Deutschland/F/PL 1998 · 130 min. · FSK: ab 12 Regie: Nina Grosse Drehbuch: Susanne Schneider Kamera: Egon Werdin Darsteller: Marianne Denicourt, Martin Feifel, Ulrich Matthes, Ulrich Mühe u.a. |
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Schillernde, faszinierende Menschen stehen im Mittelpunkt von Nina Grosses neuem Film. Vor allem geht es dabei um den deutschen Dichter, der bis heute zu den -politisch wie künstlerisch- umstrittendsten Autoren gehört: Friedrich Hölderlin.
Und doch ist Feuerreiter alles andere als eine bieder-schlichte Darstellung aus dem Leben jenes Künstlers. Frisch und nicht verstaubt begegnet uns vielmehr eine Welt, die der heutigen recht ähnlich zu sein scheint. Denn Feuerreiter ist weniger Historienfilm als die Geschichte einer Amour fou.
Aber wer liebt wen? Das ist auch den Personen dieses Psychodramas lange Zeit ein Rätsel. Da ist auf der einen Seite der exaltierte Starpoet
Hölderlin (Martin Feifel), in dessen Werk Romantik und Idealismus verschmelzen. Eitel, selbstsüchtig und ehrgeizig erscheint er, aber auch sensibel und als rettungslos Gefangener seiner eigenen Gefühle.
Zwei Menschen wetteifern um seine Gunst: Isaac von Sinclair (Ulrich Matthes), Philosoph, gewandter Weltmann und bis zum Ende großer Freund des geistig Verwirrten, dem er auch homoerotisch zugetan war. Zu seiner Rivalin wird Susette Gontard (Marianne Denicourt), verheiratet mit dem Frankfurter Anwalt Jacob Gontard (Ulrich Mühe). »Was sind Jahrhunderte gegen den Augenblick, wo zwei Wesen sich so ahnen und nah'n« schrieb Hölderlin im Hyperion. Es ist genau diese Anarchie des Gefühls, die Nina Grosse in ihrer Darstellung dieser verbürgten Ereignisse konsequent und plausibel inszeniert in den Mittelpunkt stellt.
Kaum Interesse hat sie dagegen für den frühen Anhänger der Französischen Revolution, ebensowenig für den antikensehnsüchtigen Nationaldichter. Die Dichtkunst (in einer Szene schweißtriefend bei Nacht im offenen Hemd dargebracht, also so stumpfsinnig pseudo-genial wie nur möglich) wirkt in Feuerreiter nur als Katalysator ganz persönlicher Gefühle. Der politisch engagierte Dichter war eben auch nur ein Mensch wie alle anderen – derart privatistisch verniedlicht wird uns Hölderlin nahegebracht. Eher bieder werden auch Sinclair und Susette gezeichnet: Der Mann verkörpert kühl »die Welt da draußen«, die Frau die Wärme des Gefühls, die mit Ruhmverzicht erkauft werden muß.
Die Regisseurin hatte gewiß hohe Ansprüche: »Die Poesie ist das Gegenteil des Spiels. Sie ist ein Gottesdienst.« läßt sie ihren Hölderlin einmal sagen (oder ist das ein Zitat? Her mit Euch GermanistInnen). Um so trauriger ist dann aber deren filmische Einlösung. Auch die Akteure sind dem nicht immer gewachsen. Bis auf Ulrich Mühe bleiben sie alle blutleer und schal.
Was trotzdem für den Film einnimmt, sind der großzügige, epische Grundton und die Ernsthaftigkeit, mit der hier eine spannende Geschichte erzählt wird.