theaters.
Nach zwei Verfil­mungen, die bereits 1966 fürs Fernsehen (ARD und DDR) entstanden, hat der Berliner Regisseur RP Kahl, bisher für expe­ri­men­telle Inde­pen­dent-Filme bekannt, das Stück nun fürs Kino verfilmt – mit über 60 deutschen Schau­spie­lern, darunter Rainer Bock als Richter, Clemens Schick als Ankläger, Bernhard Schütz als Vertei­diger, Chris­tiane Paul, Nicolette Krebitz, Barbara Philipp, Karl Markovics und vielen anderen als Zeugen.
Das Ergebnis ist ein Gerichts­drama, doppelt beklem­mend durch seine poli­ti­sche Aktua­lität wie durch seinen histo­ri­schen Wahr­heits­ge­halt.

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Es ist ein Film, in dem es um den ersten Auschwitz-Prozess in Frankfurt geht, den ersten NS-Prozess, bei dem Deutsche über Deutsche zu Gericht saßen – nicht die Sieger­mächte des Zweiten Welt­kriegs. Der Prozess endete ziemlich genau zwei Jahr­zehnte nach der Kapi­tu­la­tion des Deutschen Reichs. Deswegen ist dies auch ein Film über den Umgang mit der Ermordung der europäi­schen Juden in der frühen Bundes­re­pu­blik, ein Film über Verdrän­gung und Verdrän­gungs­ver­wei­ge­rung, über Tonlagen und Wortwahl beim Sprechen über das Unaus­sprech­liche, ein Film über das Verschweigen und das Zur-Sprache-Bringen.

Und ein Film über die Ausreden:

»Dem Gericht liegen Fahr­pla­n­an­ord­nungen vor, die von Ihnen unter­zeichnet sind.«
»Ich habe das viel­leicht einmal vertre­tungs­weise unter­schreiben müssen.«
»War ihnen der Zweck der Trans­porte bekannt?«
»Nein ich war nicht in die Materie einge­weiht.«
»Sie wussten, dass die Züge mit Menschen beladen waren...«
»Wir erfuhren nur, dass es sich um Umsied­ler­trans­porte handelte, die unter dem Schutz des Reichs standen.«

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Heut­zu­tage ist Peter Weiss, der den Natio­nal­so­zia­lismus als Emigrant in Schweden überlebte und erst spät nach dem Krieg nach Deutsch­land zurück­kehrte, ein weit­ge­hend verges­sener Autor. Damals, in den Jahren vor 1968 war er in der Mischung aus Nüch­tern­heit und uner­bitt­li­chem Enga­ge­ment sehr en vogue. Weiss war selbst bei den Auschwitz-Prozessen dabei und hat seine Prozess­no­tizen und die öffent­li­chen Proto­kolle benutzt und mit Hilfe dieser Aufzeich­nungen den zwei Jahre dauernden Prozess auf vier Stunden verdichtet.
Seiner­zeit war »Die Ermitt­lung« ein Riesen­er­folg auf allen deutschen Bühnen beider Deutsch­lands.

Als Film ist dies nun ein nüch­ternes, kühles, aber zugleich mitreißendes Gerichts­drama; ein Prozess­film. Kahl verfilmt das Stück. Es ist nicht einfach abge­filmtes Theater, er macht einen Film, ohne den Text seines Thea­ter­cha­rak­ters zu berauben.
Die Schau­spieler spielen reale Figuren, sagen Worte, die im Prinzip so gesagt worden sind. Deren Grundlage sind Fakten. Doku­men­tierte Reali­täten werden also fiktio­na­li­siert.

Es ist ein Film ohne natu­ra­lis­ti­sche Kostüme. Aber es gibt histo­ri­sche Artefakte: die Sonnen­brillen, die Mikrofone, die Anzüge.
Es handelt sich bei dem, was man sieht, haupt­säch­lich um einen schwarzen Raum, um eine Blackbox, durch die die Handlung ein Stück weit abstra­hiert wurde, ohne dass sie komplett abstra­hiert ist. Das Spiel ist zwar realis­tisch, aber nicht natu­ra­lis­tisch. Es repro­du­ziert also nicht eine 1:1-Version der Realität. Anders würde es auch dem Ernst des Themas gar nicht gerecht werden.

Das Multicam-Verfahren, in dem das Spiel von acht Kameras parallel aufge­nommen wurde, sparte Zeit, um zuvor drei Wochen zu proben. RP Kahl hat jeden der elf Gesänge mit den Kameras in einer Einstel­lung gedreht, jede Szene wurde durch­ge­spielt.

Dieser Film ist weder illus­trativ, noch einfach verfilmtes Theater. Neben die Worte treten die Gesichter und Körper der Schau­spieler. Und die Bilder in unserem Kopf.

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Eine Anatomie der Vernich­tungs­ma­schine ist dies auch ein Film über die Gegenwart. Über die Leicht­fer­tig­keit unseres Umgangs mit den Schrecken und Massakern unserer Zeit und über unsere Unfähig­keit zu trauern, die auch eine Unfähig­keit ist, aus Auschwitz für die Zukunft zu lernen.
Das Nachleben der Nazi-Vernich­tungs­ma­schine ist die Entschul­dungs- und Entschul­di­gungs­ma­schine.

Dieser Film ist auch das Porträt einer Gene­ra­tion: Der Verwei­ge­rungs­ge­ne­ra­tion der Nach­kriegs­zeit. Männer, die zumindest äußerlich von keinem Zweifel ange­kratzt sind, sondern selbst­be­wusst in betont lässiger Haltung im Gerichts­saal sitzen, mit dunkel getönten Sonnen­brillen, die den Blick in ihre Augen unmöglich machen. Männer, die nie sprachlos sind, und nie um eine Erklärung verlegen, die auf alles eine Antwort haben:

»Das war Befehl, wir konnten nichts dagegen tun...«
»Ich habe nur getan was ich tun musste...«
»Ich hatte nur Schreib­ar­beiten auszu­führen...«
»Ich habe in keinem Falle an Tötungen teil­ge­nommen.«
»Das sind Erfin­dungen!«
»Ich war gegen diese ganze Ange­le­gen­heit...«
»Das weiß ich nicht mehr...«
»Menschen brennen nicht...«
»Hier wird meine Ehre ange­griffen...«

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Wie erzählt man von Auschwitz? Distanz ist wichtig. Schau­spieler können nicht »nach­fühlen«, wie es ist, nach Auschwitz zu gehen. Das Sujet Auschwitz widerlegt alle Vorstel­lungen des »method acting«, der Vorstel­lung, dass man »hinein­krie­chen« könnte in so eine Rolle, sich darin einfühlen könnte, in Auschwitz zu sein.

Dieser Film erzählt uns damit auch etwas über das Kino. Er entfaltet die Dialektik von Zeigen und Sehen und vom Nicht-Zeigen und Sehen. Das Ergebnis ist ein Zeigen, ohne abzu­lenken. Kahls Die Ermitt­lung führt vor, dass der Film vor dem inneren Auge der ist, den wir sehen. Er führt vor, dass Kino nicht notwendig Emotion und Gefühl­s­in­ten­sität ist, sondern auch Analyse und Gedan­ken­schärfe. Und er zeigt, dass am besten beides zusam­men­fließt.

Darum ist dies kein Film, der etwas illus­triert. Kein Film, der gut ist, weil er wichtig ist, weil er ein wichtiges Thema hat, und für die Gegenwart bedeutend ist. Umgekehrt: Ein Film, der keine Erklärungen liefert, keine »rele­vanten Themen« abar­beitet.

Dieser Film reißt einen mit, und lässt ganz viele Bilder im Kopf entstehen. Es bleibt immer sehr würdevoll. Ein hoch­ris­kanter, sehr mutiger Film – dass das überhaupt finan­ziert und dann so reali­siert wurde, spricht sehr für das deutsche Fernsehen und den deutschen Film. Die Ermitt­lung ist bis heute der beste deutsche Film des Jahres.