Deutschland 2002 · 80 min. · FSK: ab 12 Regie: Axel Sand Drehbuch: Günter Knarr, Stefan Lust Kamera: Stephan Schuh Darsteller: Erkan Maria Moosleitner, Stefan Lust, Bettina Zimmermann, Julia Thurnau u.a. |
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Die Herren E&S schlagen sich unter Niveau |
Also, aufgepasst – filmwissenschaftliches Grundwissen: Es gibt da die Auteur-Theorie. (Sicherheitshinweis: Richtig Eindruck schindet nur, wer sie auch »Oh-töör«-Theorie auszusprechen weiß.) Wer die wann, wie, wo und weshalb erfunden hat, können Sie selbst nachschlagen, oder warten, bis wir es Ihnen ein andermal erzählen. Wichtig ist jetzt nur: Die sagt, dass eigentlicher Autor eines Films nicht die Drehbuchschreiber, nicht Produzenten, nicht Kamermann, nicht Schauspieler und nicht der Catering-Service sind, sondern Regisseur oder Regisseuse. Klingt in unseren heutigen Ohren fast banal, war aber mal eine dolle Erkenntnis. Fürderhin behauptet diese Theorie, dass man die wahrhaft Großen unter Regisseuren und -seusen, die echten Auteurs, stets an ihrer Handschrift erkennt; dass, gleich welche Art von Film sie machen, sie immer einen persönlichen Stempelabdruck hinterlassen und dass, vom ersten bis zum letzten Film, man immer die selben Themen, die selbe Weltsicht in jedem einzelnen Werk finden wird, wenn man lange genug danach sucht. (Und je gleicher man alle Filme eines Oeuvres (sprich: Öhhvre) findet, um so mehr darf man sich freuen.)
Also in der Praxis hieße das: Verantwortlich für einen Erkan & Stefan-Film ist letzlich weder Erkan noch Stefan. Und jetzt – Wissenschaft! Theorie aufgestellt, im Versuch überprüft: Erster Film, Erkan und Stefan, war von Michael »Bully« Herbig. Erster Film war: Lustig (sehr sogar). Kinomäßig. Bestens ausgearbeitet. Erster Film hatte: Charme, wunderbares Timing, Stilgefühl, Millieugenauigkeit. Erster Film hat sich nicht auf das doch schnell erschöpfte Repertoire seiner Titelcharaktere verlassen, sondern seine Komik daraus bezogen, wie die beiden türkdeutschen Kackspechte mit ihren infantilen Hollywood-Fantasien auf eine Welt treffen, die sie nicht verstehen und die sie wiederum nicht versteht. War mithin auch für Nicht-Fans von E & S ein Genuss – und einer der äußerst raren Fälle, wo bei der Transformation von Sketch-Komikern zu Leinwandhelden mehr als eine Nummernrevue herauskam.
Jetzt nächster Schritt: Annahme Michael »Bully« Herbig ist Auteur. Sein zweiter Film: Der Schuh des Manitu. Der war: Lustig. Kinomäßig. Vielleicht nicht ganz so ausgearbeitet, aber na ja... Der hatte: Charme, wunderbares Timing, Stilgefühl. Millieuge... nun gut, aber jedenfalls: In jeder Minute merkt man, der Mann war auf keiner Filmhochschule, der war im Kino, der hat Ahnung vom und Liebe zum Film, der weiß, wie das zu funktionieren hat. Ob wir da jetzt schon auch immer die selben Themen, immer die selbe Weltsicht... na, warten wir noch ein paar Filme ab. (Und schreiben dann die Monografie: »Homosexualität und Humor in den Filmen Michael Herbigs«) Aber Bully = Auteur scheint haltbare Hypothese zu sein. Jetzt übernächster Schritt: Wenn Bully = Auteur = Autor von Erkan und Stefan, was dann also mit neuem Erkan & Stefan-Film? Regisseur von Erkan & Stefan gegen die Mächte der Finsternis ist Axel Sand. Annahme: Axel Sand ist kein Auteur. Zugegeben, Annahme beruht auf unzureichender Stichprobe. Weil weder haben wir all die schönen RTL-TV-Movies gesehen, für die der Mann bisher Kameraarbeit geleistet hat, noch den ebenso von ihm fotografierten Kino-Klassiker Caipiranha, und auch die »Imagefilme von BMW, Lufthansa, Renault und Rodenstock« (Presseheft) nicht. (Wir ahnen: Ein Komödienspezialist!) Und seine einzigen Regiearbeiten bisher auch nicht, die »vier neuen Folgen der RTL-Erfolgsserie 'Sinan Toprak ist Der Unbestechliche'« (aha, auch noch ein Türkenspezialist!).
Aber überprüfen wir die These doch einfach am Objekt: Erkan & Stefan gegen die Mächte der Finsternis ist: Unlustig (sehr sogar). Fernsehgleich. Unausgegoren. Erkan & Stefan gegen die Mächte der Finsternis hat: Null Charme, katastrophales Timing... na, den Rest können Sie sich denken. Das flirtet mit The Mummy-Parodieanflügen und landet doch fett im Bereich Die Supernasen. Selbst die wenigen brauchbaren Gags, die das Drehbuch noch geliefert zu haben scheint, läßt Regie-Axel bitter versanden – wobei freilich mit dem ganzen Cyberschmarren und altägyptischen Hexenmeister-Gedöns drumrum selbst Leute mit mehr Komödienhandwerk verloren gewesen wären. Dass Bettina Zimmermann dazu offenbar ausschließlich nach Aussehen gecastet wurde, macht die Sache nicht besser – auf ihren (zugegeben schönen) Schultern ruht die Last, den Hokuspokus um die Weltbeherrschungspläne des bösen Kartan glaubhaft rüberzubringen, sich selbst als wiedererweckte antike Hüterin des Guten in einer aufregend fremden Welt zu gebärden und sich dabei von Erkan & Stefan für die Ausgeburt eines superrealistischen Videospiels halten zu lassen. Nix davon gelingt.
Dass dann am Ende wenigstens ein lange vermutetes Geheimnis um das Intimleben der beiden Dönerspezialisten gelüftet wird, ist zu wenig, zu spät. Nur die hartgesottenen, anspruchslosen Fans werden zu dem Zeitpunkt sich nicht schon längst wünschen, lieber daheim die »bullyparade« angeschaut zu haben.
Bleibt dann nur eine Frage: Falls nun aber auch die nächsten Filme von Axel Sand sich als unlustig, fernsehgleich, unausgegoren, etc. erweisen würden... Wäre der Mann dann ein
Auteur?